Mit dem SURPRISE FACTORS SYMPOSIUM im März 2014 begann das nunmehr vierte Arbeitsjahr von ACADEMIA SUPERIOR. Auch heuer wurden mit internationalen Expertinnen und Experten sowie mit Mitgliedern unseres wissenschaftlichen Beirats und Studierenden wieder jene Fragen diskutiert, die wir uns für eine bessere Zukunft in Oberösterreich und über die Grenzen Oberösterreichs hinaus stellen sollten. So auch das Thema: „Grenzerfahrungen — Die Kraft, aus Krisen zu wachsen”.
Krisen und unerwartete Ereignisse stellen Mensch und Gesellschaft immer wieder vor große Herausforderungen. Ein Beispiel dafür ist die seit 2008 andauernde Wirtschaftskrise. Die zentrale Erkenntnis, die wir als ACADEMIA SUPERIOR aus der Beschäftigung mit solchen Ereignissen gewinnen konnten, ist diese: Niederlagen können, wenn sie geschickt analysiert und die richtigen Lehren daraus gezogen werden, langfristig die Grundlage für zukünftige Erfolge sein. Doch dazu müssen Grenzen überschritten und die eigene Komfortzone verlassen werden.
Die Vorteile der Überwindung von Grenzen
Menschen, Staaten, Unternehmen und Organisationen haben eines gemein: Sie bewegen sich zum überwiegenden Teil innerhalb ihrer eigenen Komfortzone. Wer aber bereit ist, diese Komfortzone zu verlassen und seine eigenen gedanklichen Grenzen zu überwinden, der hat die Chance, seinen Horizont zu erweitern. Nur wer seine Komfortzone verlässt und sich mit neuen Dingen befasst, lernt Risiken einzuschätzen,Entscheidungen zu treffen und Neues zu entdecken. Mehr noch: Wer riskiert und den Erfolg sucht, wächst als Mensch und entwickelt sich mittel- und langfristig zu einer echten Führungspersönlichkeit.
Oberösterreich benötigt auch weiterhin Menschen mit klaren Zielen und Visionen sowie Menschen, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen. Zur bestmöglichen Unterstützung der Wegbereiter unseres Landes sehe ich es als wesentliche Aufgabe der ACADEMIA SUPERIOR, die Informationen über die Zukunft Oberösterreichs zusammenzutragen und zu filtern und darüber hinaus auch entsprechend aufzubereiten. Nur so können wir unseren Auftrag, politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern klare Handlungsmuster für zukünftige Ereignisse liefern zu können, erfüllen. Denn nur so können wir sie dabei unterstützen, Oberösterreich mit sicherer Hand in die Zukunft zu führen. Wenn ich sage, dass wir die Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger unterstützen müssen, bedeutet das aber auch, dass wir nicht davor zurückschrecken dürfen, fallweise unpopuläre Empfehlungen auszusprechen.
Resilienz hilft bei extremen Ereignissen
Zahlreiche Naturkatastrophen und ihre mannigfaltigen Nachbeben haben uns eines gelehrt: X‑Events, also extreme Events, brechen unmittelbar und schnell über Menschen und Staaten herein. Für Oberösterreich ziehen wir daraus die Lehre, dass sich das Land auf künftige Ereignisse noch besser vorbereiten muss, um das Hereinbrechen von X‑Events möglichst vorhersehbar zu machen. Aus den Expertengesprächen und mit einem ausgewogenen Blick auf die Faktenlage konnten wir schlussfolgern, dass eine hohe Resilienz den besten Schutz gegen potenzielle Katastrophen bietet. Außerdem gilt in diesem Zusammenhang das Motto „Small is beautiful”.
Denn kleinere Einheiten sind deutlich weniger anfällig als große, komplexe Strukturen. Das relativ kleine Land Oberösterreich muss daher alles daran setzen, seine kulturelle, wirtschaftliche und politische Selbständigkeit auszubauen. Das darf im Gegenzug aber nicht bedeuten, dass sich das Land abkapselt — ganz im Gegenteil. Ein behutsamer und überlegter Ausbau der Vernetzungen zwischen Oberösterreich und anderen (internationalen) Standorten ist eines der Gebote der Stunde.
Bildung als entscheidender Wettbewerbsvorteil
Vernetzung bedeutet aber im Umkehrschluss immer auch Wettbewerb. Und wir dürfen nie die Tatsache aus den Augen verlieren, dass sich Oberösterreich in einem europäischen Wettstreit der Regionen befindet. Um auch in Zukunft in den Bereichen Wirtschaft, Forschung und Wissenschaft reüssieren zu können, ist es von außerordentlicher Bedeutung, dass wir in unsere Jugend investieren, denn die Investition in die Bildung — und somit auch in die Zukunft — stellt einen der wichtigsten Faktoren für die Widerstandsfähigkeit eines Landes dar.
Unser Land darf gerade im Bildungsbereich nicht zurückfallen, denn Investitionen in die Zukunft sind entscheidend, um unsere Resilienz zu stärken. Nicht nur in Krisenzeiten, sondern besonders in der Vorbereitung auf mögliche kritische Wendepunkte brauchen wir kluge Köpfe, die Anzeichen erkennen, richtig deuten und das nötige Know-how besitzen, die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen.
Fiktion kann uns helfen, die Zukunft zu verstehen
Doch nicht nur die Politik ist gefragt. Auch die Forschung ist dazu angehalten, alte Denkmuster in Frage zu stellen und neue Wege einzuschlagen. Gerade wenn es um extreme Events und künftige Bedrohungsszenarien geht, müssen unorthodoxe Ansätze in Betracht gezogen werden.
Hier können wir uns auch Anleihen aus der Fiktion nehmen, wie etwa die Analyse von Katastrophenliteratur, von Filmen und TV-Serien. Denn die literarische Apokalypse bietet uns interessante Möglichkeiten, um mögliche Zukunftsszenarien auf ihre Plausibilität hin abzuklopfen.
Für ACADEMIA SUPERIOR bedeutet das: Wir müssen auch in diesem Bereich unseren Blick schärfen, dabei mögliche relevante Szenarien für Oberösterreich identifizieren, und uns in der Folge auf mögliche Herausforderungen vorbereiten.
Zur Person
Markus Hengstschläger ist Wissenschaftlicher Leiter der ACADEMIA SUPERIOR. Er ist Vorstand des Instituts für Medizinische Genetik an der Medizinischen Universität Wien und Leiter der genetischen Abteilung des Wunschbaby Zentrums, Wien. Mitglied des Österreichischen Rates für Forschung und Technologieentwicklung sowie Stv. Vorsitzender der Bioethikkommission. Außerdem auch Mitglied des Universitätsrats der Johannes Kepler Universität Linz.