Manche regionale Ressourcen und Wirtschaft­szweige der Ver­gan­gen­heit, die die Triebkräfte für die wirtschaftliche Entwick­lung ländlich­er Regio­nen waren, wie z.B. Land- und Forstwirtschaft, Abbau natür­lich­er Rohstoffe und Erzvorkom­men, haben im gesamtwirtschaftlichen Kon­text derzeit an Bedeu­tung ver­loren. Bei anderen Stan­dort­fak­toren wie „Straße­nan­bindung”, „Bil­dung­sein­rich­tun­gen”, „tech­nol­o­gis­che Infra­struk­turen”, „Leben­squal­ität”, „Regionale Wis­sens­ba­sis” wird der Rück­stand manch­er ländlichen Region zu den Zen­tral­räu­men größer.

Einzelne ländliche Gemein­den und Bezirke in OÖ (nicht nur in OÖ) außer­halb der Zen­tral­räume sind mit vie­len „bedrohlichen” Rah­menbe­din­gun­gen für die näch­sten Jahrzehnte kon­fron­tiert wie z.B.:

  • Teil­weise hohe prog­nos­tizierte — und bere­its real­isierte — Abwanderungsraten
  • Ver­lust von Betrieben und Arbeit­splätzen — z.T. in tra­di­tionellen Indus­trien und Handw­erken und in der Nahversorgung
  • Nach­wuchs­man­gel in ehre­namtlichen Funk­tio­nen, u.a. bei der Feuer­wehr und anderen sozialen Hilfsorganisationen
  • Ver­lust von Ein­rich­tun­gen und Finanzierung­sprob­leme bei der Aufrechter­hal­tung der verbleiben­den öffentlichen Infrastruktur

Wer­den die dann noch verbliebe­nen „Einge­bore­nen” in Zukun­ft in Wey­er, Klein­rei­fling und Unter­laus­sa und in anderen ländlichen Regio­nen (Ober)-österreichs in eini­gen Jahrzehn­ten nur mehr Foto­mo­tive und Sher­pas für die „Nation­al­park-Trail-Adven­ture-Touris­ten”, schlecht­esten­falls Frei­wild für die Grund­her­ren und deren Jagdpächter aus den in- und aus­ländis­chen Zen­tral­räu­men abgeben, wie es ein Kabaret­tist ein­mal ausdrückte?

Und trotz­dem:
Es gibt gar nicht so wenige „unverbesser­liche”, mutige, junge Men­schen, die — manch­mal ent­ge­gen dem herrschen­den Trend — als „social entre­pre­neurs” auf‘s Land zurück wollen und am Land bleiben wollen!  Sie wer­den zwar mit­tel­fristig die Abwan­derungssta­tis­tiken in manchen ländlichen Regio­nen nicht wesentlich bee­in­flussen, aber sie kön­nen die Zukun­fts­fähigkeit der Entwick­lung am Land stärken helfen und wer­den das Salz für eine langfristige Tren­dumkehr sein und dann die vie­len vorhan­de­nen Poten­ziale für eine hohe Leben­squal­ität am Land (wie Land­schaft, Natur, Gemein­schaftssinn, ..) nutzen und auch in wirtschaftliche Wertschöp­fung umset­zen kön­nen, in Märk­ten, die heute erst im Entste­hen sind, wo vere­inzelte Bedürfnisse sich zu ein­er wirtschaftlichen Nach­frage erst entwick­eln werden.

Wer hätte es in den 1850er Jahren für möglich gehalten,

  • dass aus der Not ent­standene Selb­sthil­fe­grup­pen z.B. um Friedrich Wil­helm Raif­feisen, Her­mann Schulze-Delitzsch heute führende Wirtschaft­sun­ternehmen gewor­den sind?
  • sich aus den „Armen­häusern” einzel­ner Gemein­den die mod­er­nen Alten- und Pflege­heime der Sozial­hil­fe­ver­bände und car­i­ta­tiv­en Ein­rich­tun­gen entwick­eln konnten?
  • sich manche der ärm­sten ländlichen Gebirgsre­gio­nen in Öster­re­ich (Ziller­tal, ..) heute zu mod­er­nen Touris­mus­re­sorts gemausert haben — und oft inno­v­a­tive Berg­bauern und Gewer­be­treibende die Treiber dieser Entwick­lung waren?

