Mit dem Thema „Innovation” beginnt ACADEMIA SUPERIOR das neue Jahr, denn sie ist der Schlüssel in eine erfolgreiche Zukunft. Doch wie misst man Innovationsfähigkeit und wie kann man diese innerhalb einer Region fördern und steigern? Knapp 80 Vertreterinnen und Vertreter der führende Unternehmen und Forschungseinrichtungen Oberösterreichs informierten sich auf Einladung von ACADEMIA SUPERIOR über die Ergebnisse dieser Standortbestimmung und diskutierten über Rahmenbedingungen, die Innovation und Weiterentwicklung ermöglichen. Als Grundlage der Diskussion galt dabei das von ACADEMIA SUPERIOR in Auftrag gegebenen „innovationsRADAR_oberösterreich”, das Oberösterreich anhand von 25 Einzelfaktoren mit den 130 besten Regionen Europas vergleicht.
Zukunftsressource Innovation
„Innovation ist von zentraler strategischer Bedeutung”, bekräftigt der Obmann der ACADEMIA SUPERIOR, Mag. Michael Strugl. Speziell für den rohstoffarmen und durch hohe Arbeitskosten gekennzeichneten Standort Österreich ist die Fähigkeit der Menschen und Unternehmen, Innovationen hervorzubringen, das heißt neues Wissen zu schaffen und diese in neue, marktfähige Produkte und Dienstleistungen umzusetzen, von herausragender Bedeutung für die nachhaltige Schaffung von Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand.
Innovation ist mehr als Patentanmeldung
Die Innovationsfähigkeit der Menschen und Unternehmen ist nicht direkt messbar. Bestehende Innovationsrankings können die Innovationsfähigkeit nicht realitätsnahe genug abbilden, denn die Daten sind vielfach bereits mehrere Jahre alt und es fehlt an regionaler Tiefe. Deshalb sagen Ergebnisse oft nichts über die Fähigkeit regionaler Volkswirtschaften, auch in Zukunft Innovationsleistungen zu erbringen. Bestehende Systeme berücksichtigen zudem kaum die regionale Einbindung des unternehmerischen Innovationsprozesses in die institutionellen Rahmenbedingungen des Innovationssystems.
So verdeutlicht Michael Strugl, dass die Bestandsaufnahme der Innovationsfähigkeit Oberösterreichs ein Ausgangspunkt für das Bewegen der wichtigen und richtigen Hebel ist: „Die Studie ist soviel wert, wie wir daraus machen”.
„Das Bessere ist der Feind des Guten”
Als Partner für die Diskussionsveranstaltung bot die Siemens AG Niederlassung Linz ein ideales Ambiente, gehört doch die Innovation neben Verantwortung und Exzellenz zu den drei Grundpfeilern des mittlerweile 165 Jahre alten internationalen Unternehmens. „Innovation ist unser Lebenselixier”, beteuert Dr. Josef Kinast, Direktor der Siemens AG Linz, die Nummer eins bei den Patentanmeldungen in Österreich und sich als Pionier in Energieeffizienz, industrieller Produktivität, bezahlbaren und personalisierten Gesundheitssystemen und intelligenten Infrastrukturlösungen etabliert hat. Dass auch beim Thema Innovation Nachhaltigkeit von zentraler Bedeutung ist, verdeutlicht Kinast in einem Zitat des Firmengründers Werner von Siemens: „Für augenblicklichen Gewinn verkaufe ich die Zukunft nicht”.
innovationsRADAR Oberösterreich
Studienautor Florian Schwillinsky sieht derzeit den Beginn des „echten Innovationszeitalters” und verdeutlicht anhand von Beispielen aus der Autoindustrie, dass es auf den Schöpfergeist der Unternehmen ankommt, anwendbares und umsetzbares Wissen hervorzubringen: „Der Unterschied zwischen gewinnen und verlieren ist die Innovation”.
Innovation ist schwer zu beschreiben und sehr schwer, messbar zu machen. „Vielfach werden die vielen kleinen Innovationen, die nicht den Weg zum Patent schaffen, aber dennoch zentral in der Entwicklung sind, übersehen”, so der Studienautor. Ziel des von ACADEMIA SUPERIOR in Auftrag gegebenen innovationsRADARs ist es deshalb, die tatsächliche Innovationsfähigkeit und die Innovationserfolge des Landes Oberösterreich im Vergleich zu den europäischen Regionen aktuell zu erfassen und entsprechend zu bewerten.
Innovation ist komplex
Eine umfassende Bewertung der Innovationsfähigkeit von regionalen Volkswirtschaften muss der Komplexität von Innovation und den von ihr ausgehenden Erfolgen auch methodisch gerecht werden. Dies verlangt eine facettenreiche Darstellung, um ein möglichst aktuelles und realitätsnahes Bild der Innovationsfähigkeit abzubilden. Innovation ist natürlich auch nur dann wirklich von Bedeutung, wenn sie konkrete Auswirkungen zeigt: etwa in der Steigerung der Produktivität, des Wohlstandes und der Arbeitsplätze.
