Energie als Schlüsselfrage für den Wirtschaftsstandort Oberösterreich: ACADEMIA SUPERIOR erarbeitet gemeinsam mit Expertinnen und Experten ein Gesamtkonzept für künftige Energiepolitik in Oberösterreich
400 Besucher bei Auftakt-Veranstaltung zum Energie-Trialog OÖ in Linz
Die ausreichende Verfügbarkeit von Energie ist gerade für den Wirtschaftsstandort Oberösterreich von zentraler Bedeutung. Daher startet ACADEMIA SUPERIOR — Gesellschaft für Zukunftsforschung auch einen Energie-Trialog Oberösterreich, bei dem gemeinsam mit Expertinnen und Experten ein Gesamtkonzept für die künftige Energiepolitik in Oberösterreich erarbeitet werden soll. Den Auftakt dazu bildete eine Veranstaltung in der Raiffeisen-Landesbank in Linz mit 400 Besuchern, bei der über das Thema „Energiepolitische Handlungsanforderungen an Regionen” diskutiert wurde.
Gestaltungsmöglichkeiten auf Landesebene
Obmann LAbg. Mag. Michael Strugl stellte dabei fest: „Wir sind ein dynamisches Wirtschafts- und Industrieland, haben österreichweit die höchste Sachgüterproduktion und die stärkste energieintensive Industrie in Österreich. Oberösterreich hat dementsprechend auch im Bundesländervergleich den höchsten Energieverbrauch pro Kopf und ist damit noch viel stärker von einer sicheren Energieversorgung abhängig als andere Bundesländer.” Auch wenn der Rahmen der oberösterreichische Energiepolitik maßgeblich von der EU sowie globalen Zielsetzungen geprägt werde, verwies Strugl doch auch auf die verschiedenen energiepolitischen Gestaltungsmöglichkeiten auf Landesebene: Etwa im Bereich der Energieversorgung, beim Wohnbau und der Wohnraumsanierung, beim Verkehr, der Energieforschung oder der Bewusstseinsbildung.
Trialog zwischen Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft
„Wir wollen zur künftigen Energiepolitik für Oberösterreich ein schlüssiges Gesamtkonzept vorlegen”, gab Strugl die Stoßrichtung des Energie-Trialogs Oberösterreich vor: „Im Rahmen des Trialogs wollen wir das Thema Energie aus drei verschiedenen Perspektiven betrachten: aus Sicht der Gesellschaft, der Wirtschaft und der Wissenschaft. Dabei werden wir gemeinsam mit internationalen, nationalen und regionalen Expertinnen und Experten die wesentlichen Rahmenbedingungen, Anforderungen und Chancenpotenziale im Energiebereich beleuchten und Handlungsempfehlungen für die künftige Gestaltung der Energiepolitik in unserem Land ausarbeiten.”
Haindl-Grutsch: Internationale Arbeitsteilung bei Energie anstelle von Autarkiebestrebungen
DI Dr. Joachim Haindl-Grutsch, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung OÖ, die beim Energie-Trialog Kooperationspartner von ACADEMIA SUPERIOR ist, betonte, anstelle von Energieautarkie-Bestrebungen brauche es eine internationale Arbeitsteilung im Energiebereich: „Auch in Zukunft werden wir auf einen sinnvollen Energie-Mix angewiesen sein. Erneuerbare Energien werden ebenso Teil dieses Mixes sein wie auch Gas als wesentliche Brückentechnologie. Oberösterreich sollte hier seine Stärken einbringen, etwa die Wasserkraft, Pumpspeicher, Gasspeicher sowie die verschiedenen Technologien im Umweltbereich.”
Pühringer: Ohne Versorgungssicherheit kann Wirtschaftsstandort OÖ in jetziger Form nicht gehalten werden
Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer unterstrich ebenfalls: „Ohne Energie, ohne Versorgungssicherheit kann der Wirtschaftsstandort Oberösterreich in seiner jetzigen Form nicht gehalten werden.” Die wesentlichen energiepolitischen Prioritäten sieht Pühringer in der Energieeffizienz, dem Erschließen der noch vorhandenen Wasserkraftpotenziale, in der Energiespeicherung in Form von Pumpspeicherkraftwerken, in der Energieforschung und bei den erneuerbaren Energieträgern. Dabei appellierte der Landeshauptmann auch an die Wirtschaft: „Wir brauchen hier entsprechende Investitionen seitens der Wirtschaft, damit möglichst viele Projekte umgesetzt werden. Wenn die Wirtschaft Investitionen tätigt, werden wir das von Seiten der Politik unterstützen.”
