Fortschritt braucht Innovation

Unsere Wirtschaft ist geprägt von ständi­gem Wan­del. Ohne die Dynamik, die durch neue Ideen und Inno­va­tio­nen aus­gelöst wird, würde sie nicht wach­sen, son­dern stag­nieren. Inno­va­tion ist ein zen­traler Grund­baustein unseres Wirtschaftssystems.

Inno­va­tio­nen entste­hen, wenn die Idee im Kopf Umset­zung erfährt, zum Beispiel durch die Ein­führung ein­er neuen Tech­nolo­gie oder eines neuen Medika­mentes am Markt. Kurz: Wenn neue Pro­duk­te oder Dien­stleis­tun­gen auf den Markt kom­men und anwend­bar werden.

NUR MIT UNSERER INNOVATIONSKRAFT KÖNNEN WIR STANDORTNACHTEILE KOMPENSIEREN. – MICHAEL STRUGL

Hier tut sich jedoch für Öster­re­ich ein wichtiges Prob­lem auf: In den let­zten Jahren sinkt die heimis­che Fähigkeit, Inno­va­tio­nen her­vorzubrin­gen, beständig. Dies zeigen die „Inno­va­tion Union Score­boards“, mit denen die Europäis­che Union die Inno­va­tions­fähigkeit ihrer Mit­glied­slän­der darstellt. Zwis­chen 2011 und 2015 hat Öster­re­ich drei Plätze ver­loren und liegt mit­tler­weile nur noch knapp über dem Durch­schnitt aller EU-Staat­en. Dieser Trend gefährdet die Dynamik der Wirtschaft und damit auch den heimis­chen Wohlstand.

RADIKALE INNOVATIONEN ALS LÖSUNG?

Manche Exper­tin­nen und Experten sehen in der Förderung soge­nan­nter radikaler Inno­va­tio­nen einen Hebel, um diesen neg­a­tiv­en Prozess wieder umzukehren. Doch worin beste­ht der Unter­schied zwis­chen „nor­maler“ Inno­va­tion und „radikaler“ Innovation?

Als radikal wird eine Inno­va­tion gemein­hin beze­ich­net, wenn ein neues Pro­dukt nicht ein­fach nur eine Weit­er­en­twick­lung oder Verbesserung von etwas bere­its Beste­hen­dem darstellt, son­dern wenn es grundle­gend neue Lösun­gen bietet und damit kom­plett neue Wege und andere Möglichkeit­en eröffnet.

MAN MUSS ERKENNEN, DASS WIR IN EINER NEUEN ZEIT LEBEN. – JOACHIM HAINDL-GRUTSCH

Das Erfind­en oder Entwick­eln eines der­ar­ti­gen Pro­duk­tes ist natür­lich nicht triv­ial. Und dementsprechend sel­ten sind radikale Inno­va­tio­nen in der Real­ität. Wenn sie aber passieren, dann verän­dern der­ar­tige Inno­va­tio­nen oft Märk­te von Grund auf oder schaf­fen gle­ich gän­zlich neue Märk­te und ver­wan­deln so das Wet­tbe­werb­s­ge­füge von Unternehmen und Wirtschafts­stan­dorten fun­da­men­tal. Ganze Branchen kön­nen ver­schwinden – und mit ihnen die Arbeit­splätze. Gle­ichzeit­ig entste­ht Neues und damit auch Wirtschaftskraft.

DISRUPTIVE ENTWICKLUNGEN

Tritt dies ein, dann spricht man von ein­er dis­rup­tiv­en Entwick­lung: Das Alte, bish­er Dominierende ver­liert dann unwider­ru­flich an Bedeu­tung und wird vom Neuen, dem Inno­v­a­tiv­en abgelöst. Eine neue „Ära“ bricht an. Parade­beispiele für tech­nis­che Inno­va­tio­nen, auf denen einige der dis­rup­tivsten Entwick­lun­gen der Ver­gan­gen­heit beruht­en, sind zum Beispiel Smart­phones, dig­i­tale Fotokam­eras, das Inter­net und Com­put­er oder der Ver­bren­nungsmo­tor. Tech­nolo­gien, denen man in Zukun­ft die größte dis­rup­tive Wirk­macht auf das Leben der Men­schen zutrauen kann, liegen aus heutiger Sicht im Bere­ich der Genetik, der Mikro- und Nanoelek­tron­ik, der Pho­tonik und in der Entwick­lung von neuen Mate­ri­alien und Werkstoffen.

