Im Jahr 1986 beg­in­gen in Öster­re­ich 2.139 Men­schen Suizid. Dank zahlre­ich­er geziel­ter Bestre­bun­gen und Pro­jek­te hal­bierte sich diese Zahl in den let­zten 35 Jahren.(1)

Noch geringer als 2021 war diese Zahl mit 1.072 Suiziden im Jahr 2020. Aber: während die Suizide bei Frauen weit­er­hin rück­läu­fig ist, ist sie bei Män­nern zulet­zt wieder gestiegen. Hinzu kommt: noch immer wer­den drei Vier­tel der Suizide in Öster­re­ich von Män­nern began­gen. Auch der rel­a­tive Rück­gang der Suizide war bei Frauen in den ver­gan­genen Jahrzehn­ten deut­lich höher als bei Männern.

Der (fast) kon­tinuier­liche Rück­gang dieser Zahlen seit Jahrzehn­ten zeigt: Die beson­ders in den let­zten Jahren aus­ge­baut­en Präven­tion­spro­gramme, der Aus­bau der psy­chosozialen Ver­sorgung, neue Anti­de­pres­si­va, sowie die sink­ende Tabuisierung von psy­chis­chen Prob­le­men in der öster­re­ichis­chen Gesellschaft zeigen ihre Wirkung.(2)

Der gerin­gere Rück­gang bei Män­nern bedeutet aber auch, dass es umso wichtiger ist, hier das Bewusst­sein für vorhan­dene Hil­f­sange­bote noch weit­er zu stärken. In den let­zten Jahren hat sich deshalb der Novem­ber als Aktion­s­monat zum The­ma Män­nerge­sund­heit und zu psy­chis­chen Prob­leme etabliert.

Die Suizidrate steigt mit dem Alter

  1. Der rel­a­tive Rück­gang seit 1986 ist mit 70 Prozent bei Frauen stärk­er aus­geprägt als bei Män­nern, die nur 59 Prozent Rück­gang aufweisen. Im Jahr 2020 beg­in­gen in Öster­re­ich 838 Män­ner und 234 Frauen Suizid. Das entspricht ein­er Suizidrate von 20,0 pro 100.000 Einwohner:innen bei Män­nern und von 4,9 pro 100.000 Einwohner:innen bei Frauen. Im Durch­schnitt lag diese Rate 2020 bei 12,5 pro 100.000 Einwohner:innen.(3)
  2. Die Suizidrate steigt in Öster­re­ich mit dem Alter an. Das Suizidrisiko ist in der Alters­gruppe der 75- bis 79-Jähri­gen fast zweiein­halb­mal, in der Alters­gruppe der 85- bis 89-Jähri­gen über viere­in­halb­mal so hoch wie jenes der Durch­schnitts­bevölkerung. In absoluten Zahlen sind die meis­ten Suizide im mit­tleren Leben­salter zu verze­ich­nen: rund 36 % aller Suizide find­en in der Alters­gruppe 45–64 Jahre statt. Der Häu­figkeits­gipfel in absoluten Zahlen liegt im Alter zwis­chen 50–59 Jahre. Rel­a­tiv betra­chtet, liegen die höch­sten Suizidrat­en jedoch in den älteren Altersgruppen.(4)

Alter und Geschlecht sind fol­glich zwei wichtige Fak­toren, die zu berück­sichti­gen sind, um die Suizidrate weit­er­hin zu senken.

Die im Ver­gle­ich zu Frauen höhere Suizidrate von Män­nern kön­nte ein Hin­weis darauf sein, dass bei Män­nern psy­chis­che Erkrankun­gen viel stärk­er stig­ma­tisiert sind als bei Frauen.

Männer verlieren zu viele Lebensjahre

Män­ner lei­den generell unter dem Prob­lem, dass sie zu wenig auf ihre kör­per­liche und psy­chis­che Gesund­heit acht­en und stärk­er zu einem unge­sun­den und risiko­r­e­ichen Lebenswan­del tendieren. Daraus ergibt sich, dass Män­ner von vie­len Erkrankun­gen häu­figer betrof­fen sind als Frauen und diese auch oft viel später erken­nen oder Symp­tome falsch zuordnen.

Als mögliche Ursache nen­nen manche Expert:innen jene gesellschaftlichen Nor­men und Struk­turen, die viele Män­ner dazu brin­gen, weniger auf die Sig­nale ihrer Kör­p­er und ihrer Psy­che zu hören, sich weniger mit andern über ihre Gefüh­le und Äng­ste auszu­tauschen und sich selb­st im per­ma­nen­ten Wettstre­it mit anderen zu sehen. Kurz: die dazu führen, dass das Zeigen von Gefühlen, Schwächen und Äng­sten als unentschuld­bares Scheit­ern gebrand­markt sind.(5)

November = Movember: Männergesundheit stärker ins Bewusstsein rücken

Das Faz­it dieser Über­legun­gen: Män­ner soll­ten ihrer Gesund­heit und Gefühlswelt mehr Aufmerk­samkeit schenken und von allen Seit­en dazu ermutigt werden.

Seit 2003 wird deshalb im Novem­ber als „Movem­ber“ auf das The­ma Män­nerge­sund­heit, vor allem in Bezug auf psy­chis­che Gesund­heit, Selb­st­mord­präven­tion, Prostatakrebs und Hodenkrebs aufmerk­sam gemacht.

Beson­ders bekan­nt ist er für die Schnur­rbärte, die sich Män­ner im Novem­ber wach­sen lassen sollen, um damit das Bewusst­sein für die Gesund­heit von Män­nern zu fördern. Auch zahlre­iche Fundrais­ing-Pro­jek­te, bei denen Men­schen für den guten Zweck gehen oder laufen („move“), sollen Kör­p­er und Geist bewe­gen, Gesund­heit fördern und Bewusst­sein schaffen.

Mit dem gesam­melten Geld finanziert Movem­ber Män­nerge­sund­heit­spro­jek­te auf der ganzen Welt.


(1) Sta­tis­tik Aus­tria: Todesur­sachen­sta­tis­tik. Erstellt am 11.08.2022. URL: https://www.statistik.at/fileadmin/pages/430/Gestorbene_ab_1970_nach_TodesursachenGeschlecht_Oesterreich.ods [24.11.2022].

(2) BMSGPK (Hg.): Suizid und Suizid­präven­tion in Öster­re­ich. Bericht 2021 Wien 2021, S. 9.

(3) BMSGPK (Hg.): Suizid und Suizid­präven­tion in Öster­re­ich. Bericht 2021 Wien 2021, S. 9.

(4) BMSGPK (Hg.): Suizid und Suizid­präven­tion in Öster­re­ich. Bericht 2021 Wien 2021, S. 10.

(5) Pod­cast: Erk­lär mir die Welt. #232 Erk­lär mir Männlichkeit mit Erich Lehn­er. 01.11.2022. URL: https://erklärmir.at/2022/11/01/232-erklaer-mir-maennlichkeit/  [24.11.2022].