Bereits im Vorfeld des SURPRISE FACTORS SYMPOSIUMS haben sich Studentinnen und Studenten verschiedenster Fachrichtungen in einem Workshop mit dem diesjährigen Thema „Wo beginnt, wo endet Freiheit?” auseinandergesetzt. Vier von ihnen brachten als YOUNG ACADEMIA die Perspektive der jungen Generation in die Diskussionen ein.
Freiheit beginnt im Kopf und braucht Mut
Was ist Freiheit? Eine allgemeingültige Definition für Freiheit gibt es nicht. Freiheit hat sich die Freiheit genommen, vielfältig zu sein, und Freiheit verspürt wohl jeder Mensch anders. Freiheit beginnt für uns im Kopf.
Wir sind alle Gefangene unserer geistigen und körperlichen Kapazitäten. Doch egal was passiert, es kann uns niemand die Freiheit des Denkens nehmen. Freiheit heißt, immer neue Grenzen zu überwinden und sich von seinen Ängsten nicht blockieren zu lassen. Es braucht Mut, um frei zu sein, und Kraft, um dazu zu stehen. Freiheit bedeutet für jeden etwas anderes, daher kann man seine Freiheit erst entdecken und ausleben, wenn man sich selbst und seinen eigenen Weg gefunden hat. Das erst verleiht einem Stärke und Selbstbewusstsein.
Das hat sich bei unseren Diskussionen in Gmunden gezeigt. Doch in einem waren wir uns wohl alle von Beginn an einig: Freiheit ist ein kostbares Gut und Freiheit steht in Kontrast zu Verboten und Zwängen.
Freiheit denkt den Mitmenschen mit
Freiheit als Menschenrecht ist eine Forderung, die sich aus dem Wesen der Menschen ergibt und der möglichen Willkür menschlicher Regierungen entzogen ist. Die so verstandene Freiheit ist aber nicht jene von einzelnen Menschen, die isoliert ihre jeweilige Freiheit genießen, sondern sie bedeutet immer auch Kommunikation mit sowie Verantwortung für Mitmenschen.
Sowohl als Individuum als auch als Staatsbürger ist der Mensch zur Freiheit bestimmt, nach Jean Paul Sartre sogar verdammt. Es geht sowohl um Individualismus und persönliche Freiheit als auch um die existenzielle und politische Freiheit. „Freiheit ist das Recht der Seele zu atmen!“ Wolf Wondratschek kommentierte dieses Zitat damit, dass die innere Freiheit stark vom kulturellen Hintergrund abhängig ist. Beduinen und westlich geprägte Menschen unterscheiden sich in ihrem Freiheitsverständnis fundamental.
Gleich bleibt trotzdem, dass Freiheit der fundamentalste Wert ist, welcher den kleinsten gemeinsamen Nenner der Europäischen Union und sogar unserer Welt repräsentiert. Es ist der Wert, der uns alle eint.
Treten wir unsere Freiheit mit Füßen?
Freiheit ist kostbar und dennoch treten wir sie oft mit Füßen. Denn auf die Frage von Uffe Elbæk, ob die jüngere Generation Freiheit für selbstverständlich nimmt, konnten wir nur antworten, dass es unserer Meinung nach nicht nur die jüngere, sondern bereits genauso die ältere Generation ist, die Freiheit für zu selbstverständlich nimmt. Die Menschen legen meist viel mehr Wert darauf, ihre materiellen Besitztümer zu sichern als ihre Freiheit. Viele sind dazu bereit, diese um des Eigentums willen aufzugeben. Die Angst, materielle Dinge zu verlieren, ist viel größer als jene, Freiheit zu verlieren; eine Beobachtung, die uns sehr nachdenklich stimmt.
Angst ist der größte Feind der Freiheit
In den letzten Monaten konnte man bemerken, wie immer mehr Menschen um uns herum Angst um die Freiheit, sich sicher im öffentlichen Raum bewegen zu können, bekommen. Die Freiheit, sich sicher zu fühlen, wird immer mehr bedroht von dieser diffusen Angst, deren gesellschaftliche Auswirkungen noch nicht absehbar sind. Die Gesellschaft lässt sich zunehmend durch das Flüchtlingsthema spalten, ist bereit, sich selbst dafür aufzugeben und Zäune aufzustellen. Immer öfter entsteht das Gefühl, sich für eine Seite entscheiden zu müssen.
Für unsere Generation ist Freiheit bereits zu Selbstverständlichkeit geworden.
