Wie hängen Ernährung und Gesundheit zusammen, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen? Und wie wirkt sich das auf die Gesundheit unserer Gesellschaft aus?
Ernährungsbedingte Erkrankungen wie Adipositas, Arteriosklerose, Herz-Kreislauferkrankungen, Bluthochdruck, chronische entzündliche Darmerkrankungen, manche Formen von Krebs, Diabetes, Feststoffwechselerkrankungen oder Gallensteinleiden nehmen zu. Daher ist Wissensvermittlung über den Zusammenhang zwischen Ernährung und Gesundheit in der Gesellschaft ein Gebot der Stunde.
Bei Lebensmitteln gilt: Wer weiter denkt, kauft näher ein – Max Hiegelsberger
Das Ernährungsforum Eferding, das im Oktober 2017 das erste Mal im Schloss Starhemberg in Eferding durchgeführt wurde, hatte den Schwerpunkt Ernährung bei Kindern, Adipositas und Wissensvermittlung in den Schulen. Univ.-Prof. Dr. Kurt Widhalm und Univ.-Prof. Dr. Daniel Weghuber sprachen über die Thematik Kinder und Adipositas; Dr. Manuel Schätzer und FH-Prof. Dr. Jutta Möseneder zeigten Wege zur praktischen Vermittlung von Ernährungswissen an Schulen; Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Ardelt-Gattinger klärte über die Psychologie des Ernährungsverhaltens auf; und Univ.-Prof. Dr, Cem Ekmekkcioglu trug über Fast Food aus medizinischer Sicht vor.
Die Herausforderung
Der Weltgesundheitsorganisation zufolge ist innerhalb Europas der Verlust vieler „Lebensjahre in Gesundheit“ häufig Erkrankungen zuzuschreiben, bei deren Entwicklung Ernährung eine bedeutende Rolle spielt. Relevant sind vor allem Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen sowie Diabetes Typ 2. Prävention spielt gerade bei nicht chronischen Krankheiten eine entscheidende Rolle. Neben der ungesunden Ernährung zählen aber auch Bewegungsmangel, Rauchen und Alkohol zum „tödlichen Quartett“.
Was wir essen und wie viel davon, wirkt sich auf die Gesundheit aus – vor allem auf Stoffwechsel, Herz und Blutgefäße. Einige Inhaltsstoffe von Lebensmitteln können dabei helfen, das Risiko für verschiedene Erkrankungen zu reduzieren. So üben Vitamine und Mineralstoffe, Ballaststoffe oder Omega‑3 Fettsäuren einen positiven Effekt auf die Gesundheit aus. Andere Inhaltsstoffe der Nahrung hingegen, wie tierische Fette oder Salz, fügen der Gesundheit bei überhöhter Zufuhr Schaden zu.
Vom Übergewicht, der Ursache vieler ernährungsbedingter Krankheiten, sind alleine in Österreich ca. 800.000 Personen betroffen, davon sind 80.000 krankhaft übergewichtig. Besonders alarmierend ist die Entwicklung bei Kindern und die sprunghafte Steigerung der letzten Jahre.
Übergewicht ist das zentrale Gesundheitsproblem Europas. Und wir sind weit von einer Lösung entfernt – Kurt Widhalm
Diabetes Typ 2 hat sich in den letzten Jahren zu einem der größten medizinischen Probleme entwickelt. Heute sind ca. 300 Millionen Menschen weltweit betroffen. In Österreich sind es etwa 600.000.
Die Begleiterscheinungen und Komplikationen des Typ 2 Diabetes wie Schlaganfall, Bluthochdruck, Nierenversagen, Augenveränderungen, Infektanfälligkeit, Haut- und Nervenerkrankungen, Durchblutungsstörungen und Herzinfarkt nehmen stark zu. Die häufigste Ursache für die epidemische Ausbreitung von Diabetes ist das Übergewicht, bedingt durch falsche und übermäßige Ernährung sowie mangelnde Bewegung. Einige Fakten über Diabetes: In Österreich sterben 10.000 Menschen im Jahr an den Folgen von Diabetes. Jedes Jahr werden 2.500 Amputationen an Patienten mit Diabetes vorgenommen, 62% aller Amputationen. Jedes Jahr erblinden 200 Menschen in Österreich an den Folgen von Diabetes bzw. 300 Menschen werden wegen ihres Nierenversagens aufgrund von Diabetes dialysepflichtig.
Genug Gründe um sich tiefer mit dieser Problematik zu beschäftigen. Das Ernährungsforum Eferding setzte dazu einen ersten Schritt.
Kernaussagen der Expertinnen und Experten
Bei vielen Erkrankungen ist eine gezielte Ernährungstherapie wirksam, die oft wirksamer als eine Behandlung mit Medikamenten ist. In den Fällen, bei denen eine Ernährungstherapie nicht wirksam ist, sollten Medikamente eingesetzt werden, jedoch die Ernährungstherapie ergänzend durchgeführt werden.
