„Die Daten- und Informationsflut verändert unsere Gesellschaft nachhaltig: Pro Sekunde werden weltweit 3,7 Millionen e‑Mails verschickt, seit Jahresbeginn wurden rund 18 Milliarden Fotos auf Facebook hochgeladen, 90 % der weltweit existierenden Daten stammen aus den vergangenen beiden Jahren. Big Data, der Datenaustausch und die Datenanalyse, findet ständig statt, wann immer wir uns im Internet bewegen, ein Smartphone benützen, über Social-Media kommunizieren, oder aber auch wenn wir Einkaufen, Bankgeschäfte tätigen oder unser Auto benutzen. Wir hinterlassen Spuren, die nicht mehr zu löschen sind und haben keinen Überblick, was mit unseren Daten passiert.
Daher hat ACADEMIA SUPERIOR mit ihrem nunmehr 3. Surprise-Factors-Symposium den Startschuss für eine öffentliche Diskussion über den richtigen Umgang mit der Datenflut gegeben, denn wir wollen uns von dieser Entwicklung nicht überrollen lassen, sondern rechtzeitig auf diesen immer rasanter fahrenden Zug aufspringen”, so begründete Mag. Michael Strugl, Obmann von ACADEMIA SUPERIOR — Gesellschaft für Zukunftsforschung, die Auswahl des Themas des diesjährigen Surprise-Factors-Symposiums in Gmunden, „Big Data — der Mensch im Zeitalter der Informations-Explosion”.
Das Symposium ging nach einer Reflexion des Themas durch Studierende und Schüler, die im Rahmen der „Young Academia”-Jugendschiene von ACADEMIA SUPERIOR ausgewählt worden sind, und einer Abschlussdiskussion, an der auch Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer teilgenommen hat, zu Ende. Erste Ergebnisse wurden in einer Publikumsveranstaltung mit mehr als 500 Besucherinnen und Besucher im Toscana-Congresszentrum Gmunden präsentiert.
„Für den Wirtschaftsstandort Oberösterreich ist das Thema Big Data gerade im Hinblick auf Großdatenanalyse eine wichtige Zukunftschance. Es birgt Herausforderungen und Risiken, Stichwort gläserner Mensch und Datensicherheit, aber auch große Chancen, nicht nur für Unternehmen, sondern auch für den einzelnen Menschen. Denn je größer die Daten- und Informationsflut wird, desto wichtiger ist es zu selektieren und das eröffnet völlig neue Berufsfelder. Daher ist es auch wichtig, unsere Jugend etwa im Bildungssystem darauf bestmöglich vorzubereiten und damit in die Lage zu versetzen, mit dieser Informations-Explosion richtig umzugehen”, unterstrich Strugl. ACADEMIA SUPERIOR sieht seine Aufgabe darin, künftige Entwicklungen besser vorhersehbar zu machen und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen, damit die Politik in Oberösterreich rechtzeitig die entsprechenden Schritte setzen kann.
Landeshauptmann Pühringer stellte in diesem Zusammenhang fest, ACADEMIA SUPERIOR habe mit diesem Symposium einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass Oberösterreich die Themenführerschaft in diesem wichtigen Thema übernommen habe. Aus seiner Sicht kann Big Data auch für die Politik ein wichtiges Werkzeug sein, indem es noch umfassendere Grundlagen und Analysen für politische Entscheidungen liefern kann. Allerdings kann Big Data politische Entscheidungen nicht ersetzen, zugleich muss auch sichergestellt werden, dass Möglichkeiten zur Manipulation und Einflussnahme bei der Datenaufbereitung und Datenanalyse verhindert werden. Ebenso habe die Diskussion über den elektronischen Gesundheitsakt ELGA gezeigt, dass es immer eine Interessensabwägung bei der Nutzung von Big Data geben müsse, zwischen dem Datenschutz und den Chance, durch umfassende Informationen über den Patienten diesem schneller die richtige Behandlung zukommen zu lassen, so Pühringer.
Ebenso wie Strugl erwartet auch Pühringer, dass Big Data unsere Arbeitswelt grundlegend verändern wird: „Schon in den vergangenen 30 Jahren hat sich der Arbeitsmarkt revolutionär geändert. Mit Big Data wird sich die Geschwindigkeit der Veränderung noch weiter erhöhen. Die meisten Jobs, die es in der Zukunft geben wird, existieren heute noch gar nicht.”
