Im Rahmen des Expertenforums in Linz wurde die große Bedeutung von Leitbetrieben und Headquarters für Oberösterreich aus internationaler und nationaler Sicht beleuchtet. Gleichzeitig bekamen namhafte Vertreterinnen und Vertretern von oberösterreichischen Leitbetrieben die Gelegenheit, ihre Anliegen und Ideen zu präsentieren. Veranstalter des Expertenforums, das im Oberbank-Donauforum Linz stattfand, waren ACADEMIA SUPERIOR — Gesellschaft für Zukunftsforschung und die Industriellenvereinigung Oberösterreich.
ACADEMIA SUPERIOR-Obmann LAbg. Mag. Michael Strugl betonte, die Bedeutung der Leitbetriebe als wichtige Zugpferde für Oberösterreich: „Die 250 umsatzstärksten Unternehmen in Oberösterreich sind zwar nur 0,6 % aller Unternehmen, beschäftigen aber 270.000 Mitarbeiter im Land und erwirtschaften einen Umsatz von 62 Milliarden Euro pro Jahr. Sie sind wichtige Impulsgeber für Wachstum, Innovation und Beschäftigung in Oberösterreich und wir müssen daher alles tun, um sie in Oberösterreich zu halten und neue Leitbetriebe und Headquarters in unserem Bundesland anzusiedeln.”
Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer bekräftigte in diesem Zusammenhang: „Aufgabe der Politik ist es, nicht nur dafür zu sorgen, dass die harten und weichen Standortfaktoren stimmen. Sondern wir müssen auch klar signalisieren, dass wir ein Land mit Reformbereitschaft und Erneuerungskraft sind und keine Angst vor notwendigen Veränderungen haben. Mit der oö. Spitals- und Verwaltungsreform haben wir bereits deutliche Signale in diese Richtung gesetzt.”
Als eine weitere zentrale Aufgabe der Politik betrachtet Pühringer die Schaffung von Planungssicherheit: „Es ist eine Frage der Planungssicherheit, dass einmal gesetzte Normen auch langfristig gültig bleiben. Daher ist es für uns völlig unverständlich, dass die EU 2007 ein CO2-Reduktionsziel bis 2020 von minus 20 % beschlossen hat und es seitdem bereits zwei Versuche gegeben hat, dieses Ziel drastisch zu verschärfen, was auf Kosten der energieintensiven Unternehmen auch in Oberösterreich gehen würde. Eine derartige Industrie-Vertreibungspolitik würde nicht nur bei uns viele Arbeitsplätze kosten, sondern auch dem Weltklima nichts nutzen, weil die Industriebetriebe in anderen Regionen mit geringeren Umweltstandards abwandern würden.”
Auch MEP Dr. Paul Rübig schloss sich dieser Argumentationslinie an, der in dieser Frage nicht nur Unterstützung durch das EU-Parlament versprach, sondern auch anregte, in derartigen Fragen mehr mit Anreizen als mit Strafen zu agieren.
Dass von einem Engagement für Leitbetriebe gleichzeitig auch die Klein- und Mittelbetriebe profitieren, unterstrich DI Dr. Joachim Haindl-Grutsch, Geschäftsführer der IV Oberösterreich: „Wenn wir uns für Leitbetriebe einsetzen, dann ist das keine Frage von Groß- gegen Kleinbetriebe, sondern von Groß- und Kleinbetrieben, denn die Leitbetriebe sind mit den Klein- und Mittelbetrieben unseres Landes eng vernetzt, die wichtige Zulieferer für sie sind. Immerhin schafft 1 Euro Produktionswert in einem Leitbetrieb 1,9 Euro zusätzliche Produktion in Österreich.”
Welche Faktoren dabei für Leitbetriebe — sowohl für den Erhalt von Standort als auch für Neuansiedelungen — entscheidend sind, legt Mag. Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung, dar: „Acht Faktoren sind für die Unternehmen entscheidend, diese sind ein gezieltes Standortmarketing, eine qualifizierte Zuwanderung, Forschung und Innovation, Bildung, Wissenschaft und damit qualifizierter Nachwuchs, Steuerpolitik, Infrastruktur, Energie- und Klimapolitik und die Öffentliche Verwaltung.”
Dass Österreich bei der Ansiedlung von Leitbetrieben bereits jetzt eine führende Rolle einnimmt, thematisierte Dr. Rene Siegl, Geschäftsführer der Austrian Business Agency, dar: „In Österreich haben wir 303 regionale Headquarts, im Vergleich dazu, gibt es in der Slowakei, der Tschechischen Republik, Ungarn und Polen zusammen nur 84 regionale Headquarters.” Wie wichtig diese Leitbetriebe vor allem im Bereich der Industrie sind, unterstrich auch Dr. Henrietta Egerth, Geschäftsführerin der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft, denn gerade Regionen mit starken Industrien hätten sich in der Krise schneller erholt als andere.
Rektor Univ.-Prof. DI Dr. Richard Hagelauer, JKU Linz, lobte die Zusammenarbeit zwischen den Leitbetrieben und der Johannes Kepler Universität: „Erfreulicherweise gibt es bereits jetzt eine enge Kooperation zwischen der Wirtschaft, insbesondere der Leitbetriebe, und der Johannes Kepler Universität Linz: Immerhin stammen 1/3 der Finanzierung der Uni aus Drittelmitteln heimischer Unternehmen.” „Um die Aktivitäten der JKU weiter ausbauen zu können, bedarf es jedoch zusätzlicher Mittel seitens des Bundes”, forderte Hagelauer weiters. „Der Anteil am Uni-Budget des Bundes muss zumindest von derzeit 4,13 % auf 5 % angehoben werden. Immerhin bleiben 52 % der Uni-Mittel in Wien und weitere 20 % gehen in die Steiermark”, so der Rektor.
Als eine der Vertreterinnen und Vertreter der oberösterreichischen Leitbetriebe erklärte Mag. Anette Klinger, Vorsitzende des Aufsichtsrates der IFN Holding AG: „Es wird immer schwieriger, qualifizierte Facharbeiter sowie Lehrlinge im technischen Bereich zu bekommen. Ich orte generell eine gewisse Ablehnung von Leistung und Technik in der Gesellschaft, hier müsste entsprechend gegengesteuert werden, zum einen schon im Elternhaus, aber auch in der Schule. Das Projekt ‚Technikboxen‘ in der Volksschule ist bereits ein wertvoller Schritt in diese Richtung.” Als Vertreter der Leitbetriebe haben außerdem DI Gerhard Klein, Vorstand MAN Nutzfahrzeuge Österreich Holding AG, und Dipl.-Betriebswirt Axel Kühner, Vorstandsvorsitzender Greiner Holding AG, mitdiskutiert.
An dieser Veranstaltung im Oberbank-Donauforum Linz nahmen mehr als 200 Interessierte teil, darunter hochrangige Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, etwa Wirtschafts-Landesrat Viktor Sigl, „Hausherr” Oberbank-Generaldirektor Dr. Franz Gasselsberger, Energie-AG-Generaldirektor Dkfm. Dr. Leo Windtner, Hypo-Generaldirektor Dr. Andreas Mitterlehner, Landespolizeidirektor Andreas Pilsl, AMS-OÖ-Geschäftsführerin Mag. Birgit Gerstorfer, Junge-Wirtschaft-Landesvorsitzenden Mag. Markus Raml und ACADEMIA-SUPERIOR-Geschäftsführer Mag. Ferdinand Kaineder.