Belt-and-Road: Mit der Eisenbahn zur Weltherrschaft

Autor: Bernhard Seyringer

Chi­na hat mit dem 2. Belt-and-Road Forum in Peking Ende April 2019 ver­sucht, sich als ver­ant­wor­tungsvoller Akteur in der inter­na­tionalen Are­na zu posi­tion­ieren. Deut­lich­er wurde allerd­ings, dass die finanziellen Mit­tel zur Umset­zung sein­er glob­alen Ambi­tio­nen fehlen, west­liche Investi­tio­nen drin­gend benötigt wer­den, und dass die Bedenken seit­ens der EU als irrel­e­vant behan­delt werden.

Das Verhältnis zur EU

Das im Jahr 2012 in Warschau gegrün­dete 16+1 (1) For­mat hat sich im Rah­men der Kon­ferenz im kroat­is­chen Dubrovnik im April 2019 (2) um das EU-Mit­glied­s­land Griechen­land erweit­ert, und wurde zu 17+1. Wobei die Sig­nale aus Athen dur­chaus ambiva­lent sind: ein­er­seits, so meldet die griechis­che Tageszeitung Ekathimeri­ni (3), wurde die weit­ere Entwick­lung des Hafen von Piräus durch die chi­ne­sis­che COSCO unter­sagt, ander­er­seits nähert sich die griechis­che Regierung Chi­na weit­er an. Zweifel­los ist auch der Beitritt Ital­iens, als erstem G7-Land, ein diplo­ma­tis­ch­er Erfolg für China.(4) Offiziell gilt Wirtschaftsmin­is­ter Lui­gi Di Maio und seine 5S als die treibende Kraft, aber tat­säch­lich ist der Fäden­zieher hin­ter den Kulis­sen, Michele Ger­ac­ci, ein enger Ver­trauter von Mat­teo Salvi­ni, der aber offiziell vor der „Kolonisierung Ital­iens“ durch Chi­na warnt.(5) Im Mai 2019 wurde trans­par­ent, dass Großbri­tan­nien gewil­lt ist, das staatlich-chi­ne­sis­che Unternehmen Huawei, zumin­d­est par­tiell an der Entwick­lung des britis­chen 5G Net­zes zu beteili­gen. Huawei ist ein zen­traler Akteur im Rah­men der „Dig­i­tal­en Sei­den­straße“. Das brisante daran ist, dass Großbritannien(6) neben Neuseeland(7), das zweite Mit­glied (plus Aus­tralien, Kana­da und die USA) aus dem Geheim­di­en­st­net­zw­erk „Five Eyes” ist, dass eine Zusam­me­nar­beit mit Huawei anstrebt.

Die zweite Militärbasis außerhalb Chinas

Chi­na hat in Tajik­istan eine zweite Mil­itär­ba­sis eröffnet. Es han­delt sich dabei, nach Dji­bouti, um die zweite Basis außer­halb Chi­nas. Die Bere­itschaft dazu, liegt in den bere­it­gestell­ten chi­ne­sis­chen Kred­iten für Kraftwerke, Straßen und Pipeline-Pro­jek­te und deren Rück­zahlungs­be­din­gun­gen: Es dürfte sich um die Über­ant­wor­tung von land­wirtschaftlichen Anbau­flächen von mehreren tausend Hek­tar und unge­fähr tausend Quadratk­ilo­me­ter Land, mit Gold und Uran­vorkom­men, nahe dem Wakhan-Kor­ri­dor, an chi­ne­sis­che Eigen­tümer han­deln. Außer­dem ist die Sta­tion­ierung chi­ne­sis­ch­er Trup­pen in einem post-sow­jetis­chen Staat natür­lich auch ein deut­lich­es Sig­nal in Rich­tung Moskau.

Das Strategie-Dilemma der „Straße von Malakka“

Im Rah­men des CPEC-Chi­na-Pak­istan-Eco­nom­ic-Cor­ri­dor (einem der sechs Kor­ri­dore der Belt-and-Road), hat Chi­nas regionaler Rivale Indi­en bere­its deut­lich gemacht, dass es gewil­lt ist, zu mil­itärischen Mit­teln zu greifen, um seine geografis­chen Ansprüche gegenüber Chi­na durchzusetzen.(8) Der jüng­ste pak­istanis­che Ter­ro­ran­schlag in Indi­en (im Feb­ru­ar 2019) hat dabei erneut verdeut­licht, dass Pak­istan islamis­che Ter­ror­is­ten im Land offen gewähren lassen kann, da es sich im Falle inter­na­tionaler Iso­la­tion, auf die Hil­fe Chi­nas fest ver­lassen kann. Diese bedin­gungslose Sol­i­dar­ität ist mit dem Flag­ship-Pro­jekt der BRI zu begrün­den: Dem Hafen­pro­jekt von Gwadar. Gwadar ist aus chi­ne­sis­ch­er Sicht von gar nicht zu über­be­to­nen­der Bedeu­tung: Der Hafen ermöglicht die Hal­bierung der Trans­portkosten in Rich­tung Per­sis­ch­er Golf. Auch im Falle ein­er Wirtschafts­block­ade durch west­liche Marin­e­ver­bände in der „Straße von Malak­ka“, die größte Ver­wund­barkeit Chi­nas, würde die Hafe­nan­bindung zur besseren Bewäl­ti­gung beitra­gen. Mit­tel­fristig wäre wohl auch eine weit­ere Mil­itär­ba­sis in Gwadar denkbar. Ergänzend dazu gab der malayis­che Min­is­ter­präsi­dent im April 2019 bekan­nt, dass Malaysia nach län­gerem Zögern, doch ein weit­eres geostrate­gis­ches Pro­jekt der BRI umset­zen wird(9): den East Coast Rail­way Link. Es han­delt sich dabei um eine ca. 650 km lange Eisen­bah­n­verbindung zwis­chen der West- und der Ostküste des Lan­des, die eben­falls bei der Umge­hung ein­er befürchteten Block­ade in der Meere­sen­ge von Malak­ka behil­flich wäre.

