Stand|ort, der (m.); <dt.>, <geogr.>: „Stand und Ort“; Ort, an dem eine wirtschaftliche Aktivität stattfindet. Die unterschiedlichen Ausprägungen von Stand|ort|fak|to|ren führen zu differierenden Qualitäten der Standorte. Standortfaktoren sind herrschende Rahmenbedingungen für das Leben und Wirtschaften in der Region; Unterteilung in „harte“ und „weiche“.
Der Standort der Zukunft
Was bewegt die Menschen, dort zu leben und zu wirken, wo sie sind? Was bewegt Unternehmen, sich an einem Ort, in einer Gemeinde, in einer Region oder in einem Land anzusiedeln? Welche Faktoren erleichtern oder erschweren solche Entscheidungen?
Stetig steigende Geschwindigkeiten und Kapazitäten von Transportsystemen sowie Kommunikationsmitteln und die globale Vernetzung (→ Vernetzung) lassen nicht nur Unternehmen, sondern auch Standorte und Regionen vermehrt in einen internationalen Wettbewerb treten. Wie hilft eine Region oder ein Standort den Menschen und den Unternehmen, in diesem weltweiten Wettstreit erfolgreich zu sein? Was macht einen Wirtschaftsstandort attraktiv?
Wir werden in einer digitalisierten, vernetzten und offenen Wissensgesellschaft leben, mit einem hohen Grad an Mobilität und Umweltschutz sowie nachhaltiger Ressourcen- und Energieeffizienz. Wir werden einen urbanen und gesunden Lebensstil führen. Unsere ökonomische Basis werden hoch automatisierte, industrielle Produktionsprozesse sein.
Schön gesagt. Aber wie entwickelt man so einen Standort? Auf welche Faktoren müssen wir setzen? Wo liegt der Fokus und wie bleibt man wirtschaftlich „top“ und attraktiv? Eine gewaltige Herausforderung!
Standortfaktoren hart und weich
Es gibt unzählige Standortfaktoren. Manche haben mehr Gewicht, manche weniger. Die Einen sind beeinflussbar, die Anderen hingegen sind naturgegeben. Abhängig von der Branche gibt es unterschiedliche Anforderungen an einen Standort, die auch im direkten Konflikt miteinander stehen können. Welche Faktoren sind für Unternehmen bei ihrer Standortentscheidung relevant? Was muss eine Region können, um attraktiv für Unternehmen zu sein?
Harte Faktoren sind quantifizierbare Größen und somit leichter zwischen verschiedenen Standorten zu vergleichen: Steuern, Abgaben, Subventionen, Infrastruktur, Größe des Absatzmarktes bzw. des Arbeitskräftepotenzials, Ausbildungsniveau, Verfügbarkeit bzw. Kosten von Ressourcen und Energie (→ Energie), staatliche Regulierungen etc.
„Ohne Internationalisierung kann heute kein Standort erfolgreich sein.“ – Jesus Crespo Cuaresma
Weiche Faktoren können kaum quantifiziert werden und sind daher nur schwer vergleichbar: Rechtsstaatlichkeit, Bürokratie, Korruption, Qualität von Forschungseinrichtungen, Standort-Image, Bildungs‑, Freizeit- und Kulturangebot, Lebens- bzw. Umweltqualität, internationale Ausrichtung, medizinische Versorgung etc.
Die richtige Abstimmung
Eine Region, welche die erwähnten Standortfaktoren richtig aufeinander abstimmt, hat fast schon gewonnen. Sie wird attraktiv sein sowohl als Wirtschaftsstandort als auch als Wohn- und Lebensraum. Gelingt dies, so ist die Region auf dem besten Weg, die Vision eines „Standorts der Zukunft“ zu verwirklichen.
Eine digitalisierte, vernetzte und offene Wissensgesellschaft basiert vor allem auf einer hochqualifizierten und gut gebildeten Bevölkerung. Dazu braucht es ein gutes Bildungssystem und Investitionen in Forschungseinrichtungen. Um die Offenheit der Gesellschaft zu gewährleisten, müssen Rechtsstaatlichkeit sowie demokratische Entscheidungsprozesse anerkannt und gelebt werden. Für die vernetzte und digitalisierte Zukunft bedarf es einerseits modernster Kommunikationsinfrastrukturen und andererseits einer offeneren Geisteshaltung gegenüber anderen Kulturen: Wer in einer vielfältigen und global vernetzten Welt wirtschaftlich attraktiv sein will, muss sich auf andere Kulturen einlassen können, um erfolgreich zu kommunizieren.
