Überschattet von den Terroranschlägen in Paris, trafen sich Schülerinnen und Schüler sowie Experten und Politiker bei den 3. Dachsberger Zeitgesprächen, um über die Zukunft Europas zu diskutieren.
Visionen — Werte — Grenzen
Unter dem Thema „Europa: Visionen-Werte-Grenzen“ haben 22 Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Dachsberg sich in den vergangenen Monaten als YOUNG ACADEMIA unter Leitung von Prof. Brigitte Söllinger und in enger Kooperation mit ACADEMIA SUPERIOR intensiv mit Europa und der Europäischen Union beschäftigt. Nun wollten sie ihre offenen Fragen mit eingeladenen Vertretern aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft diskutieren.
Gemeinsam mit Michael Strugl, Obmann von ACADEMIA SUPERIOR und als oberösterreichischer Landesrat auch für die Europa-Agenden zuständig, dem Gründer der Initiative TerraEuropa Michel Marlière, dem JKU-Ökonomen Univ.-Prof. DDr. Johann Brunner und dem Oberhaupt der fürstlichen Familienstiftung, Georg Starhemberg, diskutierten die Schülerinnen und Schüler am Podium. Außerdem übersendete Außenminister Sebastian Kurz seine Positionen zur Flüchtlingsdebatte per Videobotschaft und Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger schaltete sich, vom Publikum aus, in die Diskussionen zum Thema TTIP ein.
Diese und andere Themen, wie das Verhältnis zwischen Europa und Russland, die Griechenlandkrise, der politische Rechts-Ruck in Europa und Fragen zum Bildungssystem in Europa, lagen den Jugendlichen besonders am Herzen. Mehr als 400 Interessierte waren der Einladung zu den Zeitgesprächen gefolgt, um die Podiumsdiskussion mitzuverfolgen.
Die EU ein Opfer nationaler Politik
Der in Köln lebende französische Unternehmer Michel Marliére sah die größte derzeitige Bedrohung für das Friedensprojekt der Europäischen Union nicht im islamistischen Terror, sondern im Wiederaufleben nationalistischer Tendenzen. „Die EU wird zu oft Opfer nationaler Politiker, die ihre eigene Verantwortung aus politischem Kalkül auf Brüssel abschieben. Als Europäer müssen wir aufpassen, dass wir auch für unsere gemeinsamen Werte kämpfen“, so der Unternehmer. Marlière gründete deshalb die Initiative TerraEuropa, durch die Jugendliche wieder für Europa begeistert werden sollen.
TTIP — Gefahr oder Chance?
Michael Strugl betonte, dass politische Transparenz ein noch stärkerer Wert Europas in der Zukunft werden müsse: „Die mittlerweile wieder rückgängig gemachte Entscheidung, über TTIP geheim zu verhandeln, war sicherlich der Kardinalfehler der europäischen Verhandler. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die USA der zweitwichtigste Handelspartner Österreichs und Oberösterreichs sind“, erklärte Strugl. Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger, der sich im Publikum befand, wurde von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls zu seiner Meinung bezüglich TTIP befragt: „Bei diesem Thema müssen wir noch genau darüber diskutieren, welche unserer Produkte wir schützen wollen. Denn eine Umsetzung von TTIP wird Gewinner und Verlieren bringen“, so Hiegelsberger und ortete vor allem Probleme in der Kommunikation zwischen Verhandlern und Bevölkerung.
Flucht nach Europa
Bundesminister Sebastian Kurz bedanke sich bei den Schülerinnen und Schülern für ihr Interesse am Thema und betonte in seinem Videostatement die große Bedeutung, welche die Bewältigung der durch die Flüchtlingskrise auftauchenden Herausforderungen für die Zukunft Europas hat. Zu einer abgestimmten Politik der EU-Staaten, sowohl in Europa als auch vor Ort im Nahen Osten, gäbe es keine Alternative.
Georg Starhemberg, Verwalter der Fürst Starhemberg’schen Familienstiftung, sah trotz dieser Probleme keinen anderen Weg, als weiterhin an der EU festzuhalten, an ihr weiter zu arbeiten und sie zu verbessern. „Wir müssen uns wieder mehr darauf konzentrieren, gemeinsame Lösungen für Europa zu finden, anstatt auf Konfrontation zu setzten“, betonte Starhemberg mit Blick auf die Flüchtlings- und Ukrainekrise.
Auch der Ökonom von der Linzer Johannes Kepler Universität, Univ.-Prof. DDr. Johann Brunner, zeigte sich in der Flüchtlingsfrage optimistisch: „Langfristig bin ich mir sicher, dass die aktuellen Belastungen durch die Aufnahme der Flüchtlinge zu Wohlstandsgewinnen umgewandelt werden können“. Zu den anderen Herausforderungen vor denen Europa derzeit steht, meinte der Ökonom: „Die EU konnte bisher noch alle Probleme gemeinschaftlich lösen – und ich bin zuversichtlich, dass das auch weiterhin so sein wird“.
In den Themen Schuldenkrise und Flüchtlinge, aber auch in der Frage des demografischen Wandels, sah Michael Strugl dringenden Handlungsbedarf Europas und betonte: „Hier ist Europa wirklich gefordert, das in den Griff zu kriegen.“
Die Veranstaltung fand mit freundlicher Unterstützung der HOFER KG und Energie AG statt.
Ein Videomitschnitt der gesamten Veranstaltung steht auf YouTube zur Verfügung.
In einem Workshop-Wochenende hatten sich die Schülerinnen und Schüler auf die Zeitgespräche vorbereitet, mehr dazu hier.