Un|ter|neh|mer|geist, der (m.); aus dem <eng.>: entrepreneurial spirit, basiert auf <frz.> entrepreneuriat „Unternehmertum“ und <lat.> prehendere „erreichen“ bzw. spiritus „Geist“. Bezeichnet die geistige oder kulturelle, innere Haltung einer Person oder einer Gesellschaft. Oft bezeichnet als Voraussetzung zur Unternehmensgründung; Unternehmergeist ist jedoch nicht nur auf die ökonomische Sphäre begrenzt.
Wozu etwas „unternehmen“?
Wirtschaft kommt von „wirtschaften“. Und das heißt, dass etwas geschieht. Dynamik kennzeichnet eine nachhaltige, florierende Wirtschaft. Dazu gehören Wettbewerb und Veränderungsbereitschaft. Das alles braucht Menschen, die bereit sind, das Erforderliche zu „unternehmen“– Unternehmerinnen und Unternehmer also!
Aus der wirtschaftlichen Perspektive spielen Unternehmensgründungen hier eine essentielle Rolle: Erst durch neue Gründungen entsteht Wettbewerb, werden Innovationen (→ Innovation) stimuliert und Arbeitsplätze sowie Wachstum geschaffen. Auch etablierte Betriebe müssen sich stetig weiterentwickeln, um erfolgreich zu bleiben.
Aus der gesellschaftlichen Perspektive ist das persönliche Engagement der Bürgerinnen und Bürger vor allem entscheidend: Nur wenn sich Menschen aktiv, leidenschaftlich und couragiert für Ideen einbringen, werden Lösungen gefunden und Veränderungsprozesse eingeleitet, setzen sich Innovationen durch und bleibt der soziale Zusammenhalt erhalten. Zudem bildet Engagement einen der Grundpfeiler des Demokratie-Systems.
Fazit: Zurücklehnen verträgt sich nicht mit dem Anspruch einer modernen Gesellschaft und Wirtschaft. Es braucht im Gegenteil innovatives, soziales und ökonomisches Unternehmertum.
Unternehmertum macht zufriedener
Eine Vielzahl von Merkmalen macht Unternehmergeist aus: Leistungsmotivation, Eigeninitiative und Unabhängigkeitsstreben, Realismus und Kooperationsfähigkeit, Kreativität, Durchhaltevermögen, Durchsetzungs- und Problemlösungskompetenz, Risikobereitschaft, Offenheit, die Fähigkeit zum Umgang mit Unsicherheiten sowie der Glaube an sich selbst und daran, dass man mit dem eigenen Handeln etwas bewirken kann.
Obwohl Unternehmerinnen und Unternehmer mehr arbeiten und weniger Urlaub konsumieren, sind sie seltener krank und – trotz aller Belastungen – gerne unternehmerisch tätig. Dass die Gründungsaffinität hierzulande dennoch vergleichsweise niedrig ausgeprägt ist, überrascht, denn unternehmerische Persönlichkeiten – ähnlich den sozial engagierten Menschen – sind tendenziell zufriedener mit ihrem Leben als andere.
„Unternehmerinnen und Unternehmer schauen nicht auf das Risiko, sondern auf die Chancen.“ – Alan M. Webber
Gesellschaften mit ausgeprägtem Unternehmergeist punkten also nicht nur, weil sie dynamisch, wirtschaftlich erfolgreich und gesellschaftlich engagiert sind, sondern auch wegen ihrer Menschen, die sinnstiftend und glücklicher in ihrer Umgebung wirken.
Was blockiert den Unternehmergeist?
Wenn die wirtschaftliche Selbstständigkeit und das Ausleben des Unternehmergeistes glücklicher machen, warum leben es so wenige? Die Ausprägung bestimmter Faktoren verringert bzw. verstärkt den Unternehmergeist:
Der Unternehmergeist in der Bevölkerung gilt als gering oder hoch – abhängig davon, in welche Richtung diese Faktoren ausgeprägter sind.
Den Unternehmergeist entfachen
Unsere Vision ist einfach: ein Land, dessen Rahmenbedingungen (→ Standort) die Menschen dazu ermutigen, ihre Ideen unternehmerisch und engagiert umzusetzen; das ihnen keine unnötigen Steine in den Weg legt und so gesellschaftlich und ökonomisch höchst dynamisch in die Zukunft blickt.
„Wir müssen die Jungen mobilisieren und Zukunft neu denken.“ – Erich Gornik
Dafür gilt es, den Unternehmergeist – auch „Entrepreneurial Spirit“ genannt – bei den Menschen zu entfachen, bis er lichterloh brennt. Aber was ist dafür nötig? Mehr Förderung, mehr Finanzierung und mehr Beratungsleistungen? Unbedingt! Doch genau in diesem Punkt ist Geld alleine nicht alles. Zum Aufbau von Unternehmergeist braucht es in erster Linie Vorbilder und die Förderung der Eigeninitiative von klein auf. Da ist auch die Politik gefordert! Ideen und Engagement der Jungen müssen ernst genommen werden. Der Ruf nach dem Abbau von Bürokratie darf kein Lippenbekenntnis bleiben. Innovativen Ideen muss Raum gegeben werden, auch wenn sie unkonventionell und auf den ersten Blick sogar störend erscheinen. Ein Land kann es sich nicht leisten, sein kreatives Potenzial brachliegen zu lassen! Wie das gelingen kann, zeigen einige Beispiele.
