Welche „Fragen an die Zukunft” junge Menschen in Start-Ups beschäftigen, war Thema in zwei Fokusgruppen in der Startrampe der Sparkasse in der Tabakfabrik Linz. Dabei gestaltete sich die Diskussion als überraschend vielfältig, gesellschaftskritisch und inhaltlich erstaunlich offen.
Was mich wirklich überrascht hat ist, wie schnell die technologische Veränderungen voranschreiten.
Welche Entwicklungen der vergangenen 10 Jahre haben Sie überrascht?
Als „Surprise Factors” der letzten 10 Jahre identifizierten die jungen Geschäftsleute unter anderem die Schnelligkeit technologischer Veränderungen und der Digitalisierung, die große Verbreitung „alternativer Fakten” z.B. in Zusammenhang mit der Klimakrise, die Smartphone-Revolution, die rasche Entwicklung eines Covid-19 Impfstoffs, globale Abhängigkeiten, die durch die Coronakrise so sichtbar geworden sind, die schwindende Bedeutung der EU, der Vormarsch Chinas, die Wahl von Präsident Trump und der Brexit oder die E‑Mobilitätsrevolution getrieben durch Tesla.
Ich wünsche mir mehr Möglichkeiten zur Talenteförderung.
Was würden Sie in Ihrer Umgebung gerne verändern?
Wenn Finanzen und Strukturen keine Rolle spielen würden, so wünschten sich die jungen Unternehmer*innen in ihrer unmittelbaren Wohnumgebung etwa ein Startbudget für alle Gründer*innen (geknüpft an Voraussetzungen wie eine einschlägige Ausbildung oder Erfahrung), Erleichterungen im Zusammenhang mit Anstellungen ausländischer Mitarbeiter*innen (Visum, E‑Residency), mehr berufsbegleitende Studienmöglichkeiten, ein besseres Infrastrukturnetz für Waren und Personen, ein komplett neues Verkehrs- und Raumordnungskonzept für Linz, ein digitales Amt, einen fruchtbareren Boden für Innovator*innen, Co-Living Konzepte, eine verbesserte Fehlerkultur, Zugang zu Risikokaptial oder Talenteförderungsprogramme bzw. Mentorings speziell für junge Menschen.
Wir brauchen eine echte Kostenwahrheit, wo auch Themen wie der Ressourcenverbrauch und soziale Kosten mit einbezogen sind.
10 Jahre in die Zukunft gedacht …
Beim Blick in die Zukunft wünscht sich die Runde eine Kostenwahrheit in Bezug auf Umweltfaktoren und soziale Kompetenzen, etwa in Form einer „Wallet” für jede und jeden Endverbraucher*in. Was dringend vonnöten ist, sind wirtschaftliche Anreize für Unternehmen, nachhaltig zu agieren. Insgesamt erhofft man sich für die Zukunft mehr gesellschaftliches Engagement und dass neben dem Geld auch andere Werte an Bedeutung gewinnen. Circular Economy und das Nutzen von vermeintlichen Abfallprodukten für andere Produkte stehen ebenso hoch im Kurs wie der Zugang zu Risikokapital und die Etablierung einer wertschätzenden Fehlerkultur.
Ganz hoch im Kurs stehen auch die Gleichberechtigung und insgesamt das Schließen von Gaps in Bezug auf Geschlecht, Klasse, Ethnie oder soziales Vermögen. Man wünscht sich allgemein einen Mindset-change in Bezug auf die Klimakrise und das soziale Auseinanderdriften der Gesellschaft. Als wesentliche Bereiche für nachhaltige Reformierungen werden auch das Bildungssystem, das Gesundheitssystem und manche staatlichen Einrichtungen identifiziert.
Was kann man gegen die zunehmende Verrohung der Gesellschaft unternehmen?
Top „Fragen an die Zukunft” aus der Diskussion mit Start-Ups
- Was ist zu tun, damit die Verrohung der Gesellschaft abnimmt?
- Wer pflegt die ältere Gesellschaft – und wie?
- Wie können wir Bewusstsein und Veränderung für Umwelt und Klima schaffen?
- Welche strukturellen Veränderungen braucht es, um den Staat Österreich zukunftsfit zu gestalten?
- Wie gelingt es, Zugang zu mehr Risikokaptial für junge Unternehmen zu schaffen?
- Wie können wir berufliche Gleichberechtigung sicherstellen, wenn die „Care-Arbeit“ und Karenzmodelle nicht zeitgemäß gestaltet sind?
- Wie kann man Bildung (Kinder und Erwachsene) neu organisieren, damit jeder Mensch die wissenschaftlichen Grundprinzipien versteht und somit die Qualität von Information beurteilen kann und Teil unserer Wissensgesellschaft sein kann?
- Wie können wir das Bildungssystem reformieren, um eine sozial gebildetere Gesellschaft zu entwickeln?
- Wie können wir das Talent jedes/jeder Einzelnen erkennen und fördern?
- Wie können wir Menschen empowern, dass sie ihre eigene Situation verbessern und ihr Leben nach ihren Wünschen und Träumen gestalten können?
- Wie schaffen wir ein Miteinander (Füreinander) statt Gegeneinander?
- Wie etabliert man eine positive Fehlerkultur?
- Wie gelingt es uns, Menschen für Unternehmertum zu begeistern?
- Wie gelingt es uns, Menschen weg von der Vollkasko-Mentalität und hin zu mehr Selbstverantwortung zu bekommen?
In den beiden Fokusgruppen haben mitdiskutiert:
- Florian von Carployee
- Markus von HelloSophia
- Eva von Bits and Bobs und Wepodit
- Bernhard von Afreshed
- Franz von Mixteresting
- Lukas von Vereinsplaner
- Michael von Opunity
- Klaus von Vresh