Auch Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats von ACADEMIA SUPERIOR haben sich in die Diskussionen eingebracht und dabei besonders das Maß der Kontrolle bei neuen Technologien, der universitären Ausbildung und der Entwicklung der EU angesprochen.
Kontrolle über Technologie
Die Möglichkeiten, die uns Technologien heute eröffnen, sind überwältigend. Doch Technologien zu verwenden, die wir nicht verstehen, ist extrem gefährlich. Das Grundlagenwissen zu all diesen Fortschritten darf man deshalb nicht an Maschinen delegieren. Wir müssen darauf achten, dass es immer Menschen gibt, die auch komplexe Technologien und Algorithmen verstehen und bei Bedarf reproduzieren können.
Wie viel Kontrolle vom Menschen ausgehen muss und wo künstliche Intelligenz bessere Entscheidungen trifft, ist hingegen nicht eindeutig. Einerseits muss die Technologie der Kontrolle des Menschen unterliegen, ansonsten begeben wir uns in eine gefährliche Abhängigkeit, die uns beim kleinsten Systemfehler als Gesellschaft aushebeln kann. Andererseits gibt es Bereiche, in denen Maschinen den Menschen schlichtweg überlegen sind: zum Beispiel bei der Reaktionszeit. So erscheint es völlig unsinnig, durch Menschen verursachte Unfälle im Straßenverkehr passieren zu lassen, obwohl sie von autonomen Fahrsystemen verhindert werden könnten. Und dennoch fehlen noch das Vertrauen und die gesellschaftliche Akzeptanz für solche Systeme.
Mit Information umgehen lernen
Im Lichte der Diskussionen über Falschmeldungen und fehlende Objektivität in den Medien hat die Frage nach der Wahrheit neue Popularität gewonnen. „Die“ Wahrheit gibt es außer bei Naturgesetzen nicht, denn letztlich kommt es immer auf die Perspektive an. Deshalb ist es so wichtig, bereits früh in der Bildungslaufbahn anzusetzen und Kindern und jungen Menschen beizubringen, wie man mit Information umgeht. Das ist an den Schulen noch zu wenig ausgebaut.
Trump regt uns zum Nachdenken an.
Im modernen Informationszeitalter muss man mittlerweile schon aktiv Maßnahmen setzen, um nicht in medialen „Informationsblasen“ zu verkümmern. Hier gibt es dringenden Handlungsbedarf, denn die Betreiber von sozialen Medien haben keine Anreize, Informationsblasen aufzulösen, und reagieren selbst bei Missbrauch oft viel zu spät. Schließlich sind sie Unternehmen, die ihre eigenen Ziele verfolgen; und diese stehen nicht immer im Einklang mit dem gesellschaftlichen Interesse.
Plädoyer für eine bessere Diskussionskultur
Eine der schlimmsten Begleiterscheinungen der Informationsblasen ist, dass keine echten Debatten mehr geführt werden. Wenn jeder nur mehr in seiner Ansicht bestärkt wird, fehlt die Möglichkeit, sich mit anderen Meinungen auseinanderzusetzen. Es fehlen Impulse, eigene Standpunkte kritisch zu hinterfragen. Das ist ein großer Verlust für die Demokratie. So erklären sich auch politische Subkulturen wie die „Identitären“ oder religiöse Fundamentalisten.
Die Studierenden heute sind viel zu brav.
Sachverhalte dürfen nicht zu Glaubensfragen werden, man muss sich über konträre Auffassungen auf einer sachlichen Ebene austauschen können, ohne dabei untergriffig oder aggressiv zu werden. So eine Diskussionskultur muss aktiv gelebt und eingefordert werden. Das gehört zum Wesen der Demokratie.
Innovation braucht Freiräume
Ist Chaos eine notwendige Voraussetzung für Kreativität und die Erschaffung von Neuem? Da scheiden sich auch die Wissenschaftsgeister. Denn einerseits sind ein kontrolliertes Umfeld und Ruhe wesentlich, um sich ganz auf die Forschung fokussieren zu können, andererseits gibt es Indizien dafür, dass Produktivität besonders aus chaotischen Situationen und äußerem Druck entsteht. Wesentlich ist jedenfalls, dass für kreatives und innovatives Vordenken unter gewissen Rahmenbedingungen größtmögliche Freiräume geschaffen werden müssen.
Das Studium ist zu verschult
Mehr oder weniger Kontrolle ist eine Frage, die auch die Universitäten betrifft. Hier ist in den letzten Jahren beispielsweise in der Lehre eindeutig ein Trend hin zu mehr Regulierungen und weniger Wahlmöglichkeiten für Studierende zu verzeichnen. Einen sanften Übergang aus dem Schulsystem an die Universitäten zu ermöglichen ist zwar durchaus wünschenswert, jedoch darf er sich nicht durch das gesamte Studium ziehen. Der Zugang sollte vielmehr lauten: mehr Wahlmöglichkeiten, dafür hohe Leistungsansprüche. Um den Horizont der Studierenden zu erweitern, wäre auch ein in allen Studien verpflichtendes Auslandsjahr wünschenswert.
Chancen für Europa
Europa steht vor schwierigen Zeiten. Es kommen viele Herausforderungen auf die Europäische Union zu, die auch nach einer neuen Generation von politischen Akteuren verlangen.
Wenn jeder nur nach dem Maximum nationaler Freiheiten strebt, ist die europäische Politik zum Scheitern verurteilt. So darf den anderen EU-Ländern nicht egal sein, was im Mittelmeer passiert, denn es geht uns alle an. Die EU ist eine Gemeinschaft, die auf Zusammenhalt aufbaut. Vielleicht ist nicht mehr, sondern eine bessere Zusammenarbeit der europäischen Staaten der Schlüssel, um aus den Unsicherheiten der weltpolitischen Lage eine Chance für Europa werden zu lassen.