Die Corona-Krise hat den Internetverkehr in den letzten Monaten stark ansteigen lassen. Home-Office, Home-Schooling und die vermehrte Nutzung von Streamingdiensten brachten so manchen Internetanschluss an die Auslastungsgrenze. Viele Menschen klagten in der Folge über schlechte Verbindungen.
Letzte Meile als Knackpunkt
Der regionale Internet-Knoten Vienna Internet eXchange veröffentlicht aktuelle Grafiken zum Datenverkehr über seinen Internet Exchange Point. Die Grafik für die letzten Monate zeigt den Anstieg des Datenvolumens im März 2020 deutlich und die langsame Normalisierung im April und Mai. Im Schnitt ist der Datenverkehr an diesem Knoten seit 10. März 2020 um 20% angestiegen.
Ähnlich wie bei diesem regionalen Datenknoten stieg auch der Internetverkehr bei allen anderen Anbietern in Österreich – und Europa – an. Die regionalen und internationalen Datenknotenpunkte hatten aber keine Probleme, mit dem Pandemie-bedingten Anstieg des Datenverkehrs umzugehen, sie konnten ihre Bandbreiten ohne größere Probleme anpassen.
Besonders durch die Situation, dass viele Menschen im März und April kaum oder gar nicht arbeiten konnten, und gleichzeitig viele Freizeitangebote wegfielen, stieg der Videokonsum über das Internet stark an. Dies brachte einen hohen Datenverkehr mit sich – und da viel mehr Menschen als üblich gleichzeitig im Netz aktiv waren, traten oft Übertragungsprobleme auf.
Der kritische Punkt der Infrastruktur liegt auf der „letzten Meile“ vor dem Endverbraucher, bzw. am letzten lokalen Internetknoten vor den Kunden. Schwache Datenkabel in die Gebäude selbst und zu gering ausgestattete lokale Internetknoten (das sind z.B. die großen grauen Kästen, die Netzbetreiber an den Straßenrändern in Siedlungen installieren) führten zu Überlastungen des Netzwerkes.
Glasfaser-Ausbau
Der Vergleich zeigt: Bei der Glasfaser-Infrastruktur ist Österreich europäisches Schlusslicht. Nirgendwo sonst in Europa haben so wenig Gebäude einen Anschluss an das Glasfasernetz, die Grundlage für leistungsfähiges und schnelles Internet.
FTTH = Fibre to the Home
FTTB = Fibre to the Building
Oberösterreich führend beim Ausbau
Erfreulicherweise ist die Ausbau-Dynamik in Oberösterreich stärker als im österreichischem Durchschnitt: Seit dem Jahr 2014 wurden, bzw. werden durch laufende Projekte, in Österreich 426.200 Wohnsitze mit Glasfaser versorgt — davon entfallen alleine auf Oberösterreich 200.700 Wohnsitze.
5G als Alternative zum Kabel?
Einige Internetanbieter setzen als Alternative zum Glasfaserkabelausbau bereits auf den Mobilfunkstandard 5G als Basis für kabelloses mobiles Internet mit hohen Bandbreiten auch in Gebäuden. 5G bietet für die Provider eine kostengünstigere und (vielleicht) flexiblere Alternative zur flächendeckenden Breitbandversorgung als der Ausbau des Glasfasernetzwerkes. Auch weil sich mit 5G die gleichen Geschwindigkeiten erreichen lassen wie bei einer Glasfaserleitung.
Allerdings sind dafür trotzdem Glasfaserleitungen zu den einzelnen Funkmasten notwendig – von denen wiederum viel mehr nötig sein werden als bisher, da sie in kürzeren Abständen aufgestellt werden müssen. Auch zweifeln einige Experten, ob das Mobilfunknetz in Spitzenzeiten nicht trotz 5G an seine Grenzen geraten könnte. Gleichzeitig wird sich dadurch voraussichtlich der Energieverbrauch deutlich erhöhen – weshalb hier Daten- und Energieinfrastruktur konzertiert ausgebaut werden sollten.
Die vergangenen Monate haben einmal mehr gezeigt: Eine effiziente und flächendeckende Breitband-Infrastruktur ist nicht nur wirtschaftlich notwendig, sondern auch gesamtgesellschaftlich ein wichtiger Standortfaktor für die Zukunft. Gleichzeitig erhöht eine leistungsfähige Internet-Infrastruktur die Krisenresilienz Österreichs deutlich – man stelle sich nur die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie ohne Internet und Smartphones vor.
Die Schaffung und der Ausbau der dafür nötigen Infrastruktur ist eine der wesentlichen Herausforderungen für die Zukunft.
Insights
Dieser Artikel ist Teil der Reihe Insights. ACADEMIA SUPERIOR bietet damit spannende Ein- und Ausblicke zu wichtigen Themen: relevant, kurz und anschaulich.
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