Sind die BRI-Eisenbahnprojekte nur ein Propaganda-Instrument?

Die Entwick­lun­gen verdeut­lichen unter­schiedliche Befürch­tun­gen: es scheint als wären die Eisen­bah­n­pro­jek­te zwar willkom­men, let­ztlich aber nur von unter­ge­ord­neter Bedeu­tung. Offen­sichtlich ist, dass Chi­na damit das diplo­ma­tis­che Ziel, mit bilat­eralen Abkom­men einen Keil zwis­chen die EU-Staat­en zu treiben, recht gün­stig erreicht.(10) Die Strate­gie der BRI-Mit­glied­staat­en, die auch Mit­glied der EU sind, ihre Nähe zu Chi­na als Druck­mit­tel in Ver­hand­lun­gen mit der EU zu nützen, scheint mit­tel­fristig recht frag­würdig. Noch dazu, da sich bere­its deut­lich gezeigt hat, dass Chi­na in BRI-Staat­en wie Polen oder Ungarn keine wesentlichen Investi­tio­nen tätigt, son­dern besten­falls Kred­ite vergibt. Dass ange­führte tajikische Beispiel zeigt, dass chi­ne­sis­che „Schulden-Diplo­matie“ auch von Staat­en am West­balkan ernst genom­men wer­den sollte.(11) Der bekan­nte Fall des Hafens von Ham­ban­to­ta in Sri Lan­ka, ist zwar die „Mut­ter aller chi­ne­sis­chen Schulden­fall­en“, aber keineswegs der tragis­che Einzelfall, wie manch­er Sinologe meint. Neueste Zahlen der Rhodi­um Group zeigen, dass die Vor­würfe der „Schuldendiplo­matie” keineswegs grund­los sind.(12)

Die aktuell gezeigte „neue Offen­heit und Trans­parenz” dürfte der Tat­sache geschuldet sein, das Chi­na nicht über die finanziellen Ressourcen für dieses Vorhaben ver­fügt. Es muss daher west­liche Inve­storen daran beteili­gen. Es wäre wohl zuviel an Ironie, wenn let­ztlich der West­en die chi­ne­sis­che BRI finanzieren würde, aus der Begrün­dung her­aus, dass man offen­bar nicht dazu in der Lage ist, eigene Strate­gien zu entwick­eln. Wie würde dieses Unver­mö­gen mit ein­er etwaig-geplanten Mil­itär­ba­sis im Hafen von Piräus oder Tri­est umgehen?


Fußnoten:

  1. Anm.: das 16+1 For­mat wurde im Jahr 2012 gegrün­det: 11 EU-Mit­gliedsstaat­en (Bul­gar­ien, Kroa­t­ien, Tschechis­che Repub­lik, Est­land, Ungarn, Let­t­land, Litauen, Polen, Rumänien, Slowakei und Slowe­nien) und 5 nicht-EU Mit­gliedsstaat­en (Alban­ien, Bosnien und Herze­gov­ina, Maze­donien, Mon­tene­gro und Serbien)
  2. https://www.dw.com/de/161-gipfeltreffen-china-euphorie-in-dubrovnik/a‑48313303
  3. http://www.ekathimerini.com/239207/article/ekathimerini/business/athens-torpedoes-cosco-plans-in-piraeus
  4. “US Rebuke Sparks Rome Split on Chi­nese Invest­ment Over­tures”, in Finan­cial Times, 7 March 2019, p. 1, https://twitter.com/i/web/status/1103598699475881985.
  5. https://www.huffingtonpost.it/2019/03/11/salvini-frena-sulla-via-della-seta-dopo-il-si-tav-un-altro-passo-per-accreditarsi-a-bruxelles-e-washington_a_23689713/
  6. https://www.forbes.com/sites/thomasbrewster/2019/04/24/five-eyes-spies-play-down-split-on-huawei-5g/#5a242283655a
  7. https://www.reuters.com/article/us-newzealand-china/new-zealand-can-carve-niche-in-revamped-belt-and-road-idUSKCN1SC0W3
  8. A. Ran­jan (2014): The China–Pakistan Eco­nom­ic Cor­ri­dor: India’s Options. Del­hi, Insti­tute of Chi­nese Stud­ies – Occa­sion­al Paper No. 10.
  9. “Malaysia is back on the BRI”, The Asean Post, 20. April 2019, https://theaseanpost.com/article/malaysia-back-bri
  10. “EU Ambas­sadors Band Togeth­er Against Silk Road”, in Han­dels­blatt, 17 April 2018, https://www.handelsblatt.com/23581860.html.
  11. „China’s Debt­book Diplo­ma­cy: How Chi­na is Turn­ing Bad Loans into Strate­gic Invest­ments. The Diplo­mat, 30. Mai. 2018 https://thediplomat.com/2018/06/chinas-debtbook-diplomacy-how-china-is-turning-bad-loans-into-strategic-investments/
  12. https://rhg.com/research/new-data-on-the-debt-trap-question/

Über den Autor

Dr. Bern­hard Seyringer ist Fore­sight Ana­lyst und leit­et den Think Tank MRV Research in Wien/Brüssel.

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