Wie sehen Jugendliche in Oberösterreich ihre Zukunft?
Diese Frage wird oft gestellt. Eine neue Befragung, die vom Jugendreferat des Landes in Auftrag gegeben worden ist, versucht darauf einige Antworten zu liefern.(1) Teilweise mit überraschenden Ergebnissen.
Vorneweg — die Mehrheit der Jugendlichen zwischen 14 und 22 Jahren erwartet sich scheinbar Gutes von der Zukunft: 65% sehen mit Zuversicht auf die kommenden Zeiten; 20% mit Skepsis und 11% mit Sorgen. Damit ist die Jugend in Oberösterreich um einiges positiver eingestellt, als der Durchschnitt der österreichischen Bevölkerung: 20% haben Sorgenfalten im Gesicht, wenn sie an die Zukunft denken; 28% sind skeptisch und nur 44% gehen voller Zuversicht in die bevorstehende Zeit.
Ländliche Gemeinden — Sorgen über Sorgen?
So weit so gut. Bei genauerem Hinsehen fallen jedoch einige Feinheiten auf. Die Zahlen verändern sich etwas, wenn man differenziert, wo die Jugendlichen leben. Betrachtet man nur die Jugendlichen aus Gemeinden mit weniger als 2.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, dann fällt das Ergebnis wenig ermutigend aus: nur mehr 44% sehen mit Zuversicht in die Zukunft; 30 % sind skeptisch und bereits 19% äußern offene Sorgen. Dies ist ein klares Abbild der demographischen und ökonomischen Herausforderungen, vor den der ländliche Raum in Zukunft gestellt werden wird und vor dem die ACADEMIA SUPERIOR bereits oft gewarnt hat.(2) Im Gegensatz dazu sehen die jungen Bewohnerinnen und Bewohner aus größeren Gemeinden ihre Perspektiven viel positiver.
Aber: Die Zukunftserwartungen der Jugend bewegen sich bereits seit der ersten Befragung im Jahr 1999 etwa auf dem gleichen Niveau. Entschärfend wirkt auf den ersten Blick auch, dass 85% der Befragten generell mit ihrer derzeitigen Lebenssituation zufrieden sind. Aber wiederum sind nur 62% der Jugendlichen aus Gemeinden mit unter 2.000 Einwohnerinnen und Einwohnern damit zufrieden — immerhin mehr als die Hälfte.
Die Befragung zeigt somit eindeutig: Will man der Abwanderung aus den ländlichen Regionen entgegenwirken, dann müssen diese attraktiver werden. Eine sinnvolle Maßnahme, die ACADEMIA SUPERIOR bereits seit Jahren dafür fordert, ist der flächendeckende Ausbau des Breitband-Internetzugang, um den ländlichen Regionen zumindest für die digitale Zukunft die gleichen Chancen zu geben, wie den urbanen Räumen.
Was will die Jugend?
Bereits seit Beginn der Befragungen stehen bei der oberösterreichischen Jugend (ganz im europäischen Trend) die Familie und Freunde an der erster Stelle der Dinge, die für das Leben am wichtigsten erscheinen. Danach kommen Gesundheit und eine gute Ausbildung. Am wenigsten Bedeutung haben die Themen „Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen” sowie Glaube und Spiritualität. Als positiv bewertet die befragte Jugend interessanterweise den Fortschritt in den Wissenschaften aber auch die laufende Entwicklung neuer Technologien. Ebenfalls positiv wahrgenommen werden die vermehrten Freizeitalternativen, die Möglichkeit der gesünderen Lebensführung und der zunehmende Umweltschutz.
Zwei Problematische Entwicklungen?
1. Steigende Zuwanderung: diese wird von der Mehrheit der Befragten als problematisch eingestuft. Hier zeigt sich auch eine deutlicher werdende Segmentierung der Gesellschaft. So haben Jugendliche ohne Migrationshintergrund selbst kaum Freunde, deren Wurzeln außerhalb Österreichs liegen — während Jugendliche mit Migrationshintergrund vermehrt Freunde haben, die selbst auch Migrantinnen und Migranten sind. Insgesamt hat aber die Zahl derjenigen, die Freunde mit Migrationshintergrund haben, doch etwas zugenommen. Als zentrale Maßnahmen, um die Integration zu verbessern, werden von den Befragten das Erlernen besserer Deutschkenntnisse genannt und ganz allgemein ein Mehr an Toleranz den „Anderen” gegenüber. Deutlich gespalten sind die Jugendlichen bei der Frage, ob das Erlernen von Deutsch eine Voraussetzung für die Einbürgerung sein sollte: 51% sind dafür, 49% dagegen.
2. Zunehmende Entschleunigung: als Rückschritt bewerten es viele Jugendliche, wenn das Alltagsleben etwas langsamer abläuft. Ein seltsamer Befund, wird doch sonst meist eher das Gegenteil beklagt und oft eine bewusste Entschleunigung gefordert.
Die „Jugend” gibt es nicht
Generell darf man sich jedoch bei der Bewertung dieser Umfragen nicht dem Glauben hingeben, dass alles eindeutig analysiert werden könne. Die „Jugend” gibt es nämlich nicht.(3) Das stellte z.B. bereits im Vorjahr eine andere Studie fest(4), die dann auch konsequent zwischen sechs unterschiedlichen Gruppen von Jugendlichen in Österreich unterschied, die jeweils unterschiedliche Strategien im Umgang mit den gesellschaftlichen Unsicherheiten der Gegenwart anwenden.(5) (siehe Abbildung rechts). Die Gruppen haben unterschiedlichen Zugang zu Ressourcen und damit unterschiedliche Möglichkeiten, ihre Zukunft selbst zu gestalten. Manche können dementsprechend positiver in die Zukunft blicken während andere nur versuchen können, das Beste aus ihrer Situation zu machen.(6)
Die Analyse bleibt dahingehend gespalten: auf der einen Seite konnten Jugendliche noch nie so selbstbestimmt leben wie heute. Auf der anderen Seite steht die überwiegende Mehrheit der Jugendlichen aber unter einem hohen Druck, vor allem was die wirtschaftlichen Möglichkeiten betrifft.
Quellen:
(1) IMAS: Oberösterreichische Jugendstudie 2014. Auf: jugendarbeit.ooe-jugend.at am: 10.07.2014.
(2) ACADEMIA SUPERIOR: Wie kommt die oö. Wirtschaft zu den Schlüsselkräften von morgen? Auf: academia-superior.at am 23.10.2013.
(3) Uwe Mauch/ Manuela Eber: Eine Generation unter Druck. Auf: kurier.at am: 04.04.2013.
(4) INTEGRAL Marktforschung/ T‑FACTORY Trendagentur: Sinus-Milieu-Jugendstudie. 2013. Auf: integral.co.at am 04.04.2013.
(5) Karin Schuh: Jugendstudie: „Hedonisten sind die neuen Proletarier”. Auf: presse.at am: 04.04.2013.
(6) Gudrun Wolfschluckner: „Junge sind nicht per se Digital Natives”. Auf: werbeplanung.at am: 05.04.2013.