Baroness Sue Campbell, britische Sportadministratorin und Expertin beim SURPRISE FACTORS SYMPOSIUM „From Good to Great – Der Weg zu den Besten“ in Gmunden, erklärte, dass es darum gehe, klare Ziele zu definiere und sich an den Besten zu orientieren. Um ihre Athleten anzuspornen, stellte sie ihnen immer zuerst drei einfach Fragen: Was tust du? Was könntest du erreichen, wenn man dich lässt? Was hindert dich derzeit daran?
Sue Campbell im Interview:
Im Sport ist der Vergleich ein wichtiges Kennzeichen: Was ist gut? Was ist großartig? Wir stiegen bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen im Medaillenspiegel vom 36. Platz im Jahr 1996 zum 10. auf. Wir wussten, dass wir „gut“ geworden waren, aber konnten wir zu den Besten gehören? Als ich zur Leiterin von UK Sport ernannt wurde, fing ich mit sehr einfachen Fragen an: Wir sind 10. im Medaillenspiegel. Wer ist vor uns? Nachdem sämtliche Ausreden eliminiert waren, warum wir nicht besser werden konnten, als die neun Nationen über uns, setzten wir uns das Ziel, 4. im Medaillenspiegel zu werden.
Da begann ich mit dem „besser werden endet nie“-Konzept. „Besser werden endet nie“ bedeutet, dass wir ab heute jeden Tag ein kleines bisschen besser werden. Wenn wir uns auf diese zehnjährige Reise begeben, dann werden wir eines Tages am Weg zu den Besten sein.
„Man muss Weltklasse sein wollen – dabei kommt es nicht auf den Job des Einzelnen an.”
Aber wie sehen die Besten aus? Zufälligerweise fand ich die Antwort auf diese Frage bei einem Formel 1 Rennen in Michael Schumachers Boxengasse. Nach dem Rennen holte ich die UK Sport Belegschaft in einem Raum zusammen und sagte, „Ich kann Euch jetzt ‚die Besten’ beschreiben“. Ich habe es auf drei Fragen heruntergebrochen: Erstens, kann man vom Werkstattboden essen? Weil in Michael Schumachers Werkstatt kann man das – so sauber ist sie. Der Mann, der diesen Boden putzte, hatte das Gefühl, er ist Weltklasse in dem, was er tat, weil es ein wichtiger Beitrag zu Michael Schumachers Sieg bei dem Rennen war. Die zweite Frage: Wie lange dauert es, einen Reifen zu wechseln, wenn man einen geplatzten Reifen hat? Weil ich hatte Michael Schumachers Team diesen Reifenwechsel üben gesehen, um 0,01 Sekunden schneller zu werden. Meine dritte Frage war: Wie lange dauert es, eine Entscheidung zu fällen? Ich hatte Michael Schumachers Rennleiter gesehen, wie er eine unglaublich mutige Entscheidung in fünf Sekunden fällte – und diese Entscheidung gewann das Rennen. Aber der Punkt war, dass er die Entscheidung auf der Basis ausgezeichneter Daten traf.
Meine drei Lektionen waren also: Jede und jeder muss dazugehören, muss im System geschätzt werden und muss dafür kämpfen, Weltklasse zu sein. Zweitens, wir werden zusammenarbeiten, uns ständig gegenseitig coachen um marginale, inkrementelle Verbesserungen zu erzielen, die uns jeden Tag ein wenig besser machen. Und wir werden die besten Daten der Welt haben, sodass wir mutige Entscheidungen darüber treffen können, wo wir unsere Investitionen tätigen.
„Wie kannst du Menschen befreien, damit sie das ihren Kapazitäten entsprechende erreichen können?”
Ich habe einen anderen Ausdruck: „Lass niemals jemanden eine Decke in deinen Himmel einziehen.“ Wie kann man die Menschen befreien, ihnen Freiraum geben, damit sie erreichen, wozu sie wirklich imstande sind? Wiederum nahm ich drei einfache Fragen und fragte jede und jeden bei UK Sport. Erstens, was machst du? Es ist faszinierend, wie wenige Menschen einem sagen können, was der Sinn und Zweck ihrer Tätigkeit ist. Zweitens fragte ich, wenn man alle Einschränkungen beseitigen würde, was könntest du machen? Und drittens, was hindert dich daran das zu tun, was du tun könntest? Das sind einfache Fragen, aber sie haben das Denken vieler Menschen befreit. Kreativität, Inspiration ist in jeder und jedem und wir müssen sie freisetzen.
Am Ende liegt der Weg vom Guten zu den Besten in den Athletinnen und Athleten. Es ist ihr Wunsch, ihre Entschlossenheit, ihre Fähigkeit zurückzukommen, auch wenn es nicht gut läuft. Wir haben unsere olympischen und paraolympischen Athletinnen und Athleten in Schulen geschickt, um mit Jugendlichen zu sprechen, die eine harte Zeit durchmachen und sie bringen Inspiration in ihr Leben.
Sie sagen ihnen: wenn du eine Leidenschaft hast und du sie verfolgst und du dich nicht von Leuten vom Kurs abbringen lässt, wirst du etwas ganz Besonderes am Ende der Reise finden – Selbstverwirklichung.
Zur Person
Sue Campbell ist Mitglied des britischen House of Lords und gilt als Mastermind hinter dem herausragenden Erfolg des britischen Nationalteams bei den Olympischen Spielen in London 2012.
Campbell absolvierte die Ausbildung zum Master of Education am Bedford College of Physical Education und an der University of Leicester und war unter anderem stellvertretende Direktorin für Sportunterricht an der Leicester und der Loughborough University. Seit 2005 ist Campbell Vorsitzende der Youth Sport Trust, einem Verein mit dem Ziel, Potenziale junger Menschen in sämtlichen Lebenslagen durch Sport aufzuspüren. Als ehemalige Vorsitzende der UK Sports entwickelte Sue Campbell außerdem in acht Jahre langer intensiver Vorarbeit eine Strategie, mit deren Hilfe England das beste Ergebnis aller Zeiten bei Olympischen Spielen 2012 erzielen konnte.
Die Engländerin erhielt bereits zahlreiche Auszeichnungen, darunter beispielsweise die Auszeichnung für ihr Lebenswerk bei den Sunday Times Sportswomen of the Year Awards 2012. Sie trägt zehn Ehrendoktortitel und wurde für ihre Dienste um den britischen Sport zum Commander oft he British Empire ernannt.