Gesucht: Visionen für die „Smart Energy Region Oberösterreich”
Im heuer mittlerweile dritten Kamingespräch in der Reihe „Energiepolitische Perspektiven für Oberösterreich 2050” drehte sich alles um die Energieforschung in Oberösterreich und um die Frage, wie das Land zu einer Energie-Modellregion für ganz Europa werden kann.
Für einen rohstoffarmen und durch hohe Arbeitskosten gekennzeichneten Standort wie (Ober-)Österreich sind die Menschen und Unternehmen mit ihrer Fähigkeit, Forschung zu betreiben und Innovationen hervorzubringen — das heißt, neues Wissen zu schaffen und dieses in neue, marktfähige Produkte und Dienstleistungen umzusetzen — von fundamentaler Bedeutung, insbesondere mit Blick auf die nachhaltige Schaffung von Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand.
In seiner Begrüßung betonte DI Dr. Joachim Haindl-Grutsch (Geschäftsführer der Industriellenvereinigung OÖ) die Bedeutung, welche die Energieforschung auch für den globalen Wettbewerb hat. Denn „die USA haben sich über die Energieforschung in konventionellen Energiesektoren Wettbewerbsvorteile erarbeitet und erleben derzeit auch einen Boom der erneuerbaren Energiequellen, und dies ganz ohne Zwangs- und Planungsmodelle.”
Auch für den zweiten Gastgeber der Veranstaltung, Obmann der ACADEMIA SUPERIOR und Wirtschaftslandesrat Dr. Michael Strugl, steht fest, „dass die Frage der Versorgung und des Umgangs mit Energie eine der zentralen Standortfaktoren für Oberösterreich ist”. Deshalb haben die ACADEMIA SUPERIOR und die IV OÖ gemeinsam die Studie „Energiepolitischen Perspektiven für Oberösterreich” mit einem Horizont bis 2050 erarbeitet, in deren Zentrum die gesicherte, ökonomische und auch ökologische Versorgung mit Energie steht und die drei zentrale Handlungsfelder identifiziert hat: Infrastruktur, Forschung und Effizienz.
Landesrätin Mag.a Doris Hummer erklärte, dass man diese Bedeutung der Energieforschung in Oberösterreich erkannt habe und sich auf spezielle Gebiete in der Forschung fokussiere. Im Strategischen Wirtschafts- und Forschungsprogramm „Innovatives Oberösterreich 2020” stehen die Punkte Effizienz, Bereitstellung und Speicherung im Zentrum der Forschungsförderungen, denn „wir haben mittlerweile starke Expertise in gewissen Bereichen und wollen darauf weiter aufbauen”, so Hummer.
Energieforschung in oberösterreichischen Unternehmen
Ing. Mag. Heinz Hackl, CTO bei Fronius International, stellte die zentralen Forschungsgebiete und Energie-Visionen seines Unternehmens vor. Fronius ist mit seinen 21 Tochtergesellschaften weltweit im vorderen Feld, wenn es um die Entwicklung neuer Systeme im Energiebereich geht. Das Unternehmen entwickelt und produziert u.a. Wechselrichter, Energie‑, Lade- und Speichersysteme.
Er betonte seine Überzeugung, dass wir vor großen Veränderungen auf dem Gebiet der Energietechnologien stehen. Nach dem Motto „Die Zukunft ist elektrisch” erwartet er sich vor allem auf dem Sektor Energieeffizienz große Fortschritte. Seiner Ansicht nach werden „alle Maschinen die nur 20 bis 30 Prozent Wirkungsgrad vorzeigen, schon bald abgeschafft werden, da die junge Generation die derzeitige Verschwendung von Energie und Ressourcen nicht mehr mitmachen wird”.
Seit über zehn Jahren forscht Fronius bereits an Brennstoffzellen-Technologie. Und derzeit läuft ein Flottenversuch mit 12 Wasserstoffbetriebenen Staplerfahrzeugen in einem Logistikcenter in Hörsching. Die Ergebnisse sind bisher durchaus positiv, sowohl was das Arbeiten im normalen Schichtbetrieb, als auch die hohe Akzeptanz der Belegschaft für die neue Technologie betrifft. Die benötigte Wasserstoffinfrastruktur funktioniert zuverlässig und es hat sich gezeigt, dass die Arbeit effizienter gestaltet werden kann und weniger Energie benötigt wird als erwartet wurde.
Energieforschung aus der Perspektive der Europäischen Union
Mag.a DI Dr.in Brigitte Bach, Head of Energy Department am Austrian Institute of Technology, erklärte die Funktion und die Ziele des AIT, dessen Energieinstitut mit 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sie vorsteht und das die größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung Österreichs ist. Ziel des AIT ist eine starke Positionierung in Europa und einen globalen Anspruch auf Themenführerschaft in fünf Bereichen zu erlangen: Energie, Mobilität, Sicherheit & Datenschutz, Gesundheit & Umwelt und Innovationssysteme.