Das ist nicht unsere Vorstellung von Freiheit. Denn Freiheit bedeutet für uns auch, nicht in eine Schublade gesteckt zu werden und dort verharren zu müssen, sondern man selbst sein zu dürfen. Nur Zusammenhalt und ein Miteinander können unsere Freiheit erhalten, ohne dabei die Ängste und Sorgen, die damit verbunden sind, zu verleugnen. Daher geht unser Appell an die Politik, dem Wert des gegenseitigen Respektes, der Dankbarkeit und der Freude wieder mehr Platz zu geben und der Gesellschaft zu vermitteln. Oder wie Uffe Elbæk es sagt: Eine Politik mit Kopf und Herz zu betreiben.
Wirtschaft braucht Freiheit
Europa war immer ein Kontinent der Vielfalt. Das schafft eine produktive Konkurrenz, welche auch auf Märkten von politischen, wirtschaftlichen und sozialen Systemen notwendig ist. Der Transfer von Kompetenzen der Mitgliedsstaaten nach Brüssel erhöht die Bedeutung der Politiker und Bürokraten. Das hat unvermeidlich Planung, Regulierung, Kontrolle und Koordinierung zur Folge. Es sollte allerdings vielmehr eine größere wirtschaftliche und unternehmerische Freiheit bei geringerer Einmischung des Staates oder der EU geben. Eine Deregulierung mit Augenmaß ist über kurz oder lang überlebensnotwendig für unsere Unternehmer und maßgeblich für unsere Konkurrenzfähigkeit am globalen Markt.
Wo liegen die Grenzen der Freiheit?
Dazu deutlich im Gegensatz steht die Freiheit der Kunst. Darf man heute im Namen der Kunst alles? Darf man im Namen der Satire denunzieren, beschimpfen, verleumden und verhöhnen? Das stünde in einem krassen Gegensatz dazu, dass in den letzten Jahren die Meinungsfreiheit durch die „political correctness“ immer mehr eingeengt wurde. Wo endet die Meinungsfreiheit der Bürger und wo endet die der Kunst?
Freiheit als höchstes Gut zu fordern hat natürlich seine Berechtigung, verschließt aber auf der anderen Seite oftmals die Augen vor der damit verbundenen existenziellen Überforderung des einzelnen Menschen. Ökonomische Freiheit versus Konkurrenz, Preisdruck und prekäre Lebensstile sowie Orientierungslosigkeit. Muss Freiheit immer auch Verantwortungslosigkeit und Nichtbeachtung der Folgen bedeuten, frei nach dem Motto: „Freiheit ist, wenn ich nichts mehr zu verlieren habe“? Sollte man vereinzelte Einschränkungen (vermeintlicher) Freiheiten nicht wegen der Sicherung anderer Freiheiten schätzen? Ist der Schutz von Minderjährigen vor medialer Gewaltdarstellung nicht besser als die uneingeschränkte Konsumation solcher Inhalte und die damit verbundene „falsch verstandene“ Freiheit des Seins? Die Verhinderung einer trügerischen Freiheit ist demnach gewissermaßen Garant für die Entwicklung eines Lebens in wirklicher Freiheit.
Die Angst, Besitz zu verlieren, ist viel größer als die Angst, Freiheit zu verlieren.
Egal ob im Stalinismus, im Nationalsozialismus oder in der Kulturrevolution von Mao Zedong – die Einschränkung von Freiheit durch totalitäre Ideologien hat immer in Leid und Terror gemündet. Hier haben wir sowohl als Gesellschaft als auch als Individuum die Pflicht zum Widerstand, denn für Freiheit muss laufend gekämpft werden. Carl Friedrich Freiherr von Weizsäcker formulierte treffend: „Freiheit ist ein Gut, das durch Gebrauch wächst, durch Nichtgebrauch dahinschwindet“.
Es ist daher gerade die Gesellschaft selbst, die entscheiden muss, wie viel Eigenverantwortung sie bereit ist, selbst zu tragen, und inwieweit der Staat regulierend eingreifen soll beziehungsweise muss. Je nach der „Reife“ der Gesellschaft wird es daher zwangsläufig immer ein Mehr oder Weniger an Freiheit geben.
Die YOUNG ACADEMIA beim SURPRISE FACTORS SYMPOSIUM 2016 waren:
Silvia Höller, Soziale Arbeit, Fachhochschule OÖ – Fakultät für Gesundheit und Soziales Linz
Anna Malis, Media Science and Communication Research, Universität Wien
Sara Maric, Wirtschaftswissenschaften, Johannes Kepler Universität
Manuel Molnar, BSc Metall- und Kunststofftechnik, Fachhochschule OÖ – Fakultät für Technik und angewandte Naturwissenschaft Wels