Die neueste Sozialerhebung des IHS im Auftrag des Bildungsministeriums zeigt, dass Bildung weniger stark vererbt wird als angenommen und ein Großteil der Studierenden nicht aus Akademikerfamilien stammt.
Inländische Studienanfänger:innen an Universitäten und Fachhochschulen (WS 2022/23): Höchste formale Bildung beider Elternteile:
Die Mehrheit der Studienanfänger in Österreich zählt inzwischen zur Gruppe der sogenannten First-Generation Studierenden – also jener, deren Eltern keinen Hochschulabschluss besitzen (Zucha et al., 2024). Diese Entwicklung zeigt, dass der Zugang zu Hochschulbildung zunehmend auch für Studierende ohne akademischen Hintergrund möglich wird. Jedoch stehen First-Generation Studierende vor spezifischen Herausforderungen, die ihren Bildungsweg erschweren und sie in besonderer Weise fordern.
Ein markanter Unterschied zeigt sich bereits beim Studienbeginn: First-Generation Studierende neigen dazu, das Studium später aufzunehmen als Studierende aus akademischen Haushalten. Diese Verzögerung ist häufig auf die fehlende akademische Orientierung und das Fehlen familiärer Netzwerke zurückzuführen, die den Zugang zum Studium erleichtern könnten. Zudem erfordert der Schritt ins Studium von vielen dieser Studierenden eine intensive Auseinandersetzung mit ihren beruflichen und finanziellen Perspektiven, was oftmals Zeit in Anspruch nimmt und dazu führt, dass sie zunächst Berufserfahrungen sammeln oder alternative Bildungswege einschlagen.
Zusätzlich kämpfen First-Generation Studierende häufiger mit finanziellen Unsicherheiten. Anders als Studierende aus akademisch gebildeten Haushalten erhalten sie seltener finanzielle Unterstützung von ihrer Familie und sind daher oft auf eigene Einnahmen angewiesen. Um die Studien- und Lebenshaltungskosten zu decken, sind viele von ihnen auf Erwerbstätigkeit angewiesen. Die Sozialerhebung zeigt, dass ein erheblicher Anteil ihres Einkommens aus eigener Arbeit stammt. Diese Notwendigkeit, neben dem Studium zu arbeiten, stellt jedoch eine zusätzliche Belastung dar und kann den Studienverlauf beeinträchtigen – sei es durch eine Verlängerung der Studiendauer oder durch Auswirkungen auf die Studienleistungen.
Studienförderungen gewinnen in diesem Zusammenhang besondere Bedeutung. Für viele First-Generation Studierende sind staatliche Förderungen ein entscheidender Bestandteil ihres Einkommens und kompensieren die fehlende familiäre Unterstützung. Die Sozialerhebung zeigt, dass Förderungen einen überdurchschnittlich hohen Anteil ihres Budgets ausmachen und ihre finanzielle Absicherung deutlich verbessern können. Dennoch bleibt die finanzielle Lage häufig angespannt, da auch Studienförderungen nicht alle Mehrkosten abdecken und viele Studierende auf zusätzliche Einkünfte angewiesen bleiben.
Insgesamt sind First-Generation Studierende durch den fehlenden akademischen Rückhalt und die Notwendigkeit zur finanziellen Eigenständigkeit besonders gefordert. Trotz dieser Hürden zeigt sich, dass diese Gruppe oft besonders motiviert und entschlossen ist, den Weg zur Hochschulbildung erfolgreich zu meistern. Die Mehrheit der First-Generation Studierenden strebt, trotz aller Herausforderungen, den Studienabschluss an und zeigt damit, dass Hochschulbildung für breitere Bevölkerungsschichten zugänglich wird.