Engagierte Jugend = unternehmerische Erwachsene
Wird Jungen das Gefühl vermittelt, ihre Ideen und Pläne werden ernst genommen und sie können mit ihrem Engagement in ihrer Umgebung etwas bewirken, dann ist die Saat für Unternehmer-Persönlichkeiten gelegt.
„Wir brauchen Diversität.“ – Wolfgang Mazal
Dafür ist es nötig, Junge als wichtige Mitglieder der Gesellschaft zu schätzen, ihnen „mehr“ zuzutrauen und sie mehr „tun“ zu lassen, sowie sie zu unterstützen, ihre Fähigkeiten und Talente zu entwickeln (→ Talente). Neue Unterrichtsfächer wie Persönlichkeitsfindung und Entrepreneurship-Education können dabei unterstützen.
Gründerinnen und Gründer im Hörsaal
Unser Fortschritt hängt eng mit der Gründung innovativer Unternehmen zusammen. Neue Ideen entstehen an den Schnittstellen zwischen Forschung, Wirtschaft, Technik und Kunst. Gelingt es, mehr Studierende sowie Forscherinnen und Forscher zur unternehmerischen Umsetzung ihrer Erkenntnisse zu ermutigen, wird die Gesellschaft innovativer.
Dies gelingt, wenn wir unternehmerische Kompetenz in einem hochschulübergreifenden Netzwerk ausbauen, die Entstehung interdisziplinärer Gründerteams fördern und die Hochschulen ermutigen, sich über praktische Umsetzungen ihrer Forschungen Gedanken zu machen.
Soziale Probleme lösen und Existenzen gründen
Bei allen technischen Innovationen darf aber die soziale Seite nicht vergessen werden. Unternehmerisches Denken und Handeln, das diese beiden Komponenten verbindet, trägt dazu bei, dass tragfähige wirtschaftliche Existenzen aufgebaut und brennende Probleme in Staat und Gesellschaft gelöst werden können. Andersherum ist eine ökonomische oder soziale Schieflage die Folge. Jene Menschen, die sich zur Aufgabe machen, unser Gemeinwohl unternehmerisch zu verbessern, benötigen Rahmenbedingungen zur Entfaltung. Ideen brauchen Raum, um sich zu entwickeln. Raum, um speziell auch auf lokaler Ebene tatsächlich umgesetzt zu werden.
Unternehmergeist lokal denken
Das Rückgrat unserer Wirtschaft und Gesellschaft bilden die vielen kleinen und mittleren Unternehmen sowie all jene Menschen, die sich engagieren, auch auf lokaler Ebene, in ihrem unmittelbaren Umfeld. Sie brauchen entsprechende Bedingungen, Freiraum, Verständnis sowie Unterstützung. Nur so wächst Neues, nur so entgeht man der Gefahr, dass Engagement und Idealismus früher oder später in Frust enden.
Gemeinden können Freiräume für Engagement und neue Ideen zur Verfügung stellen – für neue Formen der Kooperation wie die sogenannten „Co-working Spaces“, wo selbstständig, aber gemeinsam gearbeitet wird.
Potenzial der Migration ausschöpfen
Die gesellschaftliche Zukunft wird stark von der internationalen Zuwanderung geprägt sein. Viele Migrantinnen und Migranten stammen aus Gesellschaften mit hohem Unternehmergeist oder mit einem individuell starken Hang zum Unternehmertum. Dieses Potenzial sollte man stärker ausschöpfen und es nicht für populistisches Kleingeld missbrauchen und damit im Keim ersticken.
Menschen, die nach Österreich kommen, um hier zu arbeiten und etwas aufzubauen, brauchen eine spezielle Art der „Gründungs-Förderung“. Das beginnt bei der Beratung und bei entsprechenden Informationen – auch in mehreren Sprachen – und geht bis zu Mikrokrediten und zum Abbau bürokratischer Barrieren.
Potenzial der Älteren ausschöpfen
Unsere Gesellschaft wird älter und tatkräftiger. Obwohl es Ziel sein sollte, den Unternehmergeist möglichst früh zu entfachen, erfolgt der Schritt zur Selbstständigkeit oft erst in späteren Jahren. Das ist durchaus von Vorteil, denn „ältere“ Unternehmensgründerinnen und ‑gründer bringen ihren Erfahrungsschatz ein, gepaart mit Fachwissen, Netzwerken, Führungspotenzial und nicht zuletzt Eigenkapital. Gründungen im Alter ab 40 sollten durchaus zur Regel werden (derzeit 4 von 10) und erfordern abgestimmte Beratungs- und Förderangebote.