Über 300 Glücksinteressierte und ein interdisziplinärer Glücksökonom zu Gast beim 2. ACADEMIA SUPERIOR DIALOG konnte Obmann Mag. Michael Strugl mehr als 300 glücksneugierige Besucherinnen und Besucher begrüßen. Was ist Glück und wie misst man das? Fragt Michael Strugl und spricht dabei auch Werte wie Demokratie und die Messung vom Brutto-National-Glück in Bhutan an. Die Einführung des Dialoggastes erfolgte durch den Linzer Ökonomen und Forschungskollegen Prof. Friedrich Schneider, der von einem „wissenschaftlich vagabundierten” Bruno Frey erzählt, der ökonomische Ansätze auf die verschiedensten Bereiche von Politik bis Kunst anwendet.
Glück auf der Skala
„Alles in allem genommen, wie zufrieden sind Sie mit dem Leben, das Sie führen?” fragt der Züricher Glücksökonom Prof. Bruno S. Frey, Dialoggast von Prof. Markus Hengstschläger beim ACADEMIA SUPERIOR Dialog ins Publikum. Die Besucherinnen und Besucher stuften sich zwischen 6 und 9 ein, was nach Bruno Frey der durchschnittlichen Glückseinschätzung weltweit entspricht. „Glücksforschung ist das älteste Forschungsgebiet der Welt”, berichtet Frey mit Hinweis auf die Philosophie, die sich bereits seit tausenden Jahren mit der Frage des Glücks auseinandersetzt. Die empirischen Untersuchungen brachten letztlich jedoch die Psychologinnen und Psychologen in Gang.
Geld macht glücklich
Die Frage „Macht.Geld.glücklich?” war das Thema des Abends und die Antwort, so der Ökonom, lautet klar: Ja, Geld macht glücklich, doch auch Mitbestimmung, Autonomie, ja sogar Schokolade und Spaghetti haben positive Effekte auf das individuelle Glück. „Jeder Mensch muss das eigene Glück finden.” Sein Interesse für die Glücksforschung geht einher mit der Frage nach Wohlfahrt, wo der Ökonom meint, dass die Volkswirtschaftslehre hier bislang viel zu viel auf rein Materielles geschaut hat.
Die Glücksfaktoren
Frey definiert fünf Gruppen von Einflüssen auf das persönliche Glücksempfinden: sozio-demographische, religiöse, politische, wirtschaftliche und genetische. So sind junge und ältere Menschen glücklicher als Menschen zwischen 30 und 50, was etwa auf jugendliche Illusionen und Tatendrang und die später einkehrende Abgeklärtheit, Zufriedenheit und Weisheit zurückzuführen ist. „Zwischen 30 und 50 merkt man, dass das Leben gar nicht so einfach ist” erläutert Frey und spricht vom nicht erreichten Nobelpreis oder Olympiasieg. Interessant ist auch die Erkenntnis, dass eine Ehe mehr Glück bringt als eine Partnerschaft oder das Singledasein.
Glücksempfinden ist teilweise kulturbedingt, teilweise jedoch auch in allen Kulturen gleich. Zum Beispiel wenn Leute ihre Arbeit verlieren, kann man in allen Kulturen einen drastischen Glückseinbruch beobachten: „Wer Arbeit verliert, fällt in ein Loch”, da damit auch Rollenbilder verknüpft sind. Weitgehend autonom durchgeführte Arbeit macht glücklich, so ist erklärbar, weshalb Selbständige glücklicher sind, als Angestellte, obwohl sie im Durchschnitt weniger verdienen, höherem Risiko ausgesetzt sind und härter arbeiten.
Natürlich ist die Interpretation der gewonnen Daten ist von größter Bedeutung: Dass religiöse Menschen etwa glücklicher sind als nicht religiöse führt Frey beispielsweise auf die sozialen Kontakte und das Gemeinschaftserleben in religiösen Strukturen zurück.
Bei den politischen Faktoren weiß man, dass mehr politische Mitbestimmung glücklicher macht: „Leute in autoritären Gesellschaften sind unglücklich.” „Was treibt aber Politiker?” will Markus Hengstschläger wissen und die klare Antwort lautet: die Wiederwahl. Mit hinein spielen auch Macht ausüben und Anerkennung von anderen. Auf politische Prozesse bezogen spricht sich Frey für dezentrale Entscheidungsfindungen aus, denn „oben” werden Probleme zerredet, nicht gelöst. Im 21. Jahrhundert möchten die Leute mehr mitbestimmen, auch im Unternehmen.
Der Zusammenhang zwischen Geld und Glück kann auf unterschiedliche Weise beleuchtet werden, da höheres Einkommen oft auch mit besserer Bildung, mehr Entscheidungskompetenz und einer autonomer gestalteten Arbeitssituation korreliert. Gerade bei wirtschaftlichen Einflüssen spielt der Vergleich mit anderen eine große Rolle und Frey stellt fest, dass man sich gerne mit Leuten vergleicht, die noch weiter sind. Geld alleine ist jedoch nicht der ausschlaggebende Faktor, wie man beispielsweise aus der Untersuchung von Lottogewinnen weiß, wo das Glücksempfinden in der Regel sehr kurz andauert.
Nicht zuletzt ist die Persönlichkeitsstruktur jeder und jedes Einzelnen wichtig, die genetische Komponente. Manche sind am Boden zerstört, wenn sie sich ein Bein brechen, andere wiederum freuen sich, dass sie das andere nicht auch noch gebrochen haben.
Glückliche Menschen sind in der Regel innovativer, offener und optimistischer widerspricht Frey der Frage, ob Innovation erst aus der Krise entstehen kann. Erstaunlich ist ebenso die Erkenntnis, dass glückliche Menschen im Schnitt um 10 Jahre länger leben, wie der US Psychologe Ed Diener zeigen konnte.
Glück ist die lebendige Auseinandersetzung mit dem Leben
Bleibt die Frage, ist Glück das größte Ziel? Auch Solidarität und Gerechtigkeit nennt Frey als Beispiele für erstrebenswerte Ziele. „Glück kann man nicht erzwingen” weiß der Forscher. Vielmehr ist es ein „Nebeneffekt” einer sinnvollen Aktivität. An die Politik richtet Frey die klare Aufforderung, den Menschen ein glückliches Leben zu ermöglichen. So fordert er mehr politische Mitbestimmung, auch in neuen, ungewöhnlichen Formen. Dezentrale Strukturen sind hier von größter Bedeutung und das gemeinsame Angehen von Sachproblemen mit einhergehenden intensiven Diskussionen.
Eine gute Ausbildung und soziale Kontakte machen glücklicher
Was jede und jeder für ihr oder sein eigenes Glück tun kann ist für Frey auch klar: in erster Linie für eine gute Ausbildung sorgen, da sie Möglichkeiten eröffnet. Der zweite zentrale Punkt heißt soziale Kontakte pflegen, denn Freunde zu haben macht glücklich.