Oö. Think Tank ACADEMIA SUPERIOR erstmals zu Gast in Wien:
„Unnotwendige” Kunst als Qualität des Menschseins
Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger im Dialog mit Ioan Holender über „Die Oper — Spiegel der Gesellschaft?”
Erstmals war die oberösterreichische ACADEMIA SUPERIOR — Gesellschaft für Zukunftsforschung mit einer Veranstaltung in Wien zu Gast. Passenderweise im OberÖsterreich.Haus gleich hinter der Staatsoper diskutierte Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger, Wissenschaftