Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sind ein wesentlicher Faktor für den Wirtschaftsstandort Oberösterreich, sie tragen in vielfacher Weise zur Wettbewerbsfähigkeit der oberösterreichischen Wirtschaft bei: „Gerade in der Wirtschaft sind Produktivitätssteigerungen erheblich auf den Einsatz von IKT zurückzuführen”, betonte ACADEMIA SUPERIOR Obmann Mag. Michael Strugl im Rahmen des IKT-Forums „Informations- und Kommunikationstechnologien — Wachstumsmotor für Wirtschaft und Gesellschaft”, zu dem ACADEMIA SUPERIOR — Gesellschaft für Zukunftsforschung gemeinsam mit der Fachgruppe Unternehmensberatung und Informationstechnologie der Wirtschaftskammer OÖ (UBIT) am 22.5. in die Wirtschaftskammer OÖ in Linz eingeladen hat.
Ein Problem ist, dass das Bewusstsein für IKT in der Bevölkerung bisher noch eher gering ausgeprägt ist. Das trägt auch zum Fachkräftemangel in diesem Bereich bei, weil die vorhandenen Ausbildungsmöglichkeiten viel zu wenig genutzt werden, betonte Strugl. Dies hat sich auch in den Dialoggesprächen mit IKT-Unternehmen in ganz Oberösterreich gezeigt, die im Vorfeld zu der Veranstaltung geführt wurden und deren Erkenntnisse ebenso wie die Ergebnisse des IKT-Forums in die Erarbeitung einer Wirtschaftspolitischen Reformagenda für Oberösterreich durch ACADEMIA SUPERIOR einfließen soll.
Oberösterreich steht aber im Hinblick auf IKT im Vergleich mit den anderen Bundesländern sehr gut da: „Wir brauchen uns nicht zu verstecken, mit dem ‚Leuchtturm‘ Softwarepark Hagenberg, der Johannes Kepler Universität und der Fachhochschule sind wir hervorragend aufgestellt und mit dem geplanten IT-Cluster haben wir auch ein wegweisendes Projekt, aber dennoch müssen wir uns einer Reihe von Herausforderungen stellen”. Neben dem Fachkräftemangel nannte Strugl auch die adäquate Finanzierung und Unterstützung von schnell wachsenden IKT-Unternehmen und die Frage der IKT-Infrastruktur als zukünftige Herausforderungen.
Auch DI Wilfried Seyruck, Obmann der Fachgruppe Unternehmensberatung und Informationstechnologie (UBIT) der Wirtschaftskammer OÖ, hob hervor, dass der IKT-Standort im Bundesländervergleich hinter Wien die höchste Anzahl an Beschäftigten im IKT-Bereich aufweist. Außerdem gibt es in Oberösterreich im Gegensatz zu anderen Bundesländern einen wirtschaftlich starken Mittelstand im IKT-Bereich: „Wir haben in Oberösterreich auch viele Software-Produzenten und viele Marktführer, Oberösterreich ist außerdem ein guter Boden für Gründungen von IKT-Unternehmen”, so DI Seyruck. Doch auch er warnte vor einem Fachkräftemangel: „2020, wenn die erste Informatiker-Generation in Pension geht, haben wir einen Supergau”. Der Fachkräftemangel führt dazu, dass viele oberösterreichische Unternehmen Aufträge ablehnen müssten: „Der Fachkräftemangel stellt eine Wachstumsbremse für Oberösterreich dar”. Um den Fachkräftemangel entgegenzutreten, muss es gelingen, mehr Frauen in die IKT zu bekommen. Außerdem muss man insbesondere bei der Ausbildung ansetzen. „Die MINT-Fächer gelten ja immer noch als eine Art Angstfächer”, unterstrich Seyruck.
