Ver|net|zung, die (f.); (Substantiv v. vernetzen, abgeleitet von Netz); ursp. <althdt.> nezzi „Geknüpftes“; bezeichnet einen Vorgang in dem etwas vernetzt, verknüpft oder verbunden wird; Ergebnis dieses Prozesses ist ein Netzwerk oder System, das aus zuvor noch getrennten Einzelbestandteilen besteht. Vernetzung resultiert in mehr Kommunikation und beschleunigt daher zunehmend die sozialen, technischen und ökonomischen Abläufe. Die Basis für die steigende globale Vernetzung ist der weitere Fortschritt bei den Informations- sowie Kommunikationstechnologien.
Von der Digitalisierung zur Vernetzung
Die Zeiten des „Blechtrottels“ sind lange vorbei. Heute sind praktisch alle Bereiche unseres Lebens „digitalisiert“ – mit enormen Auswirkungen auf Wirtschaft und Alltag. Und es geht rasant weiter: Nach dieser Welle der Digitalisierung kommt nun die Phase der Vernetzung, in der wir uns gerade befinden.
In zunehmendem Maße werden Menschen, Gegenstände und Geräte über Netzwerke und digitale Schnittstellen verknüpft. Als Folge davon können wir immer mehr Objekte in der digitalen Welt identifizieren, lokalisieren, analysieren, beobachten oder steuern und haben Zugriff auf stetig größer werdende Informationsmengen.
Die Zahl der Internetnutzer stieg in den vergangenen 10 Jahren auf das Dreifache – im Jahr 2018 werden es vier Milliarden sein.
In einer maximal vernetzten Welt kommunizieren Menschen mit Menschen, Menschen mit Objekten und Objekte mit Objekten. Ein „Internet der Dinge“ entsteht zusätzlich zum bereits bekannten World Wide Web und lässt die virtuelle und die analoge Welt verschmelzen.
Aber was bringt uns eigentlich diese Vernetzung? Stresst das nicht einfach nur? Wird unser Leben durch noch mehr Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten wirklich einfacher oder nur noch schneller? Wo liegen die Vorteile der Vernetzung?
Das Metcalfe’sche Gesetz geht davon aus, dass der Nutzen eines Kommunikationssystems proportional mit der Anzahl seiner Verbindungen wächst – sofern jeder mit jedem kommunizieren kann –, während die Kosten nur proportional mit der Anzahl der Teilnehmer wachsen. (vgl. Grafik „Wie man unbegrenzte Möglichkeiten schafft”)
Die vernetzte Produktion der Zukunft
Einer der größten Nutznießer zunehmender Vernetzung könnte der heimische Produktionsstandort (→ Standort) und damit unsere Wirtschaftskraft werden.
Moderne IKT (* Informations- und Kommunikationstechnologien = Technologien/ Branchen der Informatik und Kommunikationstechnik) werden, in Kombination mit den Fortschritten in der Produktionstechnik und Robotik, neue, vernetzte, dezentrale, flexible und automatisierte Produktionsnetzwerke – oft als Industrie 4.0 bezeichnet – hervorbringen. Diese haben das Potenzial, den heimischen Industriestandort nachhaltig zu dynamisieren und im globalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu halten.
Dieser Prozess bringt nicht nur für die großen Produktionsbetriebe neue Perspektiven. Gerade die kleineren und mittleren Unternehmen, das Handwerk oder die Kreativbranche können enorm von den neuen flexiblen und potenziell globalen Produktionsnetzwerken profitieren – wenn sie sich nur mit ihnen verknüpfen.
Und genau um dieses Verknüpfen geht’s! Die Möglichkeiten und Chancen von „Industrie 4.0“ müssen für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts genützt werden. Dafür braucht es umfassendere Produktionsnetzwerks-Strategien. Denn wer in dieser Hinsicht jetzt schläft, muss mit einem bösen Erwachen rechnen.
Von Big Data zu Smart Data
Nicht nur die Zahl der vernetzten Menschen und Geräte nimmt zu, auch die Menge von generierten Daten wächst gewaltig, nämlich exponentiell. Uns ist mittlerweile bewusst, dass wir mit jedem Klick digitale Spuren hinterlassen, die verwertet werden. Das ist Big Data (* sehr große und komplexe Datenmengen; können nur mehr durch automatisierte Methoden ausgewertet werden).
Laut Schätzungen werden die global produzierten 4,4 Billionen Gigabyte Datenmenge des Jahres 2014 im Jahr 2020 auf 44 Billionen Gigabyte anwachsen. Nur ein Teil dieser Daten wird, in welcher Form auch immer, gespeichert und circa ein Viertel sind wirklich verwertbare Daten. Also bedeuten mehr Daten nicht bessere Daten.
