In der heutigen Zeit ist beobachtbar, wie Menschen dazu tendieren, persönliche Verantwortung abzugeben und in erster Linie an öffentliche Einrichtungen zu delegieren. Andererseits sehnen sich viele nach dem Ende der Regulierungsflut und einer Aufwertung der Selbstbestimmung. Denn das Problem ist: ein System mit zu viel Fremdbestimmung und Überregulierung vermindert nicht nur das Selbstwertgefühl der Menschen, sondern verringert auch deren Eigenverantwortung und Leistungsbereitschaft und richtet damit volkswirtschaftlichen Schaden an.
Gesucht: Die Balance zwischen Regulierungen und Verantwortung
Ein Lösungsansatz um dieser Entwicklung entgegenzuwirken ist es, wieder mehr Frei‑, Erlebnis‑, Entscheidungs‑, und Verantwortungsräume zu schaffen – von der Bildung bis in die Wirtschaft, in öffentlichen Bereichen und Politik.
Diese Punkte wurden vergangene Woche bei einer denkBAR in Gmunden festgestellt. Eine Gruppe von Interessierten und Expertinnen und Experten aus den Bereichen Bildung, Wirtschaft und öffentlicher Sektor traf am Traunsee zusammen, um sich die Frage zu stellen, wo Eigenverantwortung in unserer Gesellschaft beginnt und wo sie endet.
Paradoxe Entwicklung
Eine paradoxe Beobachtung stellte die Geschäftsführerin der ACADEMIA SUPERIOR, Dr. Claudia Schwarz, an den Beginn der Diskussionen: „Wir fordern zwar immer Freiheiten, rufen aber sofort nach dem Staat, wenn etwas schief läuft. Die Politik nimmt die Verantwortung wahr und führt Gesetze und Richtlinien ein. Dann jammern wir, dass alles überreguliert ist. Schaffen wir die Balance zwischen Eigenverantwortung und Regulierung?“ Ähnliches trifft auch für den Bereich der Gesundheit zu, wie Klaus Hufnagl, Leiter einer Selbsthilfegruppe weiß: „Die Leute kommen zu uns ins Krankenhaus, weil sie geheilt werden möchten. Sie wollen aber selbst nichts dafür tun müssen. So funktioniert das nicht“.
Woher kommt die Bequemlichkeit vieler Menschen, die lieber Entscheidungsfreiheit und damit Selbstbestimmtheit an den Staat oder andere abgeben, bevor sie für Handlungen selbst Verantwortung übernehmen müssten?
Ursachen des Ungleichgewichts
Eine Antwort könnte darin liegen, dass die Menschen bereits in jungen Jahren zusehends nicht mehr mit den Konsequenzen der eigenen Handlungen konfrontiert werden. „Eigenverantwortung braucht starke Persönlichkeiten. Die sind aber im Schulsystem der letzten Jahre nicht gefördert worden“, meinte eine Teilnehmerin der denkBAR. Sowohl Eltern als auch das Lernumfeld nehmen Kindern die Möglichkeiten, Eigenverantwortung zu erleben, indem Entscheidungen abgenommen und strikte Abläufe vorgeschrieben werden. Auch die immerwährende Beeinflussung durch Marketing und Werbung führe zur Entmündigung der Bürgerinnen und Bürger, ist ein Teilnehmer überzeugt. Zudem führe die vorherrschende Fixierung auf Schwächen anstatt auf Fähigkeiten zu einer negativen Fehlerkultur. Dies ist eines der größten Hemmnisse, um Menschen zum aktiveren und unternehmerischen Handeln zu motivieren und den Unternehmergeist in Österreich zu beflügeln.
Denn nur wer Eigenverantwortung lebt, kann ein Selbstwertgefühl entwickeln, die eigenen Träume verwirklichen und so ein glückliches Leben führen, sind sich die teilnehmenden Gäste einig. Oder wie es ein Teilnehmer zusammenfasste: „Andere Menschen kann man nicht verändern, ich muss selbst anfangen Verantwortung zu leben – und so zum Vorbild werden“.