Lebens­mit­tel sind nicht nur essen­tiell für das tägliche Leben aller Oberöster­re­icherin­nen und Oberöster­re­ich­er, ihre Erzeu­gung beschäftigt auch eine ganze Wertschöp­fungs­kette inner­halb der heimis­chen Wirtschaft. Wie viele andere Wirtschafts­bere­iche ist die gesamte Lebens­mit­tel­branche von einem Prozess des per­ma­nen­ten Wan­dels und ein­er stetig wach­senden Dynamik gekennze­ich­net. Ursachen für diesen steti­gen Prozess sind etwa die kuli­nar­ische Glob­al­isierung, neue Ernährungsmuster und ‑trends, (bio)technische Inno­va­tio­nen, sowie Änderun­gen im Lebens­mit­tel­recht oder den Mar­ket­ingstrate­gien. Diese gegen­wär­ti­gen Entwick­lun­gen wer­den unsere Ernährungs­ge­wohn­heit­en in Zukun­ft stark verän­dern und stellen die heimis­chen Lebens­mit­tel­pro­duzen­ten immer wieder vor die Her­aus­forderung, sich neu am Welt­markt posi­tion­ieren zu müssen.

Um wichtige Zukun­fts­fra­gen im Bere­ich der kuli­nar­ischen Glob­al­isierung, der Lebens­mit­telkennze­ich­nung und der medi­alen Ein­flüsse mit Fach­leuten zu disku­tieren und daraus neue Erken­nt­nisse zu gewin­nen, wurde vom 4. — 5. Novem­ber 2014 die Fach­ta­gung „ESSEN:TIELL” vom Lebens­mit­tel-Clus­ter OÖ gemein­sam mit der ACADEMIA SUPERIOR — Gesellschaft für Zukun­fts­forschung und in Koop­er­a­tion mit dem Agrar-Ressort und dem Wirtschafts-Ressort des Lan­des Oberöster­re­ich in der Fach­hochschule OÖ, Fakultät für Tech­nik und Umweltwissenschaften in Wels veranstaltet.

Ziel der Fach­ta­gung ESSEN:TIELL war es, einen Ein- und Aus­blick in die uns alle betr­e­f­fende Ernährungs-Zukun­ft zu gewähren sowie die aktuellen The­men­bere­iche der Lebens­mit­tel­branche zu präsen­tieren, zu reflek­tieren und zu disku­tieren. Die Fach­ta­gung bot den Raum und eine Plat­tform für inno­v­a­tive Ideen in Bezug auf Lebens­mit­tel und Ernährung.

Bedeutung der Lebensmittelbranche für den Wirtschaftsstandort Oberösterreich

Die Anzahl der Betriebe im Lebens­mit­tel­gewerbe, in der Lebens­mit­telin­dus­trie und im Lebens­mit­tel­han­del beläuft sich in Oberöster­re­ich auf ins­ge­samt 2.993 Unternehmen mit einem Umsatzvo­lu­mi­na von € 10,5 Mrd. Von diesen Betrieben sind 1.007 dem Lebens­mit­tel­gewerbe, 89 der Nahrungs- und Genuss­mit­telin­dus­trie und 1.897 dem Lebens­mit­tel­han­del zuzuord­nen. Ihre Zahl ist allein in den let­zten drei Jahren um sieben Prozent gewach­sen und diese Unternehmen beschäfti­gen gemein­sam cir­ca 40.000 Beschäftigte was bedeutet, dass jed­er elfte Oberöster­re­ich­er in der Lebens­mit­tel­branche tätig ist. Zusät­zlich zu diesen Unternehmen und Beschäftigten sind auch die 33.341 land­wirtschaftlichen Betriebe, mit den 73. 595 in ihnen haupt- und neben­beru­flich beschäftigten Per­so­n­en, als inte­graler Bestandteil der oberöster­re­ichis­chen Lebens­mit­tel­branche zu betrachten.

„Die Oberöster­re­ichis­che Lebens­mit­tel­branche zeich­net sich durch eine starke wirtschaftliche Sta­bil­ität aus und ist daher als essen­tiell für den Wirtschafts­stan­dort zu betrachten.” –
Dr. Her­mann Pühringer, Direk­tor-Stel­lvertreter WKO Oberösterreich

Entsprechend ihrer Bedeu­tung wurde der Bere­ich „Lebens­mit­tel und Ernährung” in das Strate­gis­che Wirtschafts- und Forschung­spro­gramm des Wirtschafts- und Bil­dungsres­sorts aufgenom­men. Das Ziel dabei lautet, Oberöster­re­ich zu ein­er in Europa führen­den Region für die Entwick­lung, Ver­mark­tung und nach­haltige Erzeu­gung hochw­er­tiger und auf die unter­schiedlichen Bedürfnisse der Men­schen abges­timmter Lebens­mit­tel zu etablieren.

Einheitsbrei oder kulinarisches Allerlei?

Essen wird heute häu­fig nur noch danach definiert, was es alles nicht enthält. Ide­olo­gen und Asketen geben ver­mehrt den Ton an. Das Essen wird als Bedro­hung für unsere Gesund­heit wahrgenom­men. Das Agrar-Ressort des Lan­des wirbt derzeit mit der Kam­pagne „Das Beste für„s Land kommt aus unser­er Hand” für mehr Bewusst­sein und für den Wert der gesamten heimis­chen Lebens­mit­tel­wirtschaft. Dabei befind­en sich die Ernährungs­ge­wohn­heit­en weltweit und in Oberöster­re­ich in einem per­ma­nen­ten Wan­del und man kön­nte den Globus nicht in Staat­en, son­dern auch in mehrere große kuli­nar­ische Prov­inzen ein­teilen. So ste­hen sich in Europa die Esskul­tur des Mit­telmeer­raumes und die des restlichen Europas wie zwei Blöcke gegenüber, erk­lärte der deutsche Eth­nologe Dr. Marin Trenk.