Aber auch in der Entwick­lung inno­v­a­tiv­er Dien­stleis­tun­gen in der dig­i­tal ver­net­zten Welt liegt großes Poten­zial, wie die Beispiele Face­book, Google, Wikipedia, Run­tas­tic, Uber oder Airbnb zeigen. Ger­ade neue dig­i­tale Dien­stleis­tun­gen haben, da sie bish­er gewohnte Ver­hal­tens­muster in Frage stellen und effek­ti­vere oder neue Wege aufzeigen, enormes Wirkungspoten­zial in unser­er Welt, die sich zunehmend dig­i­tal vernetzt.

Die genan­nten Beispiele zeigen aber auch, dass es sich dabei nicht zwangsläu­fig um eine pos­i­tive Entwick­lung für alle han­delt. Der Prozess ein­er dis­rup­tiv­en Inno­va­tion bringt immer sowohl Ver­lier­er als auch Gewin­ner her­vor. „Ver­schlafen“ die Unternehmen ein­er Region den Sprung in einen neu ent­stande­nen oder sich verän­dern­den Markt, so ver­lieren sie den Anschluss und gehen im glob­alen Wet­tbe­werb unter. Das Beispiel des früher bedeu­ten­den Mobil­tele­fon­her­stellers Nokia, der nicht auf Smart­phones set­zen wollte und heute keine Mobil­tele­fone mehr pro­duziert, kann hier als War­nung gelten.

VERSCHLAFEN HEIMISCHE UNTERNEHMEN DISRUPTIVE ENTWICKLUNGEN, KANN DAS SCHRECKLICHE AUSWIRKUNGEN AM ARBEITSMARKT HABEN. – MICHAEL SHAMIYEH

Doch müssen dis­rup­tiv wirk­ende Inno­va­tio­nen wirk­lich immer auch radikal sein? Oder wer­den die wirk­lich umwälzen­den Entwick­lun­gen doch eher von Inno­va­tio­nen aus­gelöst, die ander­er Natur sind? Ein Experten­fo­rum der ACADEMIA SUPERIOR kam zum Schluss, dass dis­rup­tive Entwick­lun­gen auch von Inno­va­tio­nen aus­gelöst wer­den kön­nen, die bere­its Beste­hen­des weiterentwickeln.

Dies geschieht am ehesten, wenn zum Beispiel einige bere­its existierende Tech­nolo­gien auf inno­v­a­tive Art und Weise miteinan­der verknüpft wer­den und etwas Neues geschaf­fen wird, so geschehen zum Beispiel beim Smart­phone (Inter­net, Mobilkom­mu­nika­tion und Touch­screens) oder dem Per­son­al Com­put­er (Schreib­maschi­nen, Rechen­maschi­nen, Bild­schirme). Ger­ade wenn etwas bere­its Gewohntes neu kom­biniert wird und so neue Möglichkeit­en entste­hen, sind auch die Wider­stände gegen die Inno­va­tion am ger­ing­sten und ihr Wirkungs­grad am höchsten.

INNOVATIONSFÄHIGKEIT HEBEN

Die gute Nachricht lautet: Egal welche Art von Inno­va­tion – ob dis­rup­tiv, radikal oder keines von bei­den –, wirk­lich zen­tral ist, dass Inno­va­tion über­haupt passiert. Vor allem bes­timmte regionale Fak­toren, Unternehmen­skul­turen und Ein­stel­lun­gen der han­del­nden Per­so­n­en kön­nen dabei helfen, die Inno­va­tions­fähigkeit ein­er Gesellschaft als Ganzes zu erhöhen.

INNOVATION MUSS ZU UNSERER DNA GEHÖREN. –  JOSEF KINAST

Manche Fak­toren, welche die Inno­va­tions­fähigkeit erhöhen, sind all­seits bekan­nt: etwa staatliche Investi­tio­nen in Forschung und Bil­dung oder Förderun­gen für Unternehmensgrün­dun­gen. Ein großer Teil der Inno­va­tion­sleis­tun­gen entste­ht auch in existieren­den Unternehmen. Deren Unternehmen­skul­turen im Umgang mit Inno­va­tion prä­gen stark den Erfolg ihrer Entwick­lun­gen. Fir­men, die nicht nur ihre Pro­duk­te verbessern, son­dern danach streben, diese immer wieder zu erneuern, die Ideen in allen Bere­ichen zulassen – seien ihre Wirkun­gen auch noch so mar­gin­al – und die kreatives externes Poten­zial nutzen, entwick­eln aus sich selb­st her­aus eine pos­i­tive Inno­va­tion­skul­tur. Frei nach dem Mot­to des Nobel­preisträgers Oliv­er Smithies: „Wenn man mit zehn Per­so­n­en über eine Idee redet, stehlen zwei diese Idee, aber acht geben einem eine bessere.“ (mehr dazu)

