Trotz Krise und Pandemie müssen zukunftsorientiere Diskussionen in Oberösterreich weitergeführt werden. ACADEMIA SUPERIOR und der Verein Frauen im Trend diskutierten in der ersten women4future Veranstaltung seit Beginn der Pandemie mit zwei außergewöhnlichen Frauen über „Gesundheit und andere Herausforderungen“.
Als Impulsgeberinnen eingeladen waren Gertrude Schatzdorfer-Wölfel (Geschäftsführende Gesellschafterin Schatzdorfer Gerätebau) und Brigadier DDr. Sylvia Sperandio, MBA (Leiterin des Militärischen Gesundheitswesens).
Frauen beeinflussen Arbeitsumfeld positiv
Gertrude Schatzdorfer-Wölfel übte zwölf Jahre lang den Beruf der Kindergartenpädagogin aus bevor sie die Gerätebaufirma ihres Vaters übernahm. Seither wuchs die Belegschaft des Unternehmens von 30 auf 70 Mitarbeiter*innen. Eine der Visionen, die Schatzdorfer-Wölfel von Beginn an hatte, war: eine enge Beziehung zu ihren Mitarbeiter*innen aufzubauen und mehr Frauen in das Metallbauunternehmen zu holen. Die sind mittlerweile in allen Abteilungen zu finden und machen 21 Prozent der Belegschaft aus. „Gemischte Teams funktionieren einfach viel besser, das ist durch zahlreiche Studien belegt“, zeigte sich die Unternehmerin bestätigt.
Denn jede Frau, die aufsteht, steht nicht nur für sich selber auf. Die steht immer auch für andere auf — Gertrude Schatzdorfer-Wölfel
In dem Zusammenhang ermutigt Schatzdorfer-Wölfel ganz gezielt: „Es geht auch darum, dass wir einfach aufstehen, dass wir Dinge sagen, die uns wichtig sind, dass man uns hört und sieht. Und dafür können wir uns jeden Tag entscheiden. Denn jede Frau, die aufsteht, steht nicht nur für sich selber auf. Die steht immer auch für andere auf. Das muss uns bewusst sein,“ so die erfolgreiche Unternehmerin.
Brigadier DDr. Sylvia Sperandio, MBA ist heute Leiterin des Militärischen Gesundheitswesens und war vor über 20 Jahren eine der ersten Frauen und die erste Offizierin beim österreichischen Bundesheer. Ein höherer Frauenanteil tut dem Heer gut, ist auch sie überzeugt: „Aus internen Umfragen wissen wir, dass die Kommandanten, die schon länger Frauen in ihren Einheiten haben, sie sehr schätzen. Sie sind sehr leistungsorientiert und loyal. Und Frauen verändern die Struktur des Arbeitsumfeldes beim Heer in eine positive Richtung.“
Frauen haben oft einen ganzheitlicheren Blick auf die Dinge, meinte Sperandio und plädierte dafür, dass auch bei internationalen Hilfseinsätzen mehr Frauen in Führungspositionen integriert werden: „Ich bin bis heute die einzige Frau, die für Österreich bei UN-Hilfseinsätzen in Führungsposition in den Einsatz geht, weil zum Beispiel auch Hilfsorganisationen Frauen leider immer noch nicht in diesen Positionen haben beziehungsweise sie dorthin lassen.“
Gesunde Arbeitswelt und Eigenverantwortung in der Pandemie
Seit Beginn der Corona-Pandemie ist das Arbeitspensum der beiden MUTmacherinnen sehr herausfordernd. Gertrude Schatzdorfer-Wölfel beschrieb vor allem die ersten Wochen der Pandemie als persönlich extrem anstrengend: „Die Leute im Unternehmen erwarten von mir, dass ich weiß, wo es hingeht. Das wusste ich aber auch nicht und konnte nur kleine Schritte setzen“, so Schatzdorfer-Wölfel. Ihr war bewusst, dass ihre Hallen nicht stillstehen sollten, denn „wir sind ein Zuliefererbetrieb, auch für Produzenten medizinischer Geräte. Wenn wir nicht mehr liefern, stehen Tausende andere Arbeitsplätze still. Ich habe meinen Leuten immer gesagt: Ihr seid wichtig. Genauso wichtig wie Pflegerinnen und Pfleger.“
Gleichzeitig ist sie sich auch sicher: „Erfolgreiche Unternehmen haben gesunde Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und die haben auch einen Anspruch auf ein gutes und gesundes Arbeitsumfeld. Aber die Leute müssen die angebotenen Arbeitsschutzmittel auch eigenverantwortlich benützen. Und bei der Eigenverantwortung haben wir in Österreich noch Luft nach oben“.
Bei einer Pandemie ist es mit der Eigenverantwortung schwer. — Sylvia Sperandio
Auch das Bundesheer steht in diesem Bereich vor Herausforderungen, wie Sylvia Sperandio ausführte: „Wir bieten als Arbeitgeber an, dass jeder Mitarbeiter eine Stunde Sport pro Tag machen kann – in der Arbeitszeit. Aber das wird kaum genützt. Und auch bei den Grundwehrdienern zeigen sich oft ungesunde Verhaltensmuster. „Es ist schwierig für uns, etwas zu richten, was vorher 18 Jahre lang schief gelaufen ist. Gesundheitskompetenz ist ein gesamtgesellschaftlicher Bildungsauftrag“, ist Sperandio überzeugt.
Hinsichtlich der Diskussion zur Eigenverantwortung in der Pandemie hat Sperandio eine klare Einstellung: „Bei einer Pandemie ist es mit der Eigenverantwortung schwer. Man kann nicht erwarten, dass jeder Überblick über den aktuellen Forschungsstand hat. Hier kann man kaum als Laie selbst entscheiden, was sinnvoll ist und was nicht. Umso wichtiger ist, dass die Bevölkerung auf das hört, was an Regelungen vorgegeben wird. Das bedeutet aber nicht, dass man Maßnahmen nicht auch hinterfragen sollte.“ Was die Gesundheitsexpertin in der Öffentlichkeit vermisst ist der akademische interdisziplinäre Expertendiskurs zu diesem Thema.
„Gerade in Ausnahmezeiten ist es besonders wichtig, Mut zu fassen und – mit Bedacht und der gebotenen Umsicht – mutige Entscheidungen zu treffen und sich gegenseitig zu ermutigen“, umriss Dr. Claudia Schwarz, Geschäftsführerin von ACADEMIA SUPERIOR, die Motivation zur Veranstaltung. Auch Claudia Durchschlag, Obfrau von Frauen im Trend, zeigte sich überzeugt: „MUTmacherinnen braucht es immer, besonders aber jetzt. In diesem Sinne ist es LH-Stv. Mag. Christine Haberlander, Obfrau von ACADEMIA SUPERIOR, ein großes Anliegen, weiterhin MUTmacherinnen vor den Vorhang zu holen und als Vorbilder für andere zu präsentieren.
Die Veranstaltung wurde durch die Unterstützung der Energie AG Oberösterreich möglich gemacht.