Platz 66 für Oberösterreich: Messen an den Besten
Unter den 260 europäischen Regionen nimmt Oberösterreich insgesamt Platz 66 ein. In der Studie gilt Oberösterreich als Messlatte aller anderen 260 Regionen Europas, wobei der Anspruch war, sich an den besten 130 Regionen zu messen. So zeigt die Auswertung die Abstände Oberösterreichs in Relation zu anderen Regionen Europas: „ein ungeschönter Blick, wo Oberösterreich eingeordnet werden kann”, so Schwillinsky. Gemessen am EU-Durschnitt, liegt Oberösterreich (Index 100) damit 7,2 Prozentpunkte vorne (Index 92,8), und 4 Punkte hinter dem Durschnitt der Top EU-130 Regionen (Index 104,0).
Insgesamt flossen über 6000 Einzelfaktoren in die komplexe Berechnung der 25 Indikatoren ein, die den Vergleich zu den besten Regionen Europas herstellen. Die Spitzenreiter in dem Ranking sind bezeichnenderweise Hauptstadtregionen und Regionen mit einer besonders ausgeprägten Universitätslandschaft, wie etwa Oberbayern, Helsinki oder Stockholm. Im Vergleich liegen diese insgesamt ca. 60 Prozentpunkte vor dem Ergebnis Oberösterreichs, was ein Potential zur Verbesserung deutlich aufzeigt. Die Auswertung der Faktoren zeigt jedoch auch: „Keine Region ist überall Spitze. Das ist eine Chance für Oberösterreich”, so der Studienautor.
Chancen und Herausforderungen
Überdurchschnittlich schneidet Oberösterreich etwa bei der Beschäftigung, dem Wohlstand und den Einkommen ab und liegt hier unter den Top 10% der EU-Regionen. Dazu trägt besonders das Rückgrat der Industrie, die Cluster- und Netzwerk-Initiativen. Auch die gute Innovationsfähigkeit der oberösterreichischen KMUs sticht im Vergleich hervor, sowie die überdurchschnittliche betriebliche Finanzierung der Forschung (Rang 17).
Herausforderungen bestehen in erster Linie im Ausbau des Venture Capitals. Der Faktor ist in den EU TOP-Regionen hier rund zehnmal höher. Klarer Aufholbedarf gegenüber anderen Regionen besteht auch in den Humanressourcen, etwa der Anzahl der Menschen, die sich für die Technik begeistern. Hier sind uns unmittelbar benachbarte Regionen wie Prag und Bratislava weit voraus. Speziell im Hinblick auf das durch den demografischen Wandel bevorstehende Kippen des Arbeitsmarktes 2015 stellt Oberösterreich vor große Herausforderungen. Hier gilt es, die Anziehungskraft des Arbeits- und Lebensraumes weiter zu steigern, etwa indem man die Abwanderung in attraktivere Regionen zu vermeiden versucht und gut qualifizierte Menschen noch gezielter zum Zuzug anregt. „Die Ressource Talent verknappt sich”. Schwillinksy gibt hier den Anreiz für einige Modelle, die etwa ein „Update der Fähigkeiten” ermöglichen, wie etwa FH-Aufbaulehrgänge, oder das Anlocken von „Forschern auf Zeit” nach einem Schwedischen Modell.
Die Präsentation der Studie zeigt, ein Mix der vertieften Kompetenzen ist entscheidend, nicht unbedingt die Konzentration auf Einzelfaktoren.
Dabei geht klar hervor, dass es für Oberösterreich ist, um in Zukunft unter den besten Regionen mitspielen zu können, für die Rahmenbedingungen zu sorgen, die Innovation und Weiterentwicklung ermöglichen: „aktiv um die besten Köpfe bemühen und aktiv die eigenen Attraktivität Stärken — im eigenen Land und nach außen”. So sind es die menschlichen Eigenschaften, aus denen Innovation entsteht: Neugierde, Aufgeschlossenheit und über den eigenen Tellerrand hinausschauen.