Gedanken für die weitere Entwicklung

Es soll nicht unter den Tisch gekehrt wer­den, dass die wirtschaftliche Entwick­lung „am Land” in eini­gen Gebi­eten schwierig gewor­den ist, manche ungün­stige Rah­menbe­din­gun­gen und auch Prog­nosen aufweist, auch mit per­sön­lichem Leid ver­bun­den ist, z.B. die oft schmerzhafte Nach­fol­geprob­lematik im Gewerbe — daneben aber gibt es viele Beispiele, die begrün­den, warum die Zukun­ft „des Lan­des” keineswegs nur in düsteren Far­ben zu sehen ist:
Es gibt immer wieder Unternehmen aus vie­len Branchen, die von sehr abgele­ge­nen Stan­dorten aus beste­hende Märk­te erfol­gre­ich bedi­enen und neue Märk­te — und auch damit ver­bun­dene Berufs­bilder entwick­eln. Allein aus per­sön­lich­er Ken­nt­nis fall­en mir dazu fol­gende Beispiele ein:

  • Handw­erks­be­triebe höch­ster Qual­ität, die oft bewusst alte Mate­ri­alien mit mod­ernem Design verbinden
  • Veredler der Erde und ihrer Pro­duk­te (inno­v­a­tive Land­wirte genau­so wie manch­mal „junge Wilde” aus der Stadt, neue For­men der Nahversorgungskooperation)
  • Kreativun­ternehmen der Handwerks‑, Tech­nolo­gie- und Dien­stleis­tungs­ge­sellschaft (Neue Bil­dungsange­bote, Beratung­sun­ternehmen in gän­zlich neuen Märk­ten, Paten­trecherchen, Spir­ituelle Anbieter)
  • Touris­tis­che Anbi­eter (z.B. Vielfalt an Out­dooran­bi­etern und ‑train­ern, Beherber­gungskonzepte mit Spezial­isierung aufs „Land”)
  • Gesund­heit­sun­ternehmen (v.a. auch im REHA- und Kurbere­ich und viele per­sön­liche Gesundheitsdienstleister)

Gibt es Unter­stützungsmöglichkeit­en seit­ens Bund, Land, Gemein­den, um dieses Poten­zial in Zukun­ft stärk­er auss­chöpfen zu kön­nen und die „Jun­gun­ternehmer am Land” noch stärk­er für eine pos­i­tive wirtschaftliche und gesellschaftliche Zukun­ft des Lan­des wirk­sam wer­den zu lassen?

Ergänzend zu den viel disku­tierten und beste­hen­den finanziellen und steuer­lichen Maß­nah­men und geförderten Beratungsange­boten, die dann ja doch oft auch im Einzelfall wieder nicht genau „passen”, erscheinen mir dazu fol­gende Aspek­te erwähnenswert:

  • Weit­ere Forcierung inno­v­a­tiv­er Pro­jek­te in den Gemein­den, die das Andock­en für social entre­pre­neurs erle­ichtern (von „OTELO” bis „Gesunde Gemeinde”, LEADER-Pro­jek­te,  Ver­anstal­tun­gen der Wirtschaft­skam­mer, Zukun­ft­sakademie bis zu den Technologiezentren)
  • Abbau von eventuell verbliebe­nen „Feu­dal­tra­di­tio­nen” in den „Ämtern” und beruf­sständis­chen Vertretungen:
    Die Geschäft­sideen und damit ver­bun­de­nen Ide­olo­gien von social entre­pre­neurs entsprechen manch­mal nicht dem gesellschaftlichen main­stream, sind vielle­icht nicht auf den ersten Blick im Rah­men unser­er „eng­maschi­gen” Geset­ze und Verord­nun­gen und beruf­sständis­chen Regeln umset­zbar. Ger­ade deshalb sind sie inno­va­tionsverdächtig und ver­di­enen Respekt und ern­sthafte Beratung seit­ens der Gemein­den und öffentlichen Einrichtungen!
  • Adap­tierung beste­hen­der Geschäfts- und Ver­sorgungsmod­elle im Sozial- und Gesund­heits­di­en­stleis­tungs­bere­ich und Ideen dazu auch von anderen Regio­nen in Europa sichten:
    Social entre­pre­neurs stoßen in diesen Bere­ichen schnell an herrschende öffentliche Quasi-Monopole
    Ideen dazu z.B: www.innovation4welfare.eu
  • Offen­sives Herange­hen an die Hauptwohnsitzer-Zweitwohnsitzerthematik:
    Anhand ein­er Studie im Schweiz­er Davos liegen dazu z.B. detail­lierte Fak­ten und Hand­lungsempfehlun­gen vor, die auch Basis ein­er Diskus­sion für manche OÖ. Regio­nen sein könnten.

Let­zten Endes sind es aber — wie immer — die Men­schen selb­st, die durch ihre Überzeu­gun­gen und durch ihr Durch­hal­tev­er­mö­gen in der Selb­ständigkeit — oft gegen die soge­nan­nten glob­alen Trends und gegen manche zitierten „bench marks” der Zen­tren — ihren Traum am Land in die Wirk­lichkeit umset­zen und so den ver­meintlich kar­gen „Boden” aufs Neue bestellen!

Ein Artikel in Anlehnung an die ACADEMIA SUPERIOR denkBAR „Social Busi­ness am Land — ein AlpTraum?”

Zum Autor

Her­bert Reit­mann, 3335 Weyer