CORPORATE SPIN-OFFS FÜR DIE GESCHWINDIGKEIT

In der glob­al­isierten Welt ist eine der größten Her­aus­forderun­gen die steigende Geschwindigkeit. Wie kön­nen Unternehmen so schnell Ideen zu Inno­va­tio­nen trans­formieren, dass sie im glob­alen Wet­tbe­werb einen Schritt voraus bleiben? Durch Cor­po­rate Spin-Offs.

WENN NICHTS GESCHIEHT, FALLEN WIR WEITER ZURÜCK. –  MARKUS MANZ

Entste­ht eine neue Idee im Unternehmen, die aber nicht zum Kerngeschäft gehört, so kann ein „Ableger“ des Unternehmens gegrün­det wer­den, der ver­sucht, diese Idee zu real­isieren. Die Trans­for­ma­tion von der Idee zur Inno­va­tion passiert dort in der Regel um vieles schneller, als es im „alten“ Unternehmen möglich gewe­sen wäre. In vie­len der inno­v­a­tivsten Regio­nen, wie Israel, Schwe­den oder den USA, sind Cor­po­rate Spin-Offs mit­tler­weile eine weit ver­bre­it­ete Unternehmen­sprax­is gewor­den. (mehr dazu)

DER WISSENSCHAFT DAS KOMMUNIZIEREN LEHREN

Neue Ideen, die das Poten­zial haben, in Inno­va­tio­nen ihre Umset­zung zu erfahren, entste­hen oft auch im Kon­text von Forschung­sein­rich­tun­gen und Hochschulen. So ist zum Beispiel eine beträchtliche Anzahl an Paten­ten an der Johannes Kepler Uni­ver­sität reg­istri­ert, allerd­ings passiert damit nicht genug. Die Forderung lautet also: Der Out­put der Hochschulen in Rich­tung umset­zbar­er Inno­va­tio­nen muss erhöht wer­den. Für die Lösung dieser Auf­gabe gibt es hier drei neue Antworten, die alle gle­ich­berechtigt nebeneinan­der stehen.

  1. Wis­senschaf­terin­nen und Wis­senschafter müssen ihre Hal­tung gegenüber der Öffentlichkeit ändern und damit begin­nen, ihre Forschun­gen noch aktiv­er an die Medi­en und die Öffentlichkeit zu kom­mu­nizieren. So wer­den nicht nur neue Ergeb­nisse schneller pub­lik, son­dern es entste­hen auch Aufmerk­samkeit und Inter­esse an der Forschung. Wenn dies dazu genützt wird, um mehr finanzielle Mit­tel – etwa durch pri­vate Investi­tio­nen und Spenden – zu gener­ieren, dann steigt die Inno­va­tion­sleis­tung der heimis­chen Forschung automatisch.
  2. Wis­senschaf­terin­nen und Wis­senschafter müssen ihre Hal­tung gegenüber der eige­nen Forschung ändern. Es sollte für sie selb­stver­ständlich­er wer­den, ihre Forschun­gen nach Möglichkeit selb­st oder durch Dritte zu ein­er unternehmerischen Umset­zung zu bringen bzw. auch an Din­gen zu forschen, die umset­zbare Ziele haben.
  3. Die Poli­tik muss an den Hochschulen Milieus „kreativ­er Spiel­wiesen“ ermöglichen. Dort sollen die tal­en­tiertesten Köpfe auch ver­rück­te Dinge machen dür­fen. So kann Grund­la­gen­forschung radikal neue Erken­nt­nisse liefern, die dann in der Folge zu radikalen Inno­va­tio­nen führen werden.

WISSENSCHAFTERINNEN UND WISSENSCHAFTER MÜSSEN IHRE FORSCHUNG AKTIVER AN DIE MEDIEN KOMMUNIZIEREN. – JOSEF PENNINGER

Pub­lika­tion:

W³ Studie: Radikale Inno­va­tio­nen und dis­rup­tive Technologien