„Der Geruch der Freiheit wird heute als Gestank erlebt”, meint Univ. Prof. Rudolf Taschner beim Gespräch im Cafe Sperl. Ausgangspunkt zu dieser Feststellung war die Frage nach den Überraschungen, die er heute sieht. Er sieht bei Fukushima in unseren Breiten eine „gelenkte Hysterie” und wundert sich, dass „Tabus immer noch funktionieren”. Rund um die Krise in Europa sieht Taschner eine noch nie dagewesene Hilflosigkeit und Alternativlosigkeit bei der Politik. Er sieht keinen Gestaltungswillen: „Es fehlen weitblickende Personen und deshalb ist die Welt so gesichtslos geworden. Alles funktioniert nach Methode Apparatschiks.” Auch die Universitäten haben sich zu Oberschulen degradiert und sind praktisch tot: „Man müsste die bestehenden „Universitäten” als Fachhochschulen lassen und die Universitäten neu gründen”, meint Taschner etwas nachdenklich.
Zu viel geregelt
„Ich sehe eine Prüfung immer noch als Kolloquium, eine Vorlesung ist die Darlegung eines Gedankens und ein Seminar bringt das selbständige Denken zum Ausdruck”, ist Taschner für Klarheit und Konsequenz. Für ihn sind Multiple-Choice-Prüfungen ein Gräuel und vom Lernzwang, wie er heute überall spürbar ist, hält er nichts. Es wird wieder viel mehr darum gehen, „den jungen Menschen das tiefe Denken zu lernen.” Dazu braucht es einen offenen Dialog, Stätten freien Denkens und das Erkennen des Kairos, „wann der Zeitpunkt dafür gekommen ist”.
Die Überalterung ist das Thema
Taschner sieht ein großes Thema „mit einem Rattenschwanz an Problemstellungen” auf uns zukommen: die demographische Entwicklung. Viele Ältere, wenig Junge, fehlende Betätigungsfelder für Ältere, Pensionsalter muss erhöht werden, Jüngere müssen gezielt ins Land geholt werden. Es braucht neue Überlegungen dahin, „was wir mit den neuen Krankheiten tun.” Er selbst sieht für sich noch einige schöne Aufgaben warten: die Grundvorlesung sichern, die Forschung in Richtung „konstruktiver Analysis” weiterrechnen und Math.Space wird 10 Jahre. Außerdem gibt es ein Buch über „Gerechtigkeit” von ihm.
Das Gespräch in der Frühlingssonne mündet in der Einschätzung Taschners, „wie die Kirche ihre Chancen verspielt, die darin lägen, dass sie die Menschen von heute immer wieder in ihre Verantwortung ruft. Der Mensch wird immer Sehnsüchte haben. Diesen einen Ort zu geben schafft die Kirche derzeit überhaupt nicht.”