Die Frage, wie mehr inter­na­tionale Tal­ente nach Oberöster­re­ich geholt und diesen ein attrak­tives soziales Umfeld, das zum dauer­haften Bleiben ein­lädt, ange­boten wer­den kann, beschäftigt immer mehr heimis­che Unternehmen. Durch den erwarteten Fachkräfte­man­gel wird diese Prob­lematik für die Wirtschaft in den kom­menden Jahren noch drän­gen­der werden.

Im Rah­men des OÖ Zukun­fts­fo­rums 2019 beschäftigte sich eine von der ACADEMIA SUPERIOR organ­isierte Break­out-Ses­sion mit der Mis­sion der Zuwan­derung hochqual­i­fiziert­er Arbeit­skräfte. Unternehmensvertreter*innen, inter­na­tionale Fachkräfte und Expert*innen aus Bil­dung­sein­rich­tun­gen bracht­en ihre Ideen in kurzen The­menin­puts ein und erar­beit­eten konkrete Maß­nah­men für Unternehmen, Poli­tik und Gesellschaft, um das Arbeit­en in Oberöster­re­ich für aus­ländis­che Fachkräfte noch attrak­tiv­er zu gestalten.

Unternehmen können vieles selbst besser gestalten

Der bairische Experte für Per­sonal­mar­ket­ing Axel Haitzer nahm vor allem die Unternehmen stärk­er in die Pflicht: „Die Dauer von Bewer­bung­sprozessen ist in vie­len Unternehmen zu lange. Per­son­aler soll­ten ver­suchen, die Per­spek­tive der Bewerber*innen einzunehmen um die Prozesse zu opti­mieren. Umfra­gen zeigen, dass ein Wech­sel des Arbeit­splatzes für viele Men­schen eine starke Stress­si­t­u­a­tion ist. Wer diese Prob­lematik entschär­fen kann, hat schon viel erreicht.“

Patrick Hae­big, Brand Man­ag­er im Linz­er Soft­ware-Unternehmen Cat­a­lysts erk­lärte, wie das Unternehmen erfol­gre­ich alter­na­tive Wege gefun­den hat, um neue Mitarbeiter*innen zu gewin­nen: „Wir vergeben jedes Jahr 70 Som­mer­prak­ti­ka und ver­anstal­ten Cod­ing-Con­tests. Das bedeutet viel Arbeit für uns, aber es zahlt sich aus, denn wir kön­nen so viele junge Programmierer*innen auf uns aufmerk­sam machen. Außer­dem fra­gen wir regelmäßig die Bedürfnisse unser­er Mitarbeiter*innen anonym ab. Das hil­ft uns dabei, unsere Fir­menkul­tur weit­erzuen­twick­eln und bringt uns seit vie­len Jahren die Ausze­ich­nung, zu den besten Arbeit­ge­bern Öster­re­ichs zu gehören.“

Unterstützung vom Land OÖ wird ausgebaut

Mar­ti­na Binder-Radinger, MSc., Pro­jek­t­man­agerin im Team des Fachkräfte Ser­vice OÖ in der Busi­ness Upper Aus­tria betonte: „Die Stan­dorta­gen­tur des Lan­des Oberöster­re­ich hat sich mit der Plat­tform Welcome2UpperAustria zum Ziel geset­zt, heimis­che Unternehmen in Zukun­ft noch stärk­er bei der Rekru­tierung aus­ländis­ch­er Fachkräfte zu unter­stützen. Mit dem neuen Pro­jekt Business2Students sollen Unternehmen außer­dem dabei unter­stützt wer­den, mit inter­na­tionalen Studieren­den in Kon­takt zu kom­men. So gewährleis­ten wir, dass sie Oberöster­re­ich als Fachkräfte erhal­ten bleiben.“

Hochschulen als Hebel zum Recruiting internationaler Fachkräfte

Auch die heimis­chen Hochschulen set­zen viel daran, für inter­na­tionale Studierende attrak­tiv zu sein. FH-Prof. Dr. Andreas Zehet­ner, Vice Pres­i­dent Inter­na­tion­al Rela­tions an der Fach­hochschule OÖ führte aus, dass inter­na­tionale Studierende sehr genau die Gesamtkosten eines Stu­dienortes kalkulieren und dabei eine gute Aus­bil­dung, Jobchan­cen und Lebenser­hal­tungskosten ein­beziehen. „Ich ermutige alle Unternehmen, Prak­ti­ka als Recruit­ing­tool stärk­er einzuset­zen. Eine noch inten­si­vere Zusam­me­nar­beit zwis­chen Hochschulen und Unternehmen kön­nte bei vie­len aus­ländis­chen Studieren­den die Entschei­dung für Oberöster­re­ich pos­i­tiv bee­in­flussen“, meinte Zehetner.