Innovation aus der Sicht Oberösterreichs
In einer kritischen Reflexion unterstreicht DI Dr. Wilfried Enzenhofer von der Upper Austrian Research die Notwendigkeit, in den angesprochenen, für die Innovation zentralen, Themenbereichen aktiv zu werden. So geben die Statistiken einen klaren Hinweis auf die Notwendigkeit der Erhöhung der F&E Ausgaben, speziell im öffentlichen Bereich, jedoch unter Berücksichtig und genauer Betrachtung weitere Innovationsfaktoren. Hier weist Enzenhofer erneut auf die Komplexität des Innovationssystems hin und zeigt am Beispiel Mittelfranken, dass auch niedrigere F&E Gelder zu einem guten Abschneiden in den Rankings führen kann: „Entscheidet sind nicht nur die Mittel sondern der Einsatz der F&E Gelder mit der größten Hebelwirkung”, weiß Enzenhofer. Auch die Notwendigkeit, junge Menschen für technische Fächer zu begeistern, sieht Enzenhofer als eine der zentralsten Herausforderungen für Oberösterreich, um sich in Zukunft als Region international behaupten zu können. Der produzierende Sektor mit den Leitbetrieben und KMUs ist für Oberösterreich von besonderer Bedeutung und sehr gut unterwegs. Doch die Region braucht auch eine entsprechend offenen Kultur und gut einen gut ausgebildeten Nachwuchs. Hier sieht Enzenhofer auch die Stärkung von Bewusstsein für Bildung, Forschung und Entwicklung in der Gesellschaft als besondere Herausforderung.
In Sachen Innovationsstrategie wird in Oberösterreich bereits eifrig an Konzepten und Möglichkeiten gearbeitet. Der Erfolgsweg lautet: Megatrends berücksichtigen und sich in einem „bottom up-Prinzip” selbst mit den regionalen Aspekten und Stärken einbringen. In einer abgestimmten „Chain of Innovation”, die Wirtschaft, Bildung und Forschung verknüpft, wird besonders darauf geachtet, anstatt Einzelprogrammen ineinander greifende Maßnahmen zu unterstützen: „So bekommen wir keine Schnittstellen sondern Nahtstellen”. Fazit: „Oberösterreich ist erfolgreich unterwegs, es gibt aber noch gemeinsam sehr viel zu tun!” resümiert der Geschäftsführer der UAR.
„Luft nach oben”
In der anschließenden Diskussion mit dem Publikum wird deutlich, welch großes Anliegen die weitere Verbesserung der Innovationsfähigkeit Oberösterreichs für die Wirtschaftstreibenden des Landes ist. Die Studie zeigt, dass es noch „viel Luft nach oben” gibt. Am Ehrgeiz, bis an die Spitze vorzustoßen, muss daher unbedingt festgehalten werden, so der Tenor der Diskussion.
Für Michael Strugl liegt der Mehrwert der Studie in den zahlreichen beleuchteten Faktoren: „Was wir daraus mitnehmen ist nicht nur, wo man liegt, sondern was man lernen kann”. Auch ihm ist ein Anliegen, den öffentliche Anteil in den F&E Förderungen zu heben. Die wirtschaftsnahe Forschung begleitet uns im Wettbewerb und im Wettbewerb um Talente. „Die Frage der Talente ist auf allen Stufen der Bildungsabschlüsse eine zentrale”, so der Obmann von ACADEMIA SUPERIOR und verweist damit auf das Erfolgsgeheimnis des dualen Ausbildungssystems. Auch „Qualifikationen, Bildung, FHs werden in Zukunft unser Hauptaugenmerk sein müssen.” „Jede Strategie”, betont Strugl, „muss darauf abzielen, noch besser zu werden. Erst recht deswegen, weil Regionen in unserer unmittelbaren Nachbarschaft dramatisch aufgeholt haben und Mitbewerber sind”.
Josef Kinast bekräftigt einmal mehr, dass man nicht nur als Region sondern auch als Unternehmen attraktiv sein muss — sowohl bei den Produkten als auch bei den Menschen. Freilich wird auch darauf hingewiesen, dass der Vergleich mit den Europäischen Regionen längst nicht mehr reicht, denn der Standortwettbewerb ist mittlerweile global. Josef Kinast plädiert für ein ‚Best-Practice-Sharing‘: „Wir können z.B. von jedem Kriterium die besten drei herausnehmen und vielleicht versuchen zwei davon umzusetzen.” Wir sollen aber auch bewusst Oberösterreichs Stärken bei der Umsetzung einbringen: Netzwerke, Kooperationen und kooperatives Klima und die Schnelligkeit in der Umsetzung, zählt Kinast auf. Auch er unterstreicht die Wichtigkeit vielfältiger und unterschiedlicher Ausbildungsmöglichkeiten. „Wir dürfen nicht den falschen Weg gehen, nur Akademiker auszubilden. In der Industrie brauchen wir die richtigen Leute, wir brauchen eine richtige Mischung in Unternehmen.”
Auch die klaren Vorteil an Oberösterreich werden angesprochen, wie etwa die kurzen Wege, um möglichst viele Player an einen Tisch zu holen: „Die Innovationsplaner kennen sich, da geht viel mehr weiter, auch bei der Firmenvernetzung”, unterstreicht Enzenhofer mit Verweis auf die dynamischen Cluster-Initiativen.
Die Auseinandersetzung mit der Zukunftsressource „Innovation” in dem Diskussionsformat ermöglichte, dieses zentrale Thema in all seinen Facetten zu beleuchten und den unterschiedlichen Anschauungspunkten ausreichend Platz zu geben.