Die Zukunft für Oberösterreichs Unternehmen wird in der verstärkten Kombination von Warenproduktion und darauf abgestimmten Dienstleistungen liegen: Weg vom reinen Produktlieferanten und hin zum Anbieter von Komplettlösungen, lautete die Kernaussage des Fachsymposiums „Dienstleistungsinnovation und Service Design” am 23. Juni 2014 im voestalpine Gästehaus. ACADEMIA SUPERIOR und die Junge Wirtschaft Oberösterreich luden ein.
Service Design und Dienstleistungen in Oberösterreich
Wissensintensive Dienstleistungen haben in der wirtschaftspolitischen Reformagenda ACADEMIA SUPERIORs einen besonderen Stellenwert eingenommen, da in diesen ein wesentlicher Schlüssel zur Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze im Land gesehen wird. Im Jahr 2011 konnten 10.853 Betriebe in Oberösterreich der Sparte wissensintensive Dienstleistungen zugeordnet werden — was 24 Prozent aller Unternehmen entspricht. Gerade in den Krisenjahren von 2008 bis 2011 war ihre Anzahl um sieben Prozent und deren Mitarbeiterzahl auf 76.828 (16 Prozent aller Beschäftigten) angestiegen.
Folglich ist die weitere Entwicklung dieses Wirtschaftssegmentes für Wirtschaftslandesrat und Obmann der ACADEMIA SUPERIOR, Dr. Michael Strugl von besonderer Relevanz. Er betonte bereits in seiner Begrüßung: „Die Kombination aus Produktion und wissensintensiven Dienstleistungen ist ein wesentliches Erfolgsrezept für den Wirtschaftsstandort Oberösterreich, denn diese Branche ist geradezu prädestiniert um Innovationen hervorzubringen”. Das Thema Service Design ist deshalb auch für produzierende Unternehmen interessant. Denn eine Strategie um höhere Margen zu erzielen, sich vom Mitbewerber abzugrenzen und Kunden länger zu binden, liegt in der Erbringung produktbegleitender Dienstleistungen wie Service, Wartung, Schulung, Finanzierung, usw. Produkt-Service-Bündel stellen eine umfassende Lösung für die Kundenbedürfnisse dar. Diese Entwicklung wird unter dem Begriff „hybride Wertschöpfung” zusammengefasst.
Chancen auch für traditionelle Produktionsunternehmen
Eingeleitet wurde das Symposium mit einem Statement von Dr. Henrietta Egerth — Geschäftsführerin der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft und Beiratsmitglied von ACADEMIA SUPERIOR. Sie stellte die Entwicklung der Dienstleistungsbranche in Österreich der letzten Jahre im globalen Kontext dar und sprach über die Chancen und weiteren Perspektiven für innovative Dienstleistungen. Im Vergleich zu den USA oder dem Durchschnitt der EU-Länder ist der 3. Sektor in Österreich relativ schwach ausgeprägt — Österreichs Wirtschaft ist traditionell produktions- und industrielastig. So hängt beispielsweise jeder 9. Arbeitsplatz in Österreich von der Automotive Industry — also der Fahrzeug- und Zulieferindustrie — ab.
Diese Dominanz der Industrie gilt noch viel stärker für Oberösterreich, ist jedoch gleichzeitig eine enorme Chance, zeigte sich Henrietta Egerth überzeugt: „Knowledge-Intensive Business Services steigern den Wert von Produkten, schaffen neue und hochqualifizierte Arbeitsplätze, auch in anderen Branchen, und sorgen für einen raschen Transfer von Wissen zwischen Forschung und Wirtschaft”. So stiegen in den letzten Jahren die Exportzahlen von Dienstleistungen kontinuierlich im zweistelligen Bereich — allerdings von einem niedrigen Niveau — an.(1) Traditionell agierende Produzenten bieten oft bereits heute viele Service-Leistungen zu ihren Produkten an, sind sich jedoch selten bewusst, dass es sich hierbei um hybride Produkte handelt. Wenn dies erkannt würde, ergäbe sich daraus die Möglichkeit, sich als Systemanbieter darzustellen und dadurch Vermarktungsvorteile zu erzielen.