Haslauer: Fördermittel in Energieeinsparung umlenken
Dr. Florian Haslauer, Vice President und Energieexperte von A.T. Kearney Österreich, legte die globalen und europäischen Trends in der Energiewirtschaft dar. Der Ausstieg aus fossiler und nuklearer Energiegewinnung in Europa sei langfristig durchaus möglich, wenn man „Energieeinsparungen weiter vorantreibt, die Anwendung von Strom erhöht — z.B. in den Bereichen Verkehr und Wärme — und den Strom soweit als möglich aus erneuerbarer Energie erzeugt”. Auf EU-Ebene bedürfe es einer Koordinierung der Förderung erneuerbarer Energie, eines weiteren Netzausbaus und der Schaffung von Rahmenbedingungen für Investitionen in flexible Stromerzeugung und Speicher. Auf nationaler Ebene sollten die Fördermittel in Energieeinsparung umgelenkt, der Fokus auf die Ausbaupotenziale Wasser und selektiv Wind sowie Investitionen in F&E getätigt werden.
Podiumsdiskussion
Mit den Handlungsanforderungen an die regionale Energiepolitik befasste sich eine Podiumsdiskussion, an der DI Dr. Ferdinand Fuhrmann, Generaldirektor der Nettingsdorfer Papierfabrik, Mag. Ulrike Rabmer-Koller, Vizepräsidentin der WKOÖ und Beiratssprecherin des Umwelt-Technik-Clusters OÖ, Univ.-Prof. Dr. Friedrich Schneider von der Johannes Kepler Universität Linz und Generaldirektor Dr. Leo Windtner von der Energie AG mitwirkten.
„Energieeffizienz ist Kernaufgabe der energieintensiven Industrie.” – Ferdinand Fuhrmann
Fuhrmann betonte, dass die Frage der Energieversorgung von der energieintensiven Industrie deutlich stärker wahrgenommen wird als von anderen Branchen, da sie einen wichtigen Kostenfaktor darstelle: „Wir haben daher in den letzten 20 Jahren schon eine Vielzahl an Maßnahmen zur Energieeinsparung und Energieeffizienz gesetzt”. Denn: „Energieeffizienz ist eine Kernaufgabe der energieintensiven Industrie.”
„Ökotechnologie als Chance für Oberösterreich.” – Ulrike Rabmer-Koller
„Oberösterreich ist das Ökotechnologie-Bundesland Nr. 1, 23 % der gesamten Ökotechnologiefirmen befinden sich in OÖ”, hob Vizepräsidentin Rabmer-Koller hervor. Im Umwelttechnik-Cluster und im Ökonergie-Cluster seien zusammen mehr als 250 Firmen tätig und weltweit sei generell ein großer Zulauf bei Umwelttechnik und Ökoenergie gegeben, verwies Rabmer-Koller auf das große oö. Potenzial in diesen Bereichen.
„Wie bringen wir die Konsumenten dazu, Energie einzusparen?” – Friedrich Schneider
Für Univ.-Prof. Dr. Friedrich Schneider haben Forschung und Entwicklung im Energiebereich eine zentrale Bedeutung. Die JKU sei gerade dabei, die Energieforschung auszubauen, „was einen weiteren wichtigen Baustein für die oö. Energiepolitik darstellt”. Eine große Herausforderung stelle die Realisierung von Energieeinsparpotenzialen dar: „Wie bringen wir die Konsumenten dazu, Energie einzusparen?”. Das Bewusstsein der Bevölkerung für Energie sei ein wesentlicher Faktor für die zukünftige Energiepolitik, dies betreffe zB den Verkehr (Fahrgemeinschaften) oder auch die Siedlungspolitik. „Die Politik muss stärker auf den Konsumenten zugehen, wir müssen Anreize für Verhaltensänderungen in der Bevölkerung setzen”, so Schneider.
„Müssen nachhaltig in Netze und Energiespeicherung investieren.” – Leo Windtner
Generaldirektor Windtner betonte, man dürfe nicht nur auf den Strombereich fokussieren, der „nur” ca. ein Fünftel des Endenergieverbrauchs betreffe. Eine große Herausforderung sieht er aufgrund des geplanten deutschen Atom- und Kohleausstiegs darin, dass „wir die Versorgungssicherheit in den nächsten Jahren halten können”. Hierfür „müssen wir nachhaltig investieren, in Hochspannungsnetze, in die Energiespeicherung, usw.”. Zum Thema der Bewusstseinsbildung für Energie erklärte Windtner: So wie die Mülltrennung in vielen Haushalten mittlerweile schon selbstverständlich geworden sei, müsse auch beim Energieverbrauch ein entsprechendes Umdenken angestrebt werden.