Die Prävention von Übergewicht ist möglich, das günstigste Alter ist wahrscheinlich der Zeitraum um das 10. Lebensjahr, wobei eine kombinierte Intervention im Bereich Ernährung und körperlicher Aktivität Voraussetzung ist
Die Einbeziehung der Eltern, Lehrer usw. ist von großer Bedeutung und die Intervention sollte zeitlich nicht beschränkt sein. Eine wesentliche Bedeutung haben Kinder- und Schulärzte. Bei jeder Untersuchung sollte der Ernährungszustand ermittelt werden bzw. jeder Kinderarzt sollte ein Gewichts- und Präventionsprogramm unter diätologischen und psychologischen Aspekten entwickeln. Kinderärzte sollten verstärkt in Ernährungsmedizin ausgebildet werden.
Früh erlernte Ernährungsmuster bleiben bis in das Jugend- und Erwachsenenalter bestehen. Das Erlernen gesunder Ernährungsgewohnheiten ist essentiell für Prävention chronischer nichtübertragbarer Erkrankungen im späteren Leben. Interventionen im Säuglingsalter (Familiensetting) und Kleinkindalter (Kindergartensetting mit Familieneinbindung) haben einen günstigen Effekt auf Ernährung und körperliche Fitness. Stillen ist mit niedrigerem Adipositasrisiko assoziiert. Verbote und übermäßige Kontrolle sind bei Übergewichtigen kontraproduktiv.
Adipöse gehören zu den am stärksten stigmatisierten Gruppen in unserer Gesellschaft – Elisabeth Ardelt-Gattringer
Dicke Kinder sind aufgrund ihres Körpergewichts häufig nicht nur Mobbing ausgesetzt, sondern sie werden auch in der Schule seltener gut benotet und kommen seltener ins Gymnasium als normalgewichtige. Intelligenz, soziale Herkunft und der Bildungsstand der Eltern beeinflussen diesen Zusammenhang nicht. Wesentlicher Grund sind Anfeindungen, die den Selbstwert der Kinder bedrohen und ihren Glauben in die eigene Leistungsfähigkeit hemmen. Psychologen empfehlen, zuerst den Selbstwert zu heben und dann günstige Ernährung und den Spaß an der Bewegung zu forcieren. Dabei sollte das Lieblingsessen im Vordergrund stehen, aber ernährungsphysiologisch günstiger zubereitet werden.
Ein wichtiges Thema war, Wissen in Schulen und in Kindergärten zu verbreiten. SIPCAN, eine Initiative für gesundes Leben, vermittelt einerseits Risikobewusstsein für ungesunde Lebensweisen aber auch Motivation zu einer gesunden Lebensführung. Im Fokus stehen Programme und Möglichkeiten, wie in Schulen eine verbesserte Versorgung möglich ist. Dabei wurde auch der Trink- und Jausenführerschein vorgestellt sowie viele Maßnahmen, die in Schulen durchgeführt werden können, wie Integration des Themas Ernährung in das Fach Biologie, Zurverfügungstellung kompletter Unterrichtsbausteine für Pädagogen, Schülern und Eltern oder Schulungen für Pädagogen. Eine besondere Herausforderung besteht darin, gerade Kindergartenkindern das Thema Ernährung näher zu bringen. Dazu wurden im Rahmen der Veranstaltung Spiele vorgestellt, die es ermöglichen, Kindern mehr über Ernährung zu vermitteln. Die beiden Spiele NutriDuo und NutriMove und wurden an der Fachhochschule St. Pölten entwickelt.
Dass Ernährung nicht nur „dick“ macht, sondern auch eine Vielzahl von Zivilisationskrankheiten mitbestimmt, wurde in einem weiteren Vortrag sehr deutlich. Bluthochdruck und die damit verbundenen kardiovaskulären Erkrankungen sowie Diabetes sind nur zwei wesentliche Vertreter. Es wurde auch sehr klar angesprochen, dass Bluthochdruck, Diabetes, koronare Herzerkrankungen und Adipositas durch Ernährungsumstellungen behandelt werden können. An Übersichtsstudien wurde gezeigt, welche Nahrungsmittel sehr wesentlich zu Gewichtszunahme führen, dies sind Snacks, wie z. B. Kartoffelchips, Limonaden, verarbeitetes Fleisch oder Süßigkeiten. Dagegen haben Früchte, Vollkornprodukte, Nüsse oder Joghurt einen positiven Effekt auf das Gewicht. Wie sich Fastfood auf das Körpergewicht auswirkt, wurde in einer kleinen Studie dargestellt. Dabei aßen 18 Medizinstudenten zwei zusätzliche Portionen an Fastfood, wodurch das Gewicht nach vier Wochen um 6 kg und der Bauchumfang um 6 cm stieg.