Univ.-Prof. Dr. Anton Zeilinger ist Vorstand des Instituts für Experimentalphysik an der Universität Wien. Er wurde vor allem durch seine Experimente zur Quantenteleportation bekannt. Anton Zeilinger leitet die Abteilung des Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Akademie der Wissenschaften. 2009 gründete er die „Internationale Akademie Traunkirchen”, deren Ziel es ist, begabte junge Leute für die Wissenschaft zu begeistern und einen internationalen und fächerübergreifenden Diskurs zu fördern.
Fragen wie: Was ist Wissen? Wo liegen die Grenzen der Vorhersehbarkeit? Gibt es Grenzen der Kausalität? erörtert Anton Zeilinger in diesem Expertengespräch im Rahmen des ACADEMIA SUPERIOR Surprise Factors Symposiums 2011 in Gmunden. Er spricht über Überraschungen, wie die Anwendbarkeit seiner Forschungsergebnisse in Form von Quantencomputern, und schlägt unter anderem vor, Lehrerinnen und Lehrer zum bestbezahlten Berufsstand zu erheben.
„Die Welt ist wesentlich offener, als irgendjemand zugeben will.”
„Wenn man über Überraschungen spricht,” so der Quantenphysiker, „ist meines Erachtens die Welt immer offener als alle zugeben wollen.” „Wir können nicht vorhersagen; wir können nicht einmal im Nachhinein erklären. Wir wollen immer Ursachen und Erklärungen haben. Aber für mich ist die Offenheit etwas Positives. Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der all es vorherbestimmt ist.”
Auf einer persönlichen Ebene ist für Anton Zeilinger die größte Überraschung, seine Tätigkeit als Quantenphysiker reale Anwendungsmöglichkeiten hat. „Ich begann meine Arbeit aus philosophischer Neugier. Jetzt haben wir Quantencomputer, die besser als jeder Computer sein werden, den man sich vorstellen kann! Das ist absolut schockierend.”
Allgemein überrascht den Experten der Finanzcrash und hier nicht so sehr, dass es passiert ist sondern vielmehr, dass immer noch Menschen behaupten, sie hätten nichts davon gewusst. „Es geschah, weil das System so konstruiert ist, dass persönliche Interessen stärker sein können als die Interessen der Gemeinschaft. Und das ist ein großes Problem.” Die Gier und ein unkontrollierbares System sind Kern des Problems, das unser unsere Sozialsysteme gleichsam den Sinn entziehen.
Lehrerinnen und Lehrer zum bestbezahlten Berufsstand erheben
Auf die Frage, was man in dem derzeitigen System ändern könnte, antwortet Zeilinger ohne zu zögern: „Lehrerinnen und Lehrer zum bestbezahlten, renommiertesten und angesehensten Teil der Bevölkerung machen” und gibt zu bedenken, dass man derzeit in ganz Europa eine Verschlechterung der Qualität des Unterrichts, der Schulen und in der Bildung allgemein sehe. „Das zu ändern ist die beste langfristige Strategie für die Gesellschaft.”
Als einen anderen Ansatzpunkt nennt er die gezielte Begabtenförderung, indem man vermeintliche Aussenseiterinnen und Aussenseitern dazu ermutigt, anders zu sein.
Wir brauchen Staatsleute und keine Ghostwriter
Was die Arbeit der ACADEMIA SUPERIOR betrifft, plädiert Zeiliger dafür, Wege zu finden, Menschen in diesem Land und in Europa dazu zu ermutigen, nicht der öffentlichen Meinung zu folgen, nicht nur kurzfristig zu denken. „David Ben Gurion sagte einmal, es gibt Politiker und es gibt Staatsleute. Die Politiker denken an die nächste Wahl; Staatsleute denken an die nächste Generation. Wir müssen tun, was wir können, um mehr Staatsleute zu produzieren und um eine Gesellschaft zu haben, die für sie stimmt und sie unterstützt.”
Darüber hinaus nennt der Quantenphysiker zwei Handlungsempfehlungen zur unmittelbaren sozio-politischen Verbesserung: „Umfragen abschaffen und Ghostwriter in Pension schicken.”