Mit der Frage, was die besten IKT-Standorte der Zukunft brauchen, befasste sich der Referent des Abends, Tobias Weber, Projektleiter des „Monitoring-Report Deutschland Digital” von der TNS Infratest Forschung GmbH: So bedarf es erstens entsprechender „digitaler Strukturen”, wie etwa der hochwertigen technischen Infrastruktur oder gesetzlicher Rahmenbedingungen, die innovativen IKT-Unternehmen ein optimales Agieren ermöglichen. Zweitens muss man beim „Digitalen Wissen” ansetzen, um über entsprechende Aus- und Weiterbildungsangebote bzw. der Attraktivität dieser Angebote eine ausreichende Verfügbarkeit von Humanressourcen zu gewährleisten. Drittens müssen auch — oftmals höchst innovative und schnell wachsenden — „digitale Geschäftsmodelle” forciert werden, so Weber. An Akzeptanz und Verbreitung von neuen Technologien und Anwendungen, dem Finden der besten Köpfe, Clusterbildung und Venture Capital, schnelle Marktreife von neuen Produkten, die Verzahnung von Innovationen und Geschäftsmodellen, einem ausgeprägten Entrepreneurship, der Konzentration auf Wachstumsfelder sowie ein internationales Standortmarketing führt jedenfalls kein Weg vorbei.
In einer Podiumsdiskussion befassten sich Wirtschaftslandesrat Viktor Sigl, Univ.-Prof. Dr. Erich Peter Klement, Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von ACADEMIA SUPERIOR, Mag. Eveline Pupeter-Fellner, CEO emporia Telecom, Univ.-Prof. Dr. Bruno Buchberger, Leiter des Softwareparks Hagenberg und DI Bernd Greifeneder, CTO der dynaTrace software GmbH, mit den Potentialen und Perspektiven des IKT-Standortes OÖ. Wirtschaftslandesrat Sigl berichtete, dass die Vorbereitungen zur Gründung des oberösterreichischen IT-Clusters auf Hochtouren laufen und dieser entweder schon im Herbst 2012 oder spätestens im Jänner 2013 seine Arbeit aufnehmen soll. Für Prof. Klement kann durch den IT-Cluster insbesondere die Zusammenarbeit zwischen Forschung und KMU aus dem IKT-Bereich intensiviert werden.
Univ.-Prof. Buchberger hob hervor, dass der Softwarepark Hagenberg als eine Art Spin-Off der JKU ein Beispiel für die enge Verzahnung von Grundlagenforschung bis zur Wirtschaft darstellt. Als wesentliche Ansatzpunkte für den Standort Oberösterreich sieht er die „Innovationsspirale aus Forschung, Ausbildung, Wirtschaft und Kapital, aus der Wachstum generiert werden kann”. „Und diese Spirale müssen wir um ein fünftes Element, den ‚Lifestyle‘, erweitern” so Buchberger. Oberösterreich muss ein so attraktives Klima schaffen, dass junge Menschen zu uns kommen und hier bleiben. Buchberger: „Begeisterte junge Menschen durch die Kombination Technik/Lifestyle nach Oberösterreich bringen, das muss unser Ziel sein.”
DI Greifeneder betonte, dass oft Ziel- und Zeitkonflikte zwischen Forschungseinrichtungen und Unternehmen bestehen, denn letztere „müssen schnell in den Markt gehen”. Die Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen erfolgt daher auch konsequenterweise bei eher längerfristigen, nicht dringlichen Forschungsthemen. „Bei den dringenden Themen nehmen wir die Forschung selbst in die Hand”, so Greifeneder.
LR Sigl betonte bezüglich IKT-Infrastruktur, dass mit der oberösterreichischen Breitbandinitiative bereits wichtige Akzente gesetzt werden konnten. Hinsichtlich des Anschlusses von Unternehmen an das Glasfasernetz ist er sowohl bezüglich der Realisierung als auch der Kosten zuversichtlich.
In Bezug auf die IKT-Kompetenz waren sich Mag. Pupeter-Fellner und Prof. Klement einig darin, dass dies v.a. die ältere Bevölkerungsschicht betrifft, die mit IKT bisher wenig Kontakt hatte und daher auch bestimmte Hemmungen in diese Richtung hat. Prof. Klement ortete in diesem Zusammenhang auch eine soziale Dimension des Problems, verstärkt doch ein Mangel an IKT-Kompetenz die Vereinsamung und den Ausschluss von älteren Personen zusätzlich. Daher muss man bei den älteren Generationen „jedenfalls noch vor der Pension beginnen, sie mit IKT-Grundkompetenzen auszustatten”.