„Region­al­ität boomt. Und vieles spricht für Lebens­mit­tel aus heimis­ch­er Pro­duk­tion — Qual­ität, Geschmack und regionale Wertschöp­fung.” – Agar-Lan­desrat Max Hiegelsberger

Die große Mehrheit der Men­schen in Europa lässt sich Fleisch nach wie vor schmeck­en. Jedoch ist zunehmend Fleisch gefragt, das nicht wie Fleisch schmeckt und auch nicht an ein Tier erin­nert. Dieser Mega­trend des „Unsicht­bar­ma­chens” tierisch­er Herkun­ft von Fleis­ch­pro­duk­ten ist von auss­chlaggeben­der Bedeu­tung in der west­lichen Fleisch-Esskul­tur. Anscheinend bedarf es in unser­er Kul­tur mit­tler­weile ein­er Ver­drän­gungsleis­tung beachtlichen Aus­maßes, um über­haupt noch Tiere ver­speisen zu kön­nen. Chick­en McNuggets sind der logis­che Höhep­unkt dieser Entwick­lung. Denn nichts erin­nert an ihnen noch an Geflügel — wed­er schmeck­en sie nach Hüh­n­ern noch sehen sie aus wie ein Teil eines Hühnerkörpers.

Doch es gibt auch Gegen­be­we­gun­gen zu diesem Trend. Diese kann man vor allem auf den Region­al- oder Bauern­märk­ten beobacht­en. Diese Gegen­be­we­gun­gen haben das Poten­zial uns wieder darauf zurück­zubesin­nen, es als selb­stver­ständlich anzuerken­nen, respek­tvoll mit Tieren zu leben und sie als Nahrung zu verwerten.

Information statt Kennzeichnung

Ein­er­seits sind die Kon­sumenten und Kon­sumentin­nen mith­il­fe von elek­tro­n­is­chen Medi­en und speziellen Food Apps informiert­er denn je, aber ander­er­seits sind die Kon­sumenten und Kon­sumentin­nen verun­sichert und das Bedürf­nis nach Klarheit und Wahrheit ist gestiegen. Für Klarheit und Wahrheit soll die Verord­nung (EU) Nr. 1169/2011 betr­e­f­fend die Infor­ma­tion der Ver­brauch­er über Lebens­mit­tel sor­gen. Das unmit­tel­bar, gel­tende europäis­che Gesetz löst die öster­re­ichis­che Lebens­mit­telkennze­ich­nungsverord­nung (LMKV) und die Nährw­ertkennze­ich­nungsverord­nung (NWKV) ab. Dr. Flo­ri­an Tschan­dl vom Fachver­band der Lebens­mit­telin­dus­trie informierte die Anwe­senden über die prak­tis­chen Kon­se­quen­zen der neuen Verord­nung für unsere Kon­sum- und Ernährungsgewohnheiten.

Mund auf — Augen auf!

Wer­bung und Medi­en bes­tim­men mit­tler­weile entschei­dend unsere Ernährungs­ge­wohn­heit­en. Wenn man in die Zukun­ft blickt, wird ein Überange­bot in der Lebens­mit­tel­branche vorhan­den sein. Dieses bet­rifft Aktio­nen, Eigen­marken, Ange­bote aber auch Infor­ma­tio­nen. Die Kon­sumentin­nen und Kon­sumenten von heute nützen 9 Stun­den täglich unter­schiedliche Medi­en in Form von Inter­net, Radio, TV und Zeitun­gen. Im Jahr 2013 beliefen sich die Zahlen des Medi­aspend­ings des Lebens­mit­tel­han­dels auf 452 Mil­lio­nen Euro und pro­duzierende Unternehmen von Lebens­mit­teln und Getränke investierten 299 Mil­lio­nen Euro. Medi­enex­perte Rudi Kobza erk­lärte, dass es eine der Haup­tauf­gaben der Lebens­mit­tel-Marken sei, Ver­trauen aufzubauen, eine gute Sto­ry und tiefge­hende Inhalte zu liefern und dabei immer auch kreativ zu sein.

Physik des Schweinsbratens

Abgerun­det wur­den die Diskus­sio­nen des ersten Tagungs-Tages mit ein­er Plenums­diskus­sion der drei Haup­tre­f­er­enten mit Wirtschafts-Lan­desrat Dr. Michael Strugl, Agrar-Lan­desrat Max Hiegels­berg­er und dem Direk­tor-Stel­lvertreter der Wirtschaft­skam­mer Oberöster­re­ich, Dr. Her­mann Pühringer. Bevor der Abend bei kuli­nar­ischen Köstlichkeit­en ausklang, präsen­tierte der Exper­i­men­tal­physik­er, Mag. Wern­er Gru­ber auf pop­ulär­wis­senschaftliche Weise „Die Physik des Schweins­bratens” und klärte über so manche wis­senschaftliche Irrtümer in Bezug auf unsere Ernährung auf.

Workshops

Am zweit­en Tag der Fach­ta­gung kon­nten die Teil­nehmerin­nen und Teil­nehmer, gemein­sam mit Studieren­den der FH OÖ Cam­pus Wels, in drei Work­shops disku­tieren und gemein­same Aus­blicke und Visio­nen erarbeiten.