Die Bedeutung der Energie-Thematik für die Zukunft Europas wird einem bewusster, wenn man sich vor Augen führt, dass z.B. Deutschland derzeit 10% seines Bruttoinlandsproduktes allein für die Bereitstellung von Elektrizität aufbraucht. Wenn diese Energie ausschließlich aus Photovoltaik-Anlagen zu wahren Kosten, d. h. ungefördert produziert werden würde, würde es dafür mehr als 50% seines BIP benötigen.
Kohle, der Energieträger auch im 21. Jahrhundert?
Energie und Rohstoffe sind jedoch die Schlüsselressourcen der produzierenden Industrie und müssen daher zu global wettbewerbsfähigen Rahmenbedingungen für die Europäische Industrie gesichert werden. Nur so kann eine weitere De-Industrialisierung Europas vermieden werden. Bspw. liegt der Gaspreis in den USA aufgrund der Fracking-Technologie derzeit bei ca. einem Drittel des europäischen Gaspreises und die Volksrepublik China kauft seit 20 Jahren möglichst viele Rohstoffminen in Afrika und Südamerika auf (Stichwort: land-grabbing), um sich die zukünftig benötigten Rohstoffe zu sichern.
Jener Energieträger, dessen Nutzung in absoluten Zahlen im Zeitraum 2000 bis 2010 am stärksten zunahm, war (trotz des Booms der „Erneuerbaren”) Kohle. Diese deckte knapp die Hälfte des gesamten Zuwachses des Welt-Energieverbrauchs. Wobei vor allem China beinahe für den gesamten Zuwachs des Energieverbrauchs und damit auch für den CO2-Ausstoß, verantwortlich ist. Die Reichweite der bekannten Kohlevorräte liegt beim heutigen Verbrauch bei ca. 150 Jahren und ist damit höher als bei jedem anderen nichterneuerbaren Energieträger.(1)
Energieerzeugung zu leistbaren Preisen
Viele Kraftwerkstypen, die auf sogenannten erneuerbaren Energiequellen basieren — Wind und Photovoltaik -, sind aus Sicht der Energieerzeuger, die die Stromversorgung zu jeder Zeit sicherstellen müssen, nicht primär „Erneuerbare”, sondern vor allem unplanbare Kraftwerke, weil man nicht steuern kann, ob der Wind bläst wenn viel Strom gebraucht wird. Deshalb ist es, solange es keine großtechnischen Mega-Strom-Speicher gibt, nicht sinnvoll, in den weiteren Ausbau dieser unplanbaren Kraftwerke zu investieren, die schon derzeit zu bestimmten Zeiten zu negativen Strompreisen an den Strombörsen führen und damit den Strommarkt völlig zerrütten.
„Der Weltenergieverbrauch hat sich seit 1950 verfünffacht, auf ca. 600 Exajoule pro Jahr.”
Die vielen Offshore Windparks in Deutschland stehen selbst bei idealem Wind zu über 30% still weil die Leitungen zu schwach sind und der Strom nicht gespeichert werden kann. Gleichzeitig gibt es in Europa, an kalten Wintertagen mit viel Wind und Sonne, immer mehr Tage mit massiver Überproduktion von Strom, der nicht gespeichert werden kann, was zu zu negativen Strompreisen an den an den Strombörsen führt.
Die Energiedichte des Energiespeichers ist und bleibt der Schlüssel für alle Mobilitätstechnologien
Die Energiedichte eines Energiespeichers (Kraftstoffes) ist und bleibt der Schlüssel für alle Mobilitätstechnologien. Leider ist selbst die derzeit modernste Akkutechnologie (Lithium-Ionen Akkus), um den Faktor 110 schlechter in der Energiedichte als z.B. Benzin oder Dieselkraftstoff. D.h. ein Lithium-Ionen Akku, dessen Energieinhalt 50 kg Benzin entspricht, müsste ca. 5.500 kg wiegen. Das Problem, das von vielen nicht gesehen wird, ist NICHT die geringe Energiedichte moderner Lithium-Ionen Akkus. Das „Problem” ist vielmehr die unvorstellbar hohe Energiedichte von Kraftstoff (ca. 44,000.000 Joule je kg), das nur von der Kernspaltung übertroffen wird (2).
Den oft erwähnten Vorteil des höheren Wirkungsgrades besitzen Elektroautos nur beim Fahren. In städtischen Staus geht dieser Vorteil verloren.(3) Denn je niedriger die Durchschnittsgeschwindigkeit ist, umso höher ist der Energieanteil, der für das Heizen im Winter bzw. Kühlen im Sommer benötigt wird. Elektrisch Heizen (und Kühlen) ist Gift für die Reichweite der Akkus der Elektroautos. Ein Mittelklasse PKW braucht an einem kalten Wintertag permanent ca. 3 KW zum Heizen, selbst wenn er dabei im Stau keinen Meter weit fährt.
Quellen:
(1) World Energy Outlook 2011
(2) Wikipedia: Energiedichte 03.06.2014
(3) vgl.: MIT Technology Review 9/2011
Zur Person
Der gebürtige Linzer DI Bruno Lindorfer studierte allgemeinen Maschinenbau an der TU Wien und startete seine berufliche Laufbahn 1981 bei der VOEST-ALPINE AG in Linz. Bis zum Jahr 2008 war er global Senior Vice President Innovation der SIEMENS VAI. Seit dem Jahr 2008 ist er Geschäftsführer der Business Upper Austria (früher TMG) und seit 2011 Geschäftsführer der OÖ Innovationsholding GmbH. Außerdem arbeitet er als Lehrbeauftragter für Innovationsmanagement an der JKU-Linz.