Offene Türen empfangen den Besucher am Institut für Festkörperelektronik. „Diese Offenheit habe ich aus Amerika mitgenommen”, betont der Institutsvorstand Univ. Prof. Erich Gornik und bittet, Platz zu nehmen. Das Thema Bildung und Schulsystem ist dem Physiker ein großes Anliegen: „Das alltägliche Unterrichtsleben soll mit jenen Mitteln gestaltet werden, die auch im Alltag eine Rolle spielen. Kinder nutzen heute alle technischen Geräte und diese werden im Schulalltag wie Fremdkörper behandelt.” Es geht in erster Linie um das Verstehen und Zusammenhänge erkennen und nicht um das reine Fakten lernen. „Wir prüfen viel zu viel. Die Begeisterung der Lehrer ist unendlich wichtig. Das selbständig e Arbeiten muss viel früher beginnen — nicht erst mit der Diplomarbeit”, meint der Vater schulpflichtiger Kinder und spricht hier nicht nur als Universitätsprofessor.
Handy als überraschendste Entwicklung
Die Frage, welche Entwicklungen ihn am meisten überrascht haben, kommt ohne zu zögern: „Das Handy. Mit welcher Geschwindigkeit sich diese Geräte auf der ganzen Welt verbreitet haben und zum Alltagsgerät geworden sind, hat mich wirklich überrascht”. Gornik bestätigt, dass der elektronische Sektor exponentiell wächst. Das Geheimnis für die Verbreitung sieht er darin, „dass wir die Grundlagen verstehen und dass sie funktionieren.” Er sieht es als selbstverständlich, dass wir die elektronischen Techniken nutzen. „Natürlich ist es wichtig, alle diese Möglichkeiten im rechten Maß zum Einsatz zu bringen und zu nutzen. Es darf dabei aber das Naturerleben nicht verloren gehen”, betont der Nano-Physiker.
Zwei Themenfelder für die westliche Zivilisation
„Die Energie- und Ressourcenfrage überblickt von den politisch Verantwortlichen heute niemand mehr”, ist Gornik überzeugt. Und genau diese Fragestellung wird uns in Zukunft enorm bestimmen und herausfordern. „Damit hängt ganz eng die Verteilungsgerechtigkeit und der Demokratieverlust zusammen”, äußert Gornik nicht ganz unaufgeregt: „Die Demokratie wurde in der westlichen Welt von den Konzernen und Banken ausgehebelt und die Politik vertritt nicht mehr die Bevölkerung, sondern die Interessen der Finanzwirtschaft. Es braucht neue Modelle der Demokratie und Fairness im Sinne der Gerechtigkeit. Das gilt es neu und gemeinsam zu etablieren. Es ist genug für alle da, nur falsch verteilt. Hier wundert mich immer wieder, wie viel sich die heutige Jugend gefallen lässt und ohnmächtig auf diese Situation reagiert. Ich sehe eine Aufgabe unsererseits darin, die Jungen zu mobilisieren und Zukunft neu zu denken.” Man spürt im Gespräch, dass es dem bald 67-Jährigen in dieser Sache auf der Seele brennt.
Warum Beirat?
Ist das der Grund, warum sie als Beirat bei ACADEMIA SUPERIOR mitwirken? „Ich finde es spannend, Einfluss zu nehmen auf künftige gesellschaftliche Modelle und Entwicklungen. Die Politik muss wieder zu ihrer Aufgabe zurückfinden: den einzelnen Menschen zu unterstützen gegen die großen Organisationen und die multinationalen Gesellschaften, die ganze Staaten und Bevölkerungsschichten ausbeuten. Die demokratischen Grundprinzipien sind de facto abgeschafft. Inzwischen sind ja lauter Kleingeister am Werk, die mit der Macht koalieren und sich freuen, wenn sie mit den Mächtigen am Tisch sitzen.” Er spricht auch davon, dass Intellektuelle tatsächlich in ihrer Freiheit des Denkens gefährdet sind, „weil überall die Machtinstrumente greifen und der Mensch immer und überall kontrolliert wird”.