„Wir müssen aus ‚Big Data‘ ‚Smart Data‘ machen.“ – Erich Peter Klement
Die nutzbaren Datenmengen werden in Zukunft jedoch stark zunehmen und die heute noch junge Big-Data- Analyse wird ein wertvolles Instrument für die Verwertung dieser Daten werden. Denn die Herausforderung besteht darin, aus den riesigen Datenmengen das wirklich Brauchbare herauszufiltern. Es bedarf noch vieler Innovationen, um aus den „großen Daten“ dann auch „kluge Daten“ werden zu lassen.
Daten – ein Rohstoff mit Zukunft
Francis Bacon meinte einst: „Wissen ist Macht“. In Zukunft wird es heißen, „Daten sind Macht“, da sich Wissen aus Information zusammensetzt und Information aus Daten entsteht.
Wer auf die Zukunft in der vernetzten Welt vorbereitet sein will, muss also bedenken, welche Bedeutung Daten in ihr haben werden. Der richtige Umgang mit ihnen wird zu einem entscheidenden Faktor im Standortwettbewerb, aber auch für unser Gesellschaftsleben. Dabei gilt: Datenschatz und Datenschutz gehen Hand in Hand.
Durch eine intelligente Analyse von großen Datenmengen können neue ökonomische Möglichkeiten ausgeschöpft, neue medizinische Erkenntnisse für unsere Gesundheit (→ Gesundheit) entdeckt oder bessere Verkehrskonzepte entwickelt werden. Vernetzung und Datenauswertung können zudem auch unsere Sicherheit vor Kriminalität und Terror erhöhen. Hier fangen die Schwierigkeiten an.
Wo ziehen wir die Grenzen der Datenverwertung? Wann treten der gesellschaftliche oder der wirtschaftliche Nutzen in Konflikt mit der Privatsphäre, den Menschenrechten oder der Freiheit in unserer Gesellschaft?
Der rapide technologische Wandel konfrontiert uns mit Fragen, auf die adäquate Antworten noch fehlen.
Privatsphäre und Transparenz in der vernetzten Welt
Derzeit erleben wir das Entstehen eines digitalen Nervensystems, das bald unsere gesamte Welt umspannen und unterschiedlichste Gesellschaftsbereiche integrieren wird. Überkommene, vertraute Beziehungsmuster werden aufgebrochen oder verändert, festgefügte hierarchische Modelle gelten nur mehr bedingt. Gewohnte gesellschaftliche Strukturen werden den neuen technischen Möglichkeiten angepasst. Unser Leben wird „transparenter“, der „gläserne Mensch“ scheint in vielen Bereichen längst Realität geworden zu sein.
Erste Anzeichen dafür zeigen sich durch die Zunahme von Open-Data-Projekten, die auf der Annahme beruhen, dass positive Entwicklungen forciert werden, wenn Daten für jede und jeden frei zugänglich gemacht werden. So sollen Transparenz, Kooperation und raschere Entwicklungen ermöglicht werden.
„Vernetzung macht vor nichts halt.“ – Richard Hagelauer
Andererseits verlieren wir jedoch immer mehr die Kontrolle über unsere eigenen Daten und laufen Gefahr, immer stärker überwacht, kontrolliert und manipuliert zu werden. Unser Sozial- und Geschäftsverhalten muss sich erst an die virtuelle Umgebung anpassen. Das ist ein Prozess, der möglicherweise noch länger andauern wird.
Was braucht die vernetzte Welt?
Wie bereiten wir uns vor, um fit zu sein für die digital vernetzte Zukunft? Um einen vernetzten Produktionsstandort Realität werden zu lassen, brauchen wir vor allem eine ausreichend gebildete bzw. ausgebildete Bevölkerung: Die Industrie 4.0 braucht den Arbeitsmarkt 4.0.
Voraussetzung dafür ist freilich die „Hardware“, also eine ausgebaute IKT-Infrastruktur (Breitband-Internet), um den neuen Anforderungen an den Datenverkehr gerecht zu werden, aber auch Investitionen in die Sicherheit: die Sicherheit und Zuverlässigkeit unseres vernetzten Systems und die von privaten oder unternehmerischen Daten. Daten- und Systemsicherheit sowie der Schutz der Privatsphäre sind die neuen Top-Standortfaktoren (→ Standort) der vernetzten Welt.
Um die besten Wege in die vernetzte Zukunft zu ergründen, benötigen wir mehr Kommunikation bzw. Netzwerke. Wir brauchen einen öffentlichen Dialog und Diskussionsplattformen, um unser soziales, politisches und unternehmerisches Verhalten an die neuen Herausforderungen anzupassen.
Junge Menschen haben nicht nur das Recht auf eine Ausbildung für das digitale Zeitalter, sie müssen auch den kritischen Umgang mit digitalen Medien lernen und verstehen, wie sich ihr eigenes Leben in der vernetzten Welt präsentiert: Die Schule als digitales Fitnessstudio!