Anfang des Jahres veranstaltete ACADEMIA SUPERIOR einen ganztägigen Workshop für Studierende zum Thema des Symposiums. Zahlreiche Bewerberinnen und Bewerber unterschiedlicher Studienrichtungen diskutierten mit Markus Hengstschläger unter anderem die Fragen, was alles außer Kontrolle gerät und wie viel Kontrolle notwendig ist. Vier Studierende wurden als Stipendiatinnen und Stipendiaten für die Teilnahme am SURPRISE FACTORS SYMPOSIUM ausgewählt, um als YOUNG ACADEMIA ihre Sichtweisen und Anliegen einzubringen: Arno Deutschbauer, BA, Dipl.-Ing. Andrea Eder, Katharina Fröhlich und Dominik Harrer, BA.
Die Studierenden der YOUNG ACADEMIA machten sich bereits im Vorfeld des Symposiums Gedanken und brachten vier große miteinander verbundene Themenbereiche in die Diskussionen mit den Expertinnen und Experten ein.
Parallelgesellschaften und das postfaktische Zeitalter
Eine der größten Gefahren unserer Zeit ist das unkontrollierte Entstehen neuer ideologisch-radikaler Parallelgesellschaften. Es wird begünstigt durch neue und soziale Medien, in denen Haltungen und Überzeugungen stets gespiegelt, verstärkt und ins Extreme getrieben werden. So entstehen – weit entfernt von jeder Faktenlage – „gefühlte“ Wahrheiten, die Gesellschaften spalten und ein gemeinsames Wertefundament erschüttern.
Wir brauchen Wertekurse — nicht für andere, sondern für uns.
Umso wichtiger ist es, die Grundwerte der Aufklärung im „postfaktischen Zeitalter“ zu verteidigen. Denn wir leben offenbar in Zeiten, in denen sich selbst demokratische Mehrheiten für objektiv gesehen falsche Entscheidungen begeistern können. Deshalb brauchen wir eine starke Förderung des Wertebewusstseins in der Schule und auch im weiteren Bildungsweg, zum Beispiel im Zuge der Lehre von Ethik und Geschichte. So entstehen Fundamente, Vorstellungen und Visionen für Oberösterreich – nicht für die anderen, sondern für uns selbst. Wir müssen darüber nachdenken, welche Werte wir für unsere Gesellschaft erhalten wollen.
Schulung der Urteilskraft
Gute Instrumente zur Meinungsbildung sind das Um und Auf demokratischer Gesellschaften. Deshalb ist es wichtig, sie kennen und analysieren zu lernen – und zwar von klein auf. Warum lernt man nicht bereits im Kindergarten, wie man Medien nutzt, wie man diskutiert und wie man soziale Gerechtigkeit fördert? Wie bringt man das Prinzip der Urteilskraft im Zusammenhang mit Medienkompetenz in die Bildungseinrichtungen? Die Welt wird immer komplexer und genau deshalb ist die Bildung der Urteilskraft essentiell. Wir müssen mit Komplexität und neuen Herausforderungen umgehen lernen, Dinge differenzieren, abwägen und bewerten.
Man kann nicht sagen: „Die Medien sind die Bösen“. Wie alle Instrumente muss man sie richtig nutzen und einsetzen können. Es geht nämlich nicht nur darum, dass Informationen zur Verfügung stehen, sondern vor allem darum, dass sie die Leute auch verstehen. Als Studierende sind wir dahingehend geschult, dass wir uns aussuchen können, was wir lesen, egal ob Bild, Kronen Zeitung, Der Standard, Die Presse oder The New York Times. Aber viele können mit sogenannten „Qualitätsmedien“ nichts anfangen, interessieren sich nicht für deren Themen und haben andere Prioritäten. Auch diese Menschen brauchen hochwertige und wahrheitsgetreue Information. Wie können wir das gewährleisten?
Lösungsorientierter Journalismus und Storytelling
Vielleicht brauchen wir mehr Journalismus, der nicht nur die Schwächen und Probleme darstellt, sondern Lösungen anbietet. Im Internet findet man schon viel in diese Richtung auf Blogs und Videoplattformen, wo Menschen Lösungen zu einer Vielzahl an Problemstellungen anbieten. Und die sind sehr erfolgreich. Vielleicht ist es auch Zeit für die traditionellen Medien, sich dahingehend zu verändern.
Dabei kommt es auch darauf an, welche Geschichten erzählt werden und wie. Die meisten Nachrichten sind negativ: Probleme der Immigration, Wirtschaftskrise, Kriminalität, Unfälle, politische Verfehlungen. Über positive Entwicklungen wird viel weniger berichtet.
Die Leute suchen nach Lösungen in ihrem Leben, nicht nach dem, was alles schiefläuft.
Genau das ist das Problem, weil dadurch Angst und Hass geschürt werden, weil die Medien so die Realität verzerren und alles Gute überschatten, das uns umgibt. Vielleicht braucht es neue Ideen, wie das Storytelling der Zukunft aussehen und wie ein ausgewogener Journalismus – gerade in Boulevard-Blättern – gefördert werden könnte.
Demokratie neu denken
Die Frage mag banal klingen, ist sie aber nicht: Was verstehen wir eigentlich unter Demokratie? Es ist an der Zeit, Demokratie neu zu denken. Wir sollten neue Geschichten darüber erzählen, was Freiheit und Widerstand in demokratischen Gesellschaften bedeuten. Es muss mehr sein, als alle paar Jahre zur Wahl zu gehen. Wir brauchen mehr Beispiele und Geschichten, die uns helfen, neue demokratische Vorstellungen in unsere Gesellschaft zu bringen und anders darüber nachzudenken. So kann man aus dem Inneren heraus etwas bewegen.
Dabei kann man ruhig auch mehr Vertrauen in die jungen Menschen haben. Sie werden das lernen, was sie wirklich brauchen. Die digitale Welt bietet uns viele wunderbare Möglichkeiten, aber wir müssen uns auch spüren. Wir müssen den jungen Menschen ein Gefühl für sich selbst und ihr Wirken in der Welt mitgeben.