Die Diskussion um den Einfluss von Windkraftanlagen auf Vogelsterben ist oft von Missverständnissen und überzogenen Befürchtungen geprägt. Weißer (doi: 10.25974/ren_rev_2024_13) beleuchtet in einer Studie die tatsächlichen Zusammenhänge und zeigt, dass Windkraftanlagen nur einen vergleichsweise geringen Beitrag zur Vogelsterblichkeit leisten.
Vergleich der Todesursachen
Nach Schätzungen des Naturschutzbundes Deutschland (NABU), einer der größten Umweltschutzorganisationen des Landes, sterben jährlich etwa 100.000 Vögel durch Kollisionen mit Windkraftanlagen in Deutschland. Diese Zahl ist im Vergleich zu anderen Todesursachen gering:
- Hauskatzen verursachen jährlich zwischen 20 und 100 Millionen Vogelverluste.
- Gebäudekollisionen sind für 100 bis 115 Millionen Todesfälle verantwortlich.
- Der Straßenverkehr führt zu etwa 70 Millionen Vogeltoten pro Jahr.
Zusätzlich verursachen fossile Energieträger etwa 5,2 Todesfälle pro Gigawattstunde (GWh) durch Habitatzerstörung und Umweltverschmutzung, während Windkraftanlagen lediglich 0,3 Todesfälle pro GWh verzeichnen. NABU engagiert sich nicht nur für den Artenschutz, sondern fördert auch die naturverträgliche Nutzung erneuerbarer Energien, um den Klimawandel zu bekämpfen.
Artenbezogene Unterschiede
Besonders betroffen sind Greifvögel wie Rotmilane und Bussarde, die aufgrund ihres Jagdverhaltens und ihrer Flugmuster ein erhöhtes Kollisionsrisiko aufweisen. Gleichzeitig zeigen viele Vogelarten eine hohe Anpassungsfähigkeit an die Anwesenheit von Windkraftanlagen, ohne signifikant beeinträchtigt zu werden.
Maßnahmen zur Minimierung von Vogelschlag
Die Studie hebt hervor, dass bestehende Schutzmaßnahmen den Einfluss von Windkraftanlagen weiter reduzieren können:
- Gezielte Standortwahl: Durch sorgfältige Planung und Abstand zu Nist- und Zugrouten werden Kollisionen minimiert. Dabei wird die Umgebung auf 15 besonders schützenswerte Arten überprüft.
- Anti-Kollisionssysteme: Systeme wie „IdentiFlight“ erkennen gefährdete Arten mittels Kameras und Radartechnologie. Bei Annäherung wird die Rotorbewegung automatisch gestoppt. Tests zeigen eine Erfolgsquote von 92 % bei der Erkennung und bis zu 91 % Verhinderung von Kollisionen.
- Temporäre Abschaltungen: Insbesondere während landwirtschaftlicher Aktivitäten, die Greifvögel anlocken, werden Windkraftanlagen vorübergehend abgeschaltet, um das Risiko zu minimieren.
- Attraktive Alternativlebensräume: Die Schaffung neuer Nahrungs- und Lebensräume in der Umgebung lenkt Vögel von den Anlagen ab.
- Ultraviolette Beleuchtung und Lackierungen: Experimente zeigen, dass UV-Licht und auffällig lackierte Rotorblätter die Sichtbarkeit der Anlagen erhöhen und so die Kollisionsgefahr verringern.
Kontext des Klimawandels
Die Studie stellt klar, dass Windkraftanlagen trotz lokaler Einflüsse auf bestimmte Arten keine wesentliche Bedrohung für Vogelpopulationen darstellen. Im Gegenteil: Der Ausbau der Windenergie trägt erheblich zur Reduktion von Treibhausgasemissionen bei, was langfristig dem Erhalt der Biodiversität zugutekommt. Andere menschliche Aktivitäten, wie der Einsatz fossiler Brennstoffe, stellen deutlich größere Gefahren für Vögel und ihre Lebensräume dar.
Fazit
Windkraftanlagen spielen nur eine untergeordnete Rolle im Vogelsterben und sind nicht die Hauptursache für den Rückgang von Vogelpopulationen. Die kontinuierliche Weiterentwicklung von Schutzmaßnahmen gewährleistet, dass die Auswirkungen weiter minimiert werden. Der Ausbau der Windkraft bleibt daher eine zentrale Strategie, um den Klimawandel zu bekämpfen und gleichzeitig den Artenschutz zu fördern. Ein verstärkter Fokus auf sachliche Information und transparente Kommunikation ist notwendig, um die Akzeptanz in der Bevölkerung weiter zu stärken.