O. Univ.-Prof. Dr. Bruno Buch­berg­er, Pro­fes­sor für Com­put­er-Math­e­matik an der JKU und Grün­der des Soft­wareparks und der FH Hagen­berg nahm auch seine Kolleg*innen an den Hochschulen stärk­er in die Pflicht: „Wenn jed­er unser­er 80 Informatik-Professor*innen jedes Jahr fünf inter­na­tionale Studierende nach Oberöster­re­ich bringt, dann sind das 400 Informatiker*innen im Jahr. Das sind die Leute, die nicht nur als Fachkräfte gefragt sind, son­dern von denen auch 10 Prozent Unternehmen grün­den und neue Arbeit­splätze schaffen.“

Der Aufbau einer Community ist zentral

Eine weit­ere Per­spek­tive brachte Gabriele Unter­sperg­er, MEd, Direk­torin der Anton Bruck­n­er Inter­na­tion­al School in Linz in die Diskus­sio­nen ein: „Die Bedürfnisse der Fam­i­lien von inter­na­tionalen Fachkräften wer­den noch zu wenig mitgedacht. Meist fehlen die Ansprech­stellen für Fra­gen des All­t­ags, wie englis­chsprachige Kinderärzte oder inter­na­tionale Schulen. Die Entschei­dung, ob ein neuer Job in einem anderen Land angenom­men wird, wird immer von bei­den Part­nern getrof­fen. Wenn für einen Teil der Fam­i­lie keine attrak­tive Per­spek­tive vorhan­den ist, entschei­den sich die Leute dagegen.“

Eine Ini­tia­tive, die aus­ländis­che Studierende und Absol­ven­ten beim Auf­bau eines sozialen Umfelds unter­stützt, ist der Inter­na­tion­al Grad­u­ates Club in Linz. „Wir bieten sowohl fach­lich inter­es­sante Ange­bote, wie Deutsch- und oberöster­re­ichis­che Dialek­tkurse, als auch zahlre­iche soziale Aktiv­itäten, vom Brettspiel- oder Yogaabend bis zum Bud­dy Pro­gram an,“ erk­lärte der ehre­namtliche Präsi­dent des Vere­ins Endre Sza­sz-Revai, MSc.

Co-Präsi­dentin Dr. Rox­ana Holom sprach offen über teils demüti­gende und frus­tri­erende Erfahrun­gen als aus­ländis­che Fachkraft und plädierte für die Ein­rich­tung von mehr interkul­turellen Begeg­nungszo­nen. Unternehmen gab sie den Tipp: „Eine Fir­ma, die Inter­na­tionale langfristig binden will, sollte unbe­d­ingt eine Ansprech­per­son für auftre­tende Fra­gen definieren. So kann man den neuen Mitarbeiter*innen viel Frust und Stress ersparen.“

Ergebnisse

Die Expert*innen emp­fahlen vor allem Maß­nah­men in den Bere­ichen der Unternehmen­skul­tur, dem sozialen Umfeld und der Unter­stützung bei All­t­agsher­aus­forderun­gen zu set­zen. Hauptziel sollte sein, dass sich inter­na­tionale Fachkräfte am neuen Arbeits- und Wohnort willkom­men fühlen, sie Unter­stützung beim Ein­leben im neuen Umfeld erfahren, rasch in ein soziales Umfeld einge­bet­tet wer­den und Sprach­bar­ri­eren schnell abbauen. Denn nur wenn auch das soziale Umfeld passt, bleiben inter­na­tionale Tal­ente langfristig im Land. Dabei spie­len viele ver­schiedene Hebel zusam­men: Unter­stützung von Unternehmen, Bil­dung­sein­rich­tun­gen und der Ver­wal­tung ist dafür unabdingbar.

Umfrage unter den Teilnehmer*innen des Workshops
Umfrage unter den Teilnehmer*innen des Workshops

„Wenn wir vom Reden stärk­er in die Umset­zung kom­men, dann bin ich überzeugt, dass wir eine pos­i­tive Entwick­lung am Fachkräftemarkt ein­läuten kön­nen. Denn Oberöster­re­ich hat viel zu bieten. Wir müssen uns in Zukun­ft aber noch stärk­er um die soge­nan­nten weichen Stan­dort­fak­toren küm­mern. Sie machen das Land dauer­haft attrak­tiv“, fasst LH-Stv. Mag. Chris­tine Haber­lan­der, Obfrau von ACADEMIA SUPERIOR, die Ergeb­nisse der Ver­anstal­tung zusammen.

Konkrete Empfehlungen der Expert*innen:

  • Ser­vices­tellen für alltägliche Anfra­gen organisieren
  • Englis­chken­nt­nisse an öffentlichen Stellen ausbauen
  • Deutschkur­sange­bote für inter­na­tionale Arbeit­skräfte ausbauen
  • Prak­ti­ka als Recruit­ing-Tool für Unternehmen nützen
  • Ansprech­per­so­n­en für inter­na­tionale Kolleg*innen in den Unternehmen einrichten
  • Infor­ma­tion­splat­tform für Anlauf­stellen und Ange­bote ausbauen
  • Interne Bewusst­seins­bil­dung für Ange­bote in OÖ vorantreiben
  • Förderung für inter­na­tionale Schul- und Stu­di­en­ange­bote in OÖ ausbauen
  • Förder­topf für Inter­na­tionale Ini­tia­tiv­en, bzw. beste­hende Pro­gramme einrichten