Servicezentrierte Logik notwendig
Auch Dr. Frank Danzinger plädierte dafür, das Dienstleistungsservice möglichst lange bei der Produktentwicklung mitzudenken. Danzinger ist stv. Geschäftsführer der Arbeitsgruppe für Supply Chain Services am Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen — jenem Institut, dem wir den mp3-Standard verdanken — und leitet dort das Projekt Service Factory Nürnberg. Er erklärte, dass es für Betriebe in Zukunft immer essentieller werden wird, auch Services zu ihren Produkten anzubieten. „Eine produktzentrierte Logik schaut bis zum Verkauf des Produktes. Eine servicezentrierte Logik schaut auch auf die Nutzung des Produktes. Was wissen wir darüber, was unsere Kunden mit unserem Produkt machen? Hier liegen große Geschäftschancen, gerade für produzierende Unternehmen”, so Danzinger.
Verdeutlicht wurde dies am Beispiel der dreihundert Jahre alten Taxibranche, die gerade durch neue digitale Angebote enorme Umwälzungen erlebt. Diese werden von neuen innovativen Unternehmen vorangetrieben — Innovationen, für die eingesessene Unternehmen eigentlich viele Jahre Zeit gehabt hätten, um sie selbst zu entwickeln. Service Design verstärkt in die Prozesse einzubetten, bedeutet auch eine Erweiterung der Kompetenz der Produzenten in den Nutzungsbereich der Kunden hinein und damit erweiterte Geschäftsfelder.
Kooperation und Kundennähe als Innovationsgaranten
In der, auf die beiden Eingangsstatements folgenden, Talkrunde wurde über die Perspektiven des Service Design aus der Sicht der Praxis diskutiert. Die Linzer Unternehmerin des Jahres 2013 und Gründerin der AKD-Baunetzwerk GmbH, Anita Moser betreut mit ihrem Unternehmen über 2.000 Kleinere und mittlere Betriebe aus der Bauwirtschaft mit IT-Lösungen. Sie verwies darauf, dass man auch als existierender Betrieb „die Augen beim Kunden offen halten muss. Dann fallen einem neue Anforderungen auf”. Zentral ist hierbei, nicht auf den Kunden zu warten, sondern ihm von sich aus neue Lösungen anzubieten. Die Notwendigkeit der Kundenähe um neue Service-Angebote zu entwickeln, betonte auch Mag. Rainer Scharinger, Geschäftsführer der Reichl und Partner eMarketing GmbH. Gleichzeitig verwies er darauf, dass „wenn man eine Lösung für ein Problem eines österreichischen Kunden gefunden hat, dann hat man meistens auch ein Problem von potentiellen Kunden weltweit gelöst”. Dienstleistungen global zu vermarkten ist daher derzeit die größte Wachstumschance für Unternehmen, zeigte sich Scharinger überzeugt.
Mag. (FH) Patricia Stark, MBA, stellte die neue Service Design Plattform in Linz und das Konzept der „Service Design Jams” vor. Das gemeinsame entwickeln von neuen Dienstleistungen und das voneinander Lernen stehen im Zentrum der Arbeit der kürzlich gegründeten Plattform. Die Gewinnerin des Jungunternehmerpreises 2013 Martina Esterbauer, Gründerin von SecondHomeEsterbauer, einem Fullservice-Betreuer von Zweitwohnsitzen, verwies darauf, dass es mittlerweile nicht mehr ausreiche, einfach nur eine einzige gute Idee zu haben. Man braucht mehrere Ideen um langfristig erfolgreich zu sein. Ebenso, fügte Anita Moser hinzu, braucht man Netzwerke — nur das Kooperieren mit Partnern mache es möglich neue Ideen auch umzusetzen — alleine kommt man fast nicht voran.
1+1>2
Die Arbeit von ACADEMIA SUPERIOR im Bereich wissensintensive Dienstleistungen ist bereits von einigen Erfolgen gekrönt, wie Obmann Michael Strugl bemerkte: Nicht nur haben einige der Vorschläge, die in der „Oberösterreichischen Dienstleistungsstrategie” formuliert worden waren, Eingang in die konkrete Politik in Oberösterreich gefunden. Das Land wurde auch als eine von sechs europäischen Regionen als „Model Demonstrator Region” des European Service Innovation Center ausgewählt. Derzeit läuft ein Peer Review-Verfahren, während dem internationale Experten die Situation in Oberösterreich analysieren und Empfehlungen erarbeiten. „Wir brauchen beides — Produktion und Dienstleistung. In der Kombination von beidem, der hybriden Wertschöpfung, liegen die größten Chancen. Denn 1 und 1 ist mehr als 2”, fasste Landesrat Strugl die Ergebnisse des Symposiums noch einmal zusammen.
Quellen:
(1) Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft: Dienstleistungen 2013. S. 17.