Rudi Klausnitzer, Medien- und Kulturmanager sowie Buchautor („Das Ende des Zufalls: Wie Big Data unser Leben vorhersehbar macht”), zeigte sich optimistisch, dass Oberösterreich den richtigen Weg im Umgang mit Big Data findet: „Ich bin stolz, dass sich gerade mein Heimatbundesland Oberösterreich rechtzeitig mit dem Thema Big Data beschäftigt, wie dieses Symposium beweist. Die Entwicklung in diesem Bereich ist schon zu weit fortgeschritten, um hier wieder umzukehren. Daher gilt es, die Möglichkeiten, die Big Data bietet, auch zu nutzen. Oberösterreich hat hier die besten Voraussetzungen, weil es vielfach eine Vorreiterrolle auf diesem Gebiet übernommen hat, etwa mit dem Softwarepark Hagenberg.” Zugleich forderte er aber auch klare Regelungen, um Missbrauch in diesem Bereich zu verhindern: „Die Möglichkeit, menschliche Kommunikation zu analysieren und zu quantifizieren, erfordert zum einen mehr Eigenverantwortung des einzelnen bei der Weitergabe von Daten, aber auch klare Richtlinien. Wir brauchen eine verlässliche rechtliche Regulierung der Anonymisierung unserer Daten, um uns vor Missbrauch schützen. Big Data kann nicht anonym sein, aber wir können sie anonymisieren, denn die Menschen haben sehr wohl ein Recht auf Datenschutz.”
Gayatri Patel, Datenanalyse-Expertin und Direktorin beim weltweit größten Online-Marktplatz ebay, appellierte, die Chancen von Big Data zu sehen und auch zu nutzen: „Es ist verständlich, dass die Möglichkeiten von Big Data auch Ängste hervorrufen, denn Veränderungen produzieren immer Ängste. Daher ist es wichtig, dass gerade Unternehmen die Potenziale von Big Data verantwortungsvoll nutzen, denn das Vertrauen der Nutzer ist in diesem Bereich besonders wichtig. Zugleich soll man jedoch die Chancen nutzen, die Big Data bietet: Es ist damit möglich, Kundeninformationen mit Produkten zu verbinden und so maßgeschneiderte Produkte anzubieten, um noch besser auf die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden einzugehen.” Dabei kommt es nicht allein auf die Datenmenge an, sondern darauf, dass man die richtigen Schlüsse daraus zieht, dann kann man Big Data dazu nutzen, um seine Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Patel erläuterte die Anwendung von Big Data in ihrem Unternehmen: „Für einen Konzern wie ebay gilt: Je mehr wir vom Kunden wissen, desto besseren Service können wir ihm bieten. Denn mit den richtigen Daten lautet die Regel, die Waren finden mich und ich muss sie nicht mehr lang suchen. Das ist ein Vorteil für den Kunden, aber auch für das Unternehmen. Wir sammeln Daten, um besser zu wissen und zu verstehen, was unsere Kunden brauchen und können darauf unser Angebot ausrichten.”
Für einen verantwortungsvollen Umgang mit Big Data plädierte Carl Honoré, Bestseller-Autor, Journalist und „Sprecher der Langsamkeit”. Er verwies auch auf kritische Aspekte dieser Entwicklung: „Wenn wir nur noch ein auf uns zugeschnittenes Angebot bekommen, dann erhalten wir naturgemäß auch nur noch ein verengtes Angebot und da ist kein Platz mehr für Überraschungen und wir verlieren Potential für Kreativität.” Die neuen Technologien würden alles beschleunigen, doch Geschwindigkeit an sich darf kein Ziel und damit kein Selbstzweck sein: „Langsamkeit ist bereits ein echtes Tabu in unserer Gesellschaft. Es geht aber nicht darum, die Dinge langsamer zu machen, sondern sie in der richtigen Geschwindigkeit zu machen und die dadurch gewonnene Zeit zu nutzen, um wieder mehr genießen zu können.” Weitere kritische Anmerkung von Honoré „Wir sind immer auf schnelle Lösungen aus. Seltsamerweise finden wir danach aber immer die Zeit und das Geld, um die Scherben schneller schlechter Entscheidungen aufzusammeln und zu reparieren. Weshalb sind wir nicht mutig genug, uns vorher die Zeit zu nehmen, um nachzudenken und gleich die richtigen Entscheidungen zu fällen?”
Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger, Wissenschaftlicher Leiter von ACADEMIA SUPERIOR, sprach sich dafür aus, sowohl die Chancen und die Risiken der Entwicklungen rund um Big Data zu sehen und darauf die richtigen Schlüsse zu ziehen: „In den USA konzentrieren sich die Menschen auf die Möglichkeiten und Chancen von Big Data und beschäftigen sich erst danach mit den Gefahren. In Europa besteht hingegen die Tendenz, erst die Gefahren zu sehen und nicht die Möglichkeiten. Hier müssen wir aufpassen, dass wir nicht Chancen vergeben.”
Die Ergebnisse wurden im SURPRISE FACTORS SYMPOSIUM REPORT 2013 zusammengefasst, der der Politik in Oberösterreich als Handlungsanleitung dienen kann.