Beim 13. DIALOG diskutierte Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger mit dem Bildungskritiker und Buchautor Dr. Andreas Salcher. Themen des Abends waren das österreichische Bildungssystem und Salchers neues Buch „Ich bin für Dich da“.
Academia Superior Obmann Dr. Michael Strugl konnte sich wieder über einen bis zum letzten Platz gefüllten Saal freuen und fasste am Ende der Diskussion zusammen: „In Zukunft kann es nicht mehr darum gehen, wie es im Bildungssystem weitergehen soll – das wissen wir schon genau – heute muss es darum gehen, warum es noch nicht getan wird.“
„Keiner würde akzeptieren, wenn jedes fünfte Auto nicht funktioniert“
Diese Woche wurden wieder die Ergebnisse des PISA-Tests veröffentlicht. Österreichs Bildungssystem ist demnach zwar das zweitteuerste der OECD-Staaten, aber bei den Ergebnissen nur im Mittelfeld. Und seit 16 Jahren mit Tendenz nach unten. Das österreichische Bildungswesen ist für Salcher ein „planwirtschaftliches System, das sich nicht am Kunden orientiert“ und das viele Geld im System komme in Wahrheit zu wenig bei den Schülerinnen und Schülern an.
Besonders schwer wiegt für Andreas Salcher, dass jedes fünfte Kind in Österreich nach neun Jahren Pflichtschule nicht sinnerfassend lesen kann. Es kann nach dem Lesen eines Textes nicht sagen, worum es darin gegangen ist. „Aber in Österreich wird das einfach so hingenommen. Dabei würde ja auch keiner akzeptieren, wenn jedes fünfte Auto nicht fährt”, äußerte Salcher seinen Unmut über die fehlende Reformbereitschaft.
Lehrer sind zu wenig auf die inhomogene Schülerschaft vorbereitet
Salcher sieht die Schulen jedoch in Geiselhaft politischer Ideologien und ist ein großer Verfechter der Schulautonomie. Er findet: „Lehrerinnen und Lehrer sollten alle Unterstützung bekommen, die möglich ist und die Lehrerausbildung und muss reformiert werden. Denn die Lehrerinnen und Lehrer werden zu wenig auf die heterogenen Schülergruppen der Gegenwart vorbereitet.“ Positiv bewertet Salcher, dass scheinbar langsam ein Umdenken auf höchster Ebene stattfindet und Ministerin Dr. Sonja Hammerschmid und Staatssekretär Dr. Harald Mahrer die derzeitige Situation als „inakzeptabel“ bewerten.
5 Sofort-Maßnahmen zur Verbesserung des Schulsystems
Auf die Frage von Markus Hengstschläger, was er als konkrete Sofortmaßnahmen vorschlagen würde, nannte Salcher fünf Punkte:
- Streichung der strikten 50-Minuten Schulstunden
- Durchführung einer digitalen Bildungsreform
- Ein ordentlicher Arbeitsplatz für jede Lehrerin und jeden Lehrer in der Schule
- Einführung täglicher körperlicher Bewegungseinheiten
- Soziale Kompetenztests, zusätzlich zu den bereits bestehenden kognitiven Kompetenztests
Setzen wir uns zum Ziel, die besten Kindergärten der Welt zu haben. – Andreas Salcher
Außerdem waren sich Salcher und Hengstschläger einig, dass mehr Anerkennung, Geld und Aufmerksamkeit in die Frühförderung an Kindergärten und Volksschulen fließen müsse. „Alle Studien zeigen, am meisten kann im Bildungssystem erreicht werden, wenn in die frühen Phasen der Bildung investiert wird. Setzen wir uns doch als Ziel, die besten Kindergärten der Welt zu haben!“, fügte Salcher an.
In erhöhten Mitteln für Frühförderung in Kindergärten und Volksschulen sowie in nach Leistung differenzierenden Gesamt- und Ganztagsschulen sieht Salcher einen Weg um die Bildungs-Chancengerechtigkeit in der Gesellschaft zu erhöhen.
Echte Freundschaften sind harte Arbeit
Abschließend war auch Andreas Salchers neues Buch „Ich bin für dich da. Die Kunst der Freundschaft“ Thema des DIALOG. Salcher stellt darin zehn Gebote für gute Freundschaften auf. Er bemerkte dazu: „Unser theoretischer, moralischer Anspruch an Freundschaft ist sehr hoch, praktisch ist das kaum umsetzbar.“ Laut Salcher, sollten wir aufhören von „Freunden fürs Leben“ zu sprechen, denn diese seien extrem selten. „Eine lange Freundschaft dauert laut Statistik durchschnittlich 26 Jahre. Umso wichtiger ist es, sich um seine Freunde zu kümmern. Sonst ist der letzte treue Freund im Alter kein Zwei- sondern ein Vierbeiner“, und Salcher weiter: „Man muss sich gerade dann Zeit für seine Freunde nehmen, wenn man glaubt, diese Zeit nicht zu haben.“