Das politische Ziel, eine nachhaltige Energieversorgung herzustellen, müsse dabei immer im Dreieck „sozial-ökologisch-ökonomisch” gedacht werden, „ansonsten hat es keine Realisierungschancen”, so Bach.
Sie verdeutlichte, dass eine Region eine Führungsposition nur dann erreichen kann, wenn sie eine Vision ihrer eigenen Zukunft hat. Es reicht nicht aus, einfach nur danach zu streben, den Status Quo möglichst gut zu erhalten, denn die Regionen mit der höchsten Wettbewerbsfähigkeit sind gleichzeitig jene Regionen, die am innovativsten und visionärsten sind.
Eine Vision für Oberösterreich könnte es sein, zu einer „Smart Industry Region” zu werden, um adäquat auf die Herausforderungen einer globalisierten Wirtschaft und des Klimawandels zu reagieren. Die Vision sollte beinhalten, dass der Industriestandort erhalten und ausgebaut wird und Wirtschaftskraft, Arbeitsplätze und Wohlstand langfristig und nachhaltig gesichert werden — und dies unter Berücksichtigung der Säulen Ökonomie, Ökologie und soziale Verträglichkeit.
Ergebnisse der Energiepolitischen Perspektiven für Oberösterreich 2050
Dr. Andreas Geisler, Teamleiter des Bereichs Energie und Nachhaltigkeit an der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft, war im Prozess der Erarbeitung der Studie „Energiepolitischen Perspektiven für Oberösterreich 2050” der Leitexperte des Themas „Energieforschung”. Er berichtete über die Entwicklungen seit der Erstellung der Studie und verwies darauf, dass erste Ergebnisse bereits zu verzeichnen sind, denn Inhalte der Studie sind sowohl in das neue Strategische Programm Innovatives Oberösterreich 2020 als auch in die PowerStrategie2020 der Energie AG eingeflossen.
Derzeit hat die Energieforschung in Österreich drei Schwerpunkte:
Energieeffizienz in der Produktion: Wirkungsgradverbesserungen in Produktionsprozessen; Minimierung der Abwärme und Nutzung von Ab- und Umgebungswärme; Nutzung von IKT zur Energieeffizienzsteigerung; Wasserstoffwirtschaft; Carbon Capture and Usage
Energieeffizienz und Mobilität: Entwicklung von Fahrzeugkomponenten; Leichtbau; Alternative Antriebe (Gasbetrieben und Hybride Antriebstechnologien); E‑Mobilität; Verkehrssteuerungssysteme
Energiebereitstellung und ‑speicherung aus erneuerbaren Energieträgern: Erhöhung des Wirkungsgrades bei Umwandlung und Erzeugung von Bioenergie in Wärme, Strom und Mobilität; Solarenergie; Wasserkraft; Entwicklung von elektrischen, thermischen, chemischen oder hydraulischen Speichertechnologien.
Andere Forschungsprojekte stellen systemübergreifende Betrachtungen an, welche die rechtliche, volkswirtschaftliche und organisatorische Sphäre betrachten.
Dr. Geisler betonte, dass die Forschungsförderungsinstrumente für Oberösterreich noch weiter verbessert werden könnten, zum Beispiel durch Bündelung der Mittel in einem Förderprogramm, thematische Prioritätensetzung, mehr Kooperationen zwischen Unternehmen und Forschungsinstitutionen in Oberösterreich, inhaltliche Abstimmung mit Förderprogrammen der anderen Bundesländer, Bildung von Clustern und Netzwerken und durch verstärkte überregionale und internationale Vernetzung.
In der darauffolgenden Diskussion befragten das Publikum und die anwesenden Politikerinnen und Politiker die Experin und Experten, was das Land Oberösterreich machen könnte, um sich besser auf die Herausforderungen im Bereich Energiewesen vorzubereiten.
Alle drei plädierten dafür, dass Oberösterreich die vorhandene Chance ergreifen sollte, zu einer visionären Modellregion im Bereich Energie zu werden und dadurch auch nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit am globalen Markt für die Region zu erzeugen.
Es gilt eine zukunftsweisende Vision für Oberösterreich als Smart Energy Region zu entwerfen — denn die Bürgerinnen und Bürger, zeigten sich die Expertin und Experten überzeugt, würden eine echte Vision, die mit einer realistischen und ehrlichen Umsetzungsstrategie einhergeht, sicherlich mittragen.