Herta Steinkellner beschreibt den Weg zu den Besten aus ihrer eigenen Erfahrung als Weg mutiger Entscheidungen, Leidenschaft und der Suche nach Nischen. Sie war Expertin beim heurigen SURPRISE FACTORS SYMPOSIUM „From Good to Great – Der Weg zu den Besten“ in Gmunden.
Herta Steinkellner im Interview:
Wenn man sich mein Leben, meine Karriere als Reise vorstellt, dann steckte kein Masterplan dahinter. Mein Familienhintergrund hatte nichts mit Wissenschaft am Hut. In dem Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, gab es drei Berufe mit Hochschulbildung: Lehrerin, Anwältin oder Ärztin. Ich entschied mich dazu, Lehrerin zu werden, ging nach Wien und studierte Biologie. Es hätte irgendetwas sein können, also warum nicht Biologie? Als ich studierte, hatte ich Zeit übrig und so verdiente ich mir mit einfachen Arbeiten in einem humangenetischen Labor etwas Geld dazu. Es war Liebe auf den ersten Blick.
Nischen in der Wissenschaft
Zufälligerweise war in dem Labor eine Person, die gerade mit einer neuen Technik in Österreich begann, bei der Zellen von einem menschlichen Körper in einer Petrischale gezüchtet wurden. Ich war so fasziniert davon, dass ich freiwillig an Abenden und Wochenenden ins Labor ging, um die Zellen mit „Futter“ zu versorgen. Plötzlich war ich eine der wenigen Personen in Österreich, die eine aufkommende Technik beherrschte. Ich habe nicht einmal gedacht, dass das schwere Arbeit ist, denn ich tat es gern. Eigentlich fühlte ich mich privilegiert, dass mich jemand dafür bezahlte das zu tun, was ich liebte.
Als die Arbeit am Ebola Virus begann, war das zu einer Zeit, in der sich niemand dafür interessierte. Die meisten großen Firmen gingen in die Krebsforschung und es ergab keinen Sinn, damit zu konkurrieren. Deshalb suchte ich nach Nischen. Es gab bereits eine allgemeine Technologie, die den Transfer von menschlichen Genen auf eine Pflanze ermöglichte, sodass die Pflanze ein menschliches Produkt erzeugte. Als ich anfing, daran zu arbeiten, gab es zwei Gruppen: Man arbeitete entweder in der Molekularmedizin oder mit Pflanzen. Ich konnte diese beiden Themen miteinander verbinden und etwas Neues daraus formen.
„Es geht nicht darum, einen Plan von einer Sache zu haben. Es geht um Neugierde und Leidenschaft.”
Aber die Anwendung dieser Wissenschaft funktionierte innerhalb der europäischen Kultur nicht. Es wird jede Menge Grundlagenforschung in Europa gemacht. Aber die wissenschaftlichen Erkenntnisse in kommerzielle Produkte überzuführen, das ist in Europa völlig out. 2008, als ich mein pflanzenbasiertes Produktionssystem auf internationalen Konferenzen präsentierte, fragten mich zwei US-Amerikanische Firmen nach einer Kooperation. Jetzt ist eine große Produktion vielversprechender Ebola-Medikamente im Gange.
Einer der Gründe, warum ich diese Arbeit so liebe ist, dass sie nicht nur ein fünf-Jahres-Ziel ist. Sie geht über ein Lebensalter hinaus. Wissen und Wissenschaft wachsen von einer Generation zur anderen. Es liegt also eigentlich an allen.
Kreativität und Verantwortung
Teil davon, über den Weg zu den Besten nachzudenken ist es, Barrieren zu erkennen, die Menschen daran hindern, diese Reise anzutreten. Meiner Meinung nach hat in Österreich die Schulbildung eine starke Neigung dazu, eines dieser Hindernisse zu sein. Ich würde das Bildungssystem radikal ändern und den Lehrplan um die Hälfte kürzen. Mit der freien Zeit würde ich Kinder dazu ermutigen, Probleme zu lösen, Lösungen zu erarbeiten und ihre eigene Kreativität zu entwickeln und ihre Talente zu entdecken.
„Wenn wir die Kinder dabei unterstützen, ihre Fähigkeiten zu entdecken, kreative Arbeit zu leisten und ihr Verantwortungsbewusstsein zu entwickeln, wird sich alles andere von selbst ergeben.”
Den Menschen muss auch erlaubt sein, zu scheitern. Wenn in Österreich jemand eine Firma gründet und damit scheitert, liegt ein lange anhaltender negativer Spirit über der Person. Wenn man in den Vereinigten Staaten scheitert, gibt es mehr Möglichkeiten, neu zu starten. Den Menschen wird es ermöglicht, aus Fehlern zu lernen.
Wie kann Österreich von den Guten zu den Besten gelangen? Eine Möglichkeit ist es, wissenschaftliche Leistungen herauszustreichen. Wissenschafterinnen und Wissenschafter sollten wie Skistars behandelt werden, wenn sie gute Resultate erzielen. Sie sollten eine Goldmedaille bekommen und belohnt werden, auch finanziell, um noch besser zu werden. Ich bin tief davon überzeugt, dass Österreich das Potenzial dazu hat, Weltmeister in der Forschung zu werden, wenn wir denselben Strategien folgen, die wir für den Wintersport anwenden.
Zur Person
Molekularbiologin Univ.-Prof. Dr. Steinkellner studierte Biologie und Erdwissenschaften an der Universität Wien, ehe sie zuerst als Dissertantin und dann als Lehrende zur BOKU Wien wechselte. Noch während ihrer Studienzeit arbeitete sie im humangenetischen Labor des Wiener AKH, das ihre Leidenschaft für ihre spätere Arbeit entfachte.
2008 entwickelte Steinkellner in Zusammenarbeit mit weiteren Forscherinnen und Forschern Tabakpflanzen, die menschliche Proteine herstellen. Sie können hochwirksame Antikörper entwickeln und gelten als hoffnungsvoller Therapieansatz im Kampf gegen das Ebola-Virus.
Vor allem aufgrund dieser Leistungen wurde Steinkellner 2014 als Österreicherin des Jahres im Bereich Forschung nominiert. Steinkellner ist an einer Vielzahl an Publikationen in Fachzeitschriften und Sammelwerken sowie an Beiträgen für wissenschaftliche Veranstaltungen beteiligt.