Ein urbaner und gesunder Lebensstil basiert auf einem flächendeckenden Gesundheitssystem (→ Gesundheit), auf intakter Umwelt sowie auf vielfältigen Freizeit- und Kulturangeboten, bei einem zeitgleich hohen Grad an Mobilität.
Ob uns das gefällt oder nicht, wir leben in einem Zeitalter der Mobilität! Sie baut auf gut ausgebauten Verkehrsinfrastrukturen und Verkehrssystemen auf, benötigt jedoch auch nachhaltige Verkehrskonzepte, um nicht früher oder später dem ökologischen Infarkt zu erliegen.
Wesentlich dafür sind ein nachhaltiger Umgang mit Ressourcen und eine hohe Energieeffizienz. Die Bereitstellung von kostengünstiger Energie, eine belastbare Energieinfrastruktur, nachhaltige Energiequellen und, vor allem, mehr Energieeffizienz stellen wesentliche Faktoren für die Zukunft dar – auch für die hoch automatisierten, industriellen Produktionsprozesse (Industrie 4.0), die unseren Standort auszeichnen werden und die auf moderate und intelligente staatliche Regulierungen angewiesen sind.
Checkliste
- Rechtsstaatlichkeit und Demokratie
- hochqualifizierte und gebildete Arbeitskräfte
- Forschungseinrichtungen, gutes Bildungssystem
- kostengünstige Energie
- moderne Verkehrs-/Kommunikationsinfrastruktur
- Internationalität
- intakte Umwelt und vielfältige Freizeitangebote
- exzellentes Gesundheitssystem
- offene Geisteshaltung der Bevölkerung
Der clevere Standort: konsequent und flexibel
Nun, nachdem geklärt ist, was der attraktive Standort der Zukunft braucht, könnte man meinen, alles sei gut. Dem ist aber nicht so. Denn bekanntlich kommt nach morgen immer übermorgen.
Unsere Gesellschaft und damit unser Standort und unsere Zukunft verändern sich ständig und müssen mit guten und schlechten Zeiten fertig werden. Was morgen gut ist, könnte übermorgen schon wieder überholt sein. Um den Standort nachhaltig attraktiv zu erhalten, müssen wir daher noch einen Schritt weiterdenken.
Der Standort der Zukunft muss Resilienz (* Fähigkeit, mit Störungen/Krisen/radikalen Änderungen umzugehen) aufweisen. Resiliente Systeme haben zwei Eigenschaften: Sie sind widerstandsfähig, also „hart im Nehmen“, und zugleich in der Lage sich anzupassen, wo es erforderlich ist. Erst dies befähigt dazu, mit unvorhergesehenen Krisen umzugehen, kreative Innovationen (→ Innovation) für die Herausforderungen der Zukunft zu entwickeln und nachhaltig attraktiv für Unternehmen und Bevölkerung zu bleiben.
Wie wird ein Standort aber resilient? Dafür muss er sich vor allem auf seine Kreativität sowie Innovationsfähigkeit verlassen können. Nur wer diese Kompetenzen aufweist, kann sich auch nachhaltig behaupten.
Gretchenfrage: Sind wir innovationsfähig?
„Wie hältst du’s mit der Innovationsfähigkeit?“ (→ Innovation). Dieser Gretchenfrage wird sich jeder Standort immer wieder stellen müssen. Das beginnt schon damit, dass die Fähigkeit und Bereitschaft zu Innovationen überhaupt als wesentlicher Standortfaktor gesehen, verstanden und von der Politik anerkannt wird. Um Innovationsfähigkeit zu steigern, muss deutlich stärker in die Bereiche Bildung, Wissensgenerierung, Forschung und Entwicklung investiert werden.
Ziel ist es, unsere Fähigkeit zu mehr Kreativität und Vorstellungskraft deutlich zu erhöhen und zeitgleich ein Innovationssystem aufzubauen, sodass möglichst viele gute Ideen eine Chance haben, realisiert zu werden.
Kreativität und „Anderssein“ hängen eng zusammen (→ Talente). Deshalb muss die Gesellschaft offener für Neues und Andersartigkeit werden und simultan so vernetzt sein, dass neue Ideen aufgenommen und rascher umgesetzt werden können. Ein Standort, der sich dem internationalen Wettbewerb stellt, verträgt keine Kirchturm-Ideologie, vielmehr braucht es die Bereitschaft, über den eigenen Gartenzaun hinauszublicken. Die Abkehr von der Engstirnigkeit ist zugleich das Ja zur Vielfalt.