Bei einer Fokusgruppe formulierten Führungskräfte aus der Wirtschaft ihre Fragen an die Zukunft zu den Themen Bildungsgerechtigkeit, Bildungssystem und zur Verbindung von Bildung und Wirtschaft. Die Diskussion fand in Kooperation mit Teach for Austria OÖ im Rahmen des Teach for Austria Aktionsmonats zum Thema „Bildungsgerechtigkeit“ am Innovationshauptplatz Linz statt.
Bildung und die Gesellschaft
Der individuelle und gesellschaftliche Wert von Bildung kann nicht überschätzt werden. Doch wie vermittelt man den Wert von Bildung an jene Menschen, die das nicht so sehen? Gerade in den letzten Jahren verstärkt sich der Eindruck, dass die Bildung zunehmend an Wertigkeit verliert. Seit der Finanzkrise 2008 scheint die Welt von einer Krise in die nächste zu schlittern, die Polarisierung und Radikalisierung in den Gesellschaften nimmt zu, die Perspektiven für das eigene Leben sind zunehmend ungewiss. Das trübt den Zukunftsoptimismus, besonders auch bei jungen Menschen. Wer seinen Glauben an eine positive Zukunft verliert, verliert auch den Glauben an die positive Kraft von Bildung.
Aber gerade eine Bildung, die Zuversicht, Leistungsfreude, Solidarität und ein grundlegendes Verständnis über die Funktionsmechanismus unserer Welt vermittelt, ist auf mehreren Ebenen ein wirksames Werkzeug gegen diese Entwicklung. Ein zentraler Punkt hierfür ist ein Bildungssystem, das soziale Durchlässigkeit fördert und in dem alle die Chancen und Möglichkeiten vorfinden, ihre persönlichen Talente und Stärken bestmöglich zu entwickeln. Dementsprechend ist das Ziel, die (Aus-)Bildungsqualität auf allen Ebenen und für alle zu verbessern. Ein besonderes Augenmerkt sollte dabei auf jene Bereiche gelegt werden, wo heute bereits offensichtlich ist, dass zu viele Jugendliche sich von Bildung und Ausbildung verabschieden und wo grundlegend nötige Kompetenzen nicht mehr ausreichend vermittelt werden können.
Bildung und die Wirtschaft
Für viele Unternehmen ist bereits heute die Bildung bzw. die Ausbildungsqualität potenzieller Mitarbeiter:innen ein limitierenden Faktor für das eigene Unternehmenswachstum. Oft hört man Klagen, dass das Niveau von Bewerber:innen oder von Lehrabschlussprüfungen in den letzten 10 Jahren stark abgefallen sei. Schon aus Eigeninteresse engagieren sich daher immer mehr Unternehmen im Bildungsbereich und versuchen positive Initiativen zu setzen. Mitarbeiter:innen gelten heute zumeist nicht mehr als Kostenfaktor, sondern als Erfolgsfaktor. Angesichts der demografischen Entwicklungen und der globalen Konkurrenz werden gute Mitarbeiter:innen zu einem immer wichtigeren Standortfaktor. Auf Potenziale zu verzichten und Menschen aufgrund fehlender Chancengerechtigkeit im Bildungssystem zurückzulassen, kann und sollte man sich deshalb keinesfalls leisten.
Die aufgeworfenen Fragestellungen
Bildungsgerechtigkeit
- Wie können wir mit den „sozialen Brennpunktschulen“ in Zukunft besser umgehen?
- Wie bekommt man die besten Lehrkräfte in Brennpunktschulen?
- Wie kann die Bildungsschere in der Gesellschaft geschlossen werden?
- Wie holen wir die Jugendlichen, die es schwer haben im Leben, rechtzeitig ab, damit sie nicht aus dem Bildungssystem fallen?
- Wie machen wir unser Bildungssystem für finanziell und sozial schwache Familien durchlässiger?
- Wie überwinden wir die Spaltung der Gesellschaft?
- Wie gelingt eine frühe Integration von Kindern mit Migrationshintergrund im Sinne einer aufrichtigen Inklusion?
- Wo sind eigentlich die Jugendlichen, die nicht in Ausbildung sind oder arbeiten?
- Warum verliert unser (Aus-)Bildungssystem Jugendliche?
Bildungssystem
- Wie gelingt es, Jugendliche im Bildungssystem wieder breiter zu integrieren und zu erreichen?
- Wie holen wir die Jugendlichen ab, die den Wert von Bildung nicht kennen?
- Wie gewinnen wir die Jugendlichen für Bildung?
- Wie kann Kindern vermittelt werden, dass Bildung „Sinn“ macht?
- Welche Maßnahmen sind erforderlich, um die stark steigende „Bildungsspanne“ (von Lehre zu Fachhochschule) zu bremsen?
- Wie schaffen wir ein „Andersdenken“, anstelle mehr vom Gleichen im Bildungssystem?
- Wie begeistern wir Kinder für Physik/Mathematik?
- Warum gibt es keine Leistungsbeurteilung von Lehrer:innen?
- Wie könnte man die Leistung von Schüler:innen und Lehrer:innen zeitgemäß „messen“?
- Wie machen wir den Lehrberuf attraktiver?
- Wie gelingt stärken- und talenteorientierte Pädagogik?
- Wie schaffen wir eine Anerkennung von Leistung in der Gesellschaft?
- Wie können die Inhalte der Lehrpläne schneller aktualisiert werden?
Bildung & Wirtschaft
- Würde mehr Wettbewerb der Schulen um die Schüler:innen zu besseren Schulen führen? Sollten wir diesen Wettbewerb mit entsprechenden Rahmenbedingungen ermöglichen?
- Welches Bildungssystem braucht es, um den Bedarf von Wirtschaft und Industrie mit der Ausbildung abzugleichen?
- Wie kann vermittelt werden, dass der aktuelle Wohlstand auch in Zukunft nur gesichert ist, wenn jede und jeder etwas leistet?
- Welche Eigeninitiativen können Unternehmen starten, um dem hohen Bedarf an gut Ausgebildeten zu decken?
- Wie begeistert man Pädagog:innen für das Thema Wirtschaft?
- Wie können Kinder im Kindergarten für wirtschaftliche Zusammenhänge begeistert werden?
- Wie lehren wir „Wirtschaft“ am besten?
- Wie verbinden wir Schule und Wirtschaft besser?
- Was können Unternehmen tun, um den Zukunftsoptimismus der Jugendlichen zu stärken?
- Was können Unternehmen tun, um die Bedeutung/Verantwortung der Elementarpädagogik zu steigern?
In der Fokusgruppe haben mitdiskutiert
Andreas Ludwig von Umdasch Group
Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß von Fronius
Manfred Hackl von EREMA Group
Maximilian Pointner von Sparkasse OÖ
Barbara Baumgartner von Heinzel Paper
Bernhard Reisner von MIBA
Sigrid Schuster von WKO OÖ
Alle Fragen an die Zukunft finden Sie auf der Plattform www.fragen-an-die-zukunft.at.
Hinweis: am 24. März 2022 findet eine Podiumsdiskussion von Teach for Austria zum Themenmonat „No Child is left behind“ statt. Infos und Anmeldung