Kompetenz für die Zukunft beweist eine Region durch ihre Fähigkeit zum Wandel, meint Wolfgang Rescheneder, Leiter der Zukunftsakademie des Landes Oberösterreich. Wichtig ist es, gestaltungsorientiertes anstatt reagierendem Vorausdenken zu praktizieren.
Zukunftskompetenz sehe ich nicht darin, am besten die Zukunft vorhersehen zu können, sondern vor allem in der Fähigkeit zur Anpassung an den Wandel und in der Fähigkeit, sich auch unter geänderten Umfeldbedingungen positiv entwickeln zu können.
Die Zukunftskompetenzen sind in OÖ breit gestreut und in alle Gestaltungsbereiche integriert: in der Wirtschaft, Wissenschaft und Bildung, über die Gemeinde- und Regionalentwicklung bis hin zur Landespolitik und ‑verwaltung.
Gestaltungsorientiertes Vorausdenken
In allen genannten Bereichen wird engagiert vorausgedacht. Dabei kommt es vor allem auf dessen Qualität an, z.B. darauf, die längerfristigen Entwicklungsziele im Auge zu behalten, also gestaltungsorientiertes statt reagierendes Vorausdenken. Im Vordergrund soll das vernetzte Vorausdenken stehen, die Wahl eines sinnvollen Zeithorizonts und die Wahrung des Bezugs zur Gegenwart: Zukunft entsteht und entwickelt sich jeden Tag neu und stellt keinen fix vorhersehbaren Zustand dar.
In diesem Sinn gibt es kein Maß für ein „genug“ des Vorausdenkens. Die Grenze für das „genug“ sehe ich am ehesten dort, wo das Vorausdenken keine Relevanz für die Gegenwart mehr hat, wobei die Entscheidung über diesen Punkt immer eine individuelle bleiben muss. Ähnlich wie bei der Kreativität braucht das Vorausdenken Spielräume, Freiräume, das Zulassen vieler Versuche, Denkexperimente etc., weil das unsere Chance erhöht, erfolgreiche Innovationen entstehen zu lassen.
Erfolge der Vergangenheit
OÖ hat sich als zukunftsorientiertes Land in den letzten Jahrzehnten über moderne Glanzlichter positioniert und hat es geschafft, seine Strukturen in vielen Bereichen zu modernisieren:
- bei der Entwicklung der ehemals staatlichen Großindustrie und traditionellen Produktionsstätten in moderne und saubere Technologieunternehmen bzw. zukunftsweisende Technologiecluster
- beim Ausbau der JKU und der Fachhochschulen in zukunftsweisenden Segmenten: z.B. IT/Mechatronik, Medizin und die aktuellen Bestrebungen für eine Technische Fakultät
- als moderner Kulturstandort mit Kunstuni, Bruckneruniversität, Musiktheater, AEC, etc.
Herausforderungen der Zukunft
Trotzdem werden auch in Zukunft neue Herausforderungen zu bewältigen sein, diese sehe ich in der:
- Positionierung Oberösterreichs als international wahrnehmbare Lebens- und Wirtschaftsregion der Zukunft, in der Attraktivität für Investoren und ansässige Unternehmen, der Attraktivität für Forscher/innen, Studierende und Fachkräfte internationaler Herkunft (Brain Gain), Attraktivität für Erwerbstätige, der Verbindung von Wettbewerbsfähigkeit und Lebensqualität/attraktive Arbeitsbedingungen, um der Abwanderung qualifizierter und junger Menschen in die großen Zentren entgegenzuwirken.
- Bildungs-Doppelstrategie: Stärkung des Spitzensegments (Forschungs-/Universitätsszene, Talenteförderung, etc.) und zugleich Stärkung des mittleren Bildungssegments durch gezielte Maßnahmen für den Anteil heute bildungsferner Bevölkerungsgruppen.
- Rechtzeitige Anpassung von Kompetenzen, Geschäftsmodellen und Infrastrukturen an die Erfolgskriterien in einer digital vernetzten Zukunft (z.B. digitale Märkte, Industrie 4.0, Digitale Kompetenz etc.)
- Herstellung eines nachhaltig dynamischen Gleichgewichts in der Finanzierung unseres Staatswesens zwischen Beitrags-Leistenden (gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung) und Leistungsempfängern (Gesundheitssystem, Bildungssystem, Sozialsystem, Pensionssystem).
- Entwicklung neuer Modelle zur Sicherung der Lebensqualität für alle Bevölkerungsgruppen (Arbeitsmodelle für alle Generationen, Wohnkultur, etc.)
- Ressourceneffizienz und Zukunftstechnologien als Marktchance der Zukunft.
- Im Denken der Gesellschaft positive Zukunftsbilder, Hoffnungen, wünschenswerte Szenarien zu stärken (ohne vor Herausforderungen die Augen zu verschließen). Zukunftsängste sind verständlich und müssen ernstgenommen werden, sie sind jedoch kein guter Berater für Kreativität, Innovationsgeist, etc.
Um diesen Herausforderungen erfolgreich begegnen zu können müssen wir die Fähigkeit aller Akteure in unserem Land, beginnend bei den einzelnen Bürger/innen bis hin zu Multiplikatoren und Entscheidungsträger/innen stärken, sich in einem Zeitalter des stetigen Wandels positiv entwickeln zu können. Dazu gehören eine optimistische Grundhaltung, ein gutes Maß an Resilienz, Kreativität und Flexibilität, die Fähigkeit zur Kooperation sowie insgesamt Strukturen der Vielfalt in allen Bereichen. Bildung auf allen Ebenen (auch informelle) ist bekanntlich der wichtigste Schlüssel für diese Herausforderungen.
Ich denke, dass die genannten Herausforderungen durchaus erkannt werden, dass in allen Bereichen Entwicklungen stattfinden und an Lösungen gearbeitet wird. Aufgrund der Komplexität der Zusammenhänge und weil wir die Weichenstellungen in unserer Welt ja in „voller Fahrt“ vornehmen müssen, darf nicht erwartet werden, dass Lösungen überall sofort und endgültig möglich sind.
So wichtig Visionen und wirklich große (disruptive) Innovationen sind, müssen wir auch die kleinen Erfolge Richtung Zukunft schätzen, wenn diese real sind und bei der Mehrzahl dieser Schritte die Richtung stimmt. Die OÖ Zukunftsakademie leistet gemeinsam mit ihren Partnern in- und außerhalb der Landesverwaltung dazu ihre Beiträge als Zukunftsradar, impulsgebender Think Tank und als Wissensplattform des Landes OÖ.
Zur Person
DI Wolfgang Rescheneder ist ehem. Leiter der Zukunftsakademie des Landes Oberösterreich und beschäftigt sich seit Jahren mit den Themen Nachhaltigkeit und Zukunft.
Er ist einer der Experten, die im Rahmen von Zukunft 5.0 ihre Ideen einbringen und die Zukunft mitgestalten.