Politik als Projektionsfeld

Die Chefredak­teure wichtiger öster­re­ichis­ch­er Tageszeitun­gen haben unter wesentlich­er Mit­beteili­gung der VN einen Appell von 66 anerkan­nten Per­sön­lichkeit­en gegen den poli­tis­chen Still­stand in Öster­re­ich veröf­fentlicht. Damit wollen die Mei­n­ungs­bild­ner ein Zeichen gegen poli­tis­che Zöger­lichkeit und Mut­losigkeit, gegen Pas­siv­ität und Res­ig­na­tion, gegen Dauerblock­ade und Reform­stau set­zen. Sie plädieren für eine dynamis­che und zupack­ende Poli­tik, sprechen aber klar die müde und frus­tri­ert gewor­dene Gesellschaft an.

Tat­säch­lich kann „Auf­bruch“, wie sich die Aktion nen­nt, nur dann zur großen Chance wer­den, wenn sie sich in erster Lin­ie nicht an die Poli­tik­er, son­dern an das Volk, an jeden Einzel­nen von uns richtet. Das eigentliche Prob­lem unseres Staates ist nicht die Poli­tik, die sich gegen der­ar­tige Auf­forderun­gen immer schon als resistent erwiesen hat, son­dern die sich bre­it­machende destruk­tive Men­tal­ität. Selb­stzufrieden­heit, Besser­wis­serei, Kri­tik­sucht und Neid sind keine Ein­stel­lun­gen, mit denen Fortschritte zu erzie­len sind. Mit Raun­z­erei, Wehlei­digkeit, Frem­den­feindlichkeit und Reform­pho­bi­en lassen sich unsere immer größer wer­den­den Bil­dungs- und Arbeits­mark­t­prob­leme nicht lösen. Ver­hin­derungs- und Block­ade­men­tal­ität wer­den die vie­len inno­v­a­tiv­en, kreativ­en und unternehmerisch denk­enden Geis­ter, die es in Öster­re­ich reich­lich gibt, wohl eher vertreiben als motivieren. Und wie wollen wir mit erstar­rter Hochbürokratie, einem inef­fizien­ten Ver­wal­tungsap­pa­rat, mit erstick­enden Regelun­gen und einem immer größer wer­den­den Heer von Frührent­nern gegen die wirtschaftlichen Konkur­renten bestehen?

Die Qual­ität der Poli­tik­er wird von jenen bes­timmt, die sie wählen, und die Art der Poli­tik hängt entschei­dend von der Hal­tung des Wahlvolks ab. Die Poli­tik darf uns nicht nur als Pro­jek­tions­feld für unsere eige­nen (Fehl-)Einstellungen dienen.

Der frühere deutsche Bun­de­spräsi­dent Roman Her­zog hat in ein­er Zeit, in der die Bun­desre­pub­lik im Wirtschafts- und Stan­dor­trank­ing, bei den Arbeit­slosen­zahlen und sozialen Dat­en weit hin­ter Öster­re­ich lag, seinen leg­endären Appell „Ein Ruck muss durch Deutsch­land gehen“ nicht an die Regierung, son­dern an die gesamte Bevölkerung gerichtet. Er hat damit großen Erfolg gehabt, wie der heutige Ver­gle­ich mit unserem Nach­barn, der uns auf allen Lin­ien über­holt hat, schmerzhaft zeigt. Wün­schen wir der so notwendig gewor­de­nen Aktion „Auf­bruch“, dass sie die Erstar­rung der öster­re­ichis­chen Seele tat­säch­lich auf­brechen kann!

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Auf­bruch! 66 öster­re­ichis­che Per­sön­lichkeit­en sprechen sich in ein­er gemein­samen Aktion der Bun­deslän­derzeitun­gen und der „Presse“ für den Wan­del und für eine mutige und zupack­ende Poli­tik aus und auch dafür, die öster­re­ichis­chen Prob­leme endlich deut­lich beim Namen zu nennen.

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