Menschen kommunizieren heute völlig anders miteinander als vor 25 Jahren. Gleichzeitig hat sich die Medienwelt grundlegend verändert. Ein kompetenter Umgang mit (digitalen) Medien und mit der eigenen Kommunikation auf Social Media Plattformen wird immer wichtiger für die realen Lebenswelten der Menschen und für die Demokratie in einer Gesellschaft.
ACADEMIA SUPERIOR konnte, in Kooperation mit der US-Botschaft in Wien, dem OÖ Presseclub und dem Bildungshaus St. Magdalena, mit der US-Expertin Michelle Lipkin über Fragen der Medienkompetenz und ihrer Vermittlung diskutieren.
Michelle Lipkin schuf mit der United States National Association for Media Literacy Education (NAMLE) ein Netzwerk in den USA, das viele unterschiedliche Institutionen, mit dem Ziel der Stärkung der Medienkompetenz, vereint. Als Geschäftsführerin von NAMLE knüpfte sie strategische Partnerschaften mit großen Internet- und Medienunternehmen wie Thomson Reuters, Meta, YouTube und Nickelodeon. Sie startete Initiativen wie die Media Literacy Weeks in den USA und gründete Netzwerke wie die National Media Literacy Alliance für Lehrerorganisationen. Darüber hinaus erhielt sie den UNESCO Global Media and Information Literacy Award 2020.
„Technology is changing in a pace, education just can’t do.“
Michelle Lipkin betonte, dass sich die Medienwelt, die Art des Medienkonsums und die zwischenmenschliche Kommunikation in den letzten 25 Jahren in einer historisch ungekannten Geschwindigkeit verändert. „Die Art, wie wir 1999 kommuniziert haben, ist völlig unterschiedlich zur Kommunikation von 2024“, meinte Lipkin und bemerkte, dass diese Veränderungsrate alle Bildungssysteme in der Welt überfordert.
Die Gesellschaft lernt erst langsam mit den neuen Gegebenheiten umzugehen und welche Regulierungen etwa Soziale Medien brauchen, um den gesellschaftlichen Dialog nicht zu zerstören. Gleichzeitig müssen die Menschen ebenfalls erst lernen, wie sie auf welchen Plattformen kommunizieren können oder sollten und was „gesundes Medienverhalten“ ist.
„Resist the klick!“
Sie wünscht sich, dass die Menschen öfter innehalten würden, bevor sie etwas teilen oder posten, und sich fragen, ob das Teilen einer Nachricht ihr Leben besser oder glücklicher macht. Sie empfiehlt generell, jenen Accounts, die immer nur negative Botschaften versenden, nicht zu folgen, sondern sich Accounts zu suchen, die positive Blickwinkel vermitteln, die einen bestärken und nicht niederdrücken.
„It’s a Society Issue.“
Medienkompetenz bedeutet für sie, kritisch zu sein, aber nicht, dass man gar nichts mehr glaubt. Gerade deshalb sieht sie die Regierungen in der Verantwortung, Informationskanäle und ‑regelungen zu erhalten oder aufzubauen, denen die Bürger:innen vertrauen können. Medienkompetenz ist jedoch keine Aufgabe nur für den Staat oder nur die Schule. Es ist ein gesamtgesellschaftliches Projekt. Lipkin veranschaulichte dies am Beispiel des Lesens: Es ist völlig klar, dass Lesen und Schreiben in der Schule gelernt wird. Doch Eltern unterstützen dies, indem sie z.B. bereits Kleinkindern Geschichten vorlesen, indem sie Bücher kaufen. Und viele staatliche und zivilgesellschaftliche Akteure unterstützen dieses Ziel ebenfalls auf unterschiedlichste Weise.
„We need a Roadmap for Media Literacy.“
Es bräuchte eine „Roadmap for Media Literacy“, die den Eltern, den Schulen und Institutionen zeigt, welche Arten der Vermittlung von Medienkompetenz für die jeweilige Altersgruppe, von 0–99, sinnvoll sei. „Man gibt ja auch keinem Dreijährigen die Harry Potter Bücher zum Lesen“, verdeutlichte Lipkin ihren Blickwinkel. Wichtig sei, dass man dabei immer auch ans lebenslange Lernen denkt, denn auch für ältere Menschen hat sich die Medienwelt radikal verändert. Auch sie werden in Zukunft Hilfe bei der Orientierung brauchen.
In den Schulen braucht es bei der Vermittlung von Medienkompetenz ein Umdenken, weg vom klassischen Lehrer-Schüler-Denken. Lehrerausbildungs-Institutionen sollten Lehrer:innen in diesem Fach so ausbilden, dass sie flexibel bleiben, für Veränderungen vorbereitet sind und offen für neue Technologien sind. Es sollte ein schülerzentrierter Ansatz bei der Wissensvermittlung gewählt werden und versucht werden, bereits vorhandenes Wissen der Schüler:innen einzubinden. Denn oft wissen diese mehr über neue Plattformen und Technologien, als die Lehrer:innen wissen können.
Die von Michelle Lipkin vorgestellten Punkte wurden im Anschluss lebhaft mit den anwesenden Gästen diskutiert, die ihre eigenen Sichtweisen und Erfahrungen einbrachten.
Zusammenfassend können die folgenden fünf Punkte aus den Diskussionen festgehalten werden:
- Kritisches Denken beim Medienkonsum
Der Zugriff auf, die Analyse und die Bewertung von Medien und Informationen ist wichtig. Es geht nicht nur darum, Informationen nur zu konsumieren, sondern auch deren Glaubwürdigkeit und Zweck in Frage zu stellen. - Aktive Bürger:innen
Medienkompetenz befähigt Einzelpersonen, informierte und engagierte Bürger zu sein. Durch die kritische Auseinandersetzung mit den Medien können wir uns besser an unserer Demokratie und dem gesellschaftlichen Dialog beteiligen. - Falschinformationen bekämpfen
Mit der Zunahme von Fake News und Fehlinformationen stattet uns die Medienkompetenz mit den Werkzeugen aus, um Wahrheit von Unwahrheit zu unterscheiden und sicherzustellen, dass wir fundierte Entscheidungen treffen können. - Gesunde Medien-Gewohnheiten
Die Förderung eines achtsamen und ausgewogenen Medienkonsums kann sich erheblich auf die psychische Gesundheit auswirken, insbesondere bei jüngeren Generationen. Medienkompetenz fördert das Bewusstsein für die Auswirkungen von Medien auf unsere Wahrnehmung und unser Verhalten. - Einbindung ins Bildungssystem
Medienkompetenz sollte in den Lehrplan integriert werden, um Schüler auf die Komplexität der digitalen Welt vorzubereiten. Dennoch ist Medienkompetenz eine Fähigkeit, die wir durch lebenslanges Lernen auf dem neuesten Stand halten müssen, vor allem aufgrund der Geschwindigkeit der technologischen Entwicklung. Dann verbessert es die allgemeine Alphabetisierung und das bürgerschaftliche Engagement.
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