Vom IoT zum IoL? Wenn der Unterschied zwischen Virus und Computer-Virus verschwimmt
Sehen wir eine Entwicklung vom Internet der Dinge zum Internet des Subjekts? Nicht nur Kühlschrank und Fensterläden sind mit Permanent-Access versehen. Auch der Körper des Menschen geht online. Also besser keinen Virus einfangen!
Der empfehlenswerte Artikel “Die neue Verletzlichkeit” von Thomas Trescher aus dem Datum 05/2015 widmet sich der unaufhaltsamen Transformation des Webs zum Internet of things. Kühlschränke, Zahnbürsten, Fahrzeuge, Kleidung — alles wird in Zukunft online sein und in beide Richtungen kommunizieren. Die Internetverbindung wird — vergleichbar mit Strom — allgegenwärtig. Der Beitrag öffnet einem die Augen, in dem er das zweifelhafte Tauschgeschäft Convenience für neue Risiken und unfreiwillige Transparenz darlegt — und die Alternativenlosigkeit dessen.
Ist mit dem Internet of things dann aber zumindest auch das Ende der Fahnenstange erreicht?
Nein.
Der nächste logische Schritt ist das Internet of life — oder wie man es auch immer nennen mag. Nicht nur in Dinge, auch in das Subjekt selbst hält das Internet danach wohl Einzug. Es schreibt sich in die Körperlichkeit ein.
Beim Computerspiel real Bluten
Haben Sie von Blood Sport gehört? Eine Kickstarter-Kampagne, die mittlerweile gestoppt wurde. Doch sie ist ein anschauliches Beispiel: es ist ein Ego-Shooter, der dem Spieler tatsächlich Blut abzapft. Dabei verbindet sich das Medium Computerspiel mit dem realen Körper und geht dabei noch einen großen Schritt weiter als Virtual Reality, wie z.B. Oculus Rift (bzw. sind derartige Konzepte wohl bald kombinierbar): Wenn der Spieler getroffen wird, wird ihm real Blut abgezapft, das für Transfusionen zur Verfügung stehen soll. Intention dahinter ist einerseits eine Intensivierung des Spielgefühls, andererseits die Motivation für die gute Sache (hier: Blutspenden) zu steigern.
Auch wenn das Projekt derzeit auf Eis liegt, stellt es doch eine Zäsur dar. Die virtuelle und die reale Welt werden kombiniert, die Trennung verschwimmt. Das Virtuelle findet Eingang in die Körperlichkeit und greift (mit Einverständnis) die körperliche Unversehrtheit an. Vor gar nicht allzu langer Zeit war dies noch reine Science Fiction. Dies ist ein Indiz, dass sich Medien aller Art zukünftig dem Körper einschreiben. Klingt wie ein schlechter Film, oder?
Der menschliche Körper geht online
Haben Sie von der Google Lens gehört? Oder wussten Sie, dass Herzschrittmacher heute oft über WLAN-Verbindung verfügen? Der amerikanische Ex-Vizepräsident Dick Cheney etwa hat vorsorglich die WLAN-Funktion seines Exemplars deaktivieren lassen, um nicht Opfer eines Online Murders werden zu können. Denn: alles, was online ist, kann klarerweise auch ge-hackt werden. Und selbst wenn nicht, liefern derartige Tools in Echtzeit Daten über Gesundheitszustand etc. — die Frage ist: an wen? Und wie kann man den Datenfluss kontrollieren?
Zwei Fragen weitere Fragen drängen sich auf:
- Verschwimmt der Unterschied zwischen Computer- und “analogem” Virus? Und wenn ich mir was eingefangen habe — ab zum Arzt oder doch lieber zur IT-Security?
- Wann erreicht das Internet tatsächlich unser Hirn?
Über den Autor
Konrad Fux bloggt auf MediaPunk.org. Er setzt sich mit aktuellen Entwicklungen und Trends in der Welt der Medien und Kommunikation auseinander. Themen sind etwa die Zukunft von Content, Storytelling, Publishing sowie neue Erlösmodelle und Meta-Trends der Medienwelt.
Der studierte Politikwissenschaftler ist in der Kommunikationsabteilung eines ATX-Unternehmens tätig und absolviert derzeit den Masterlehrgang Digital Media Publishing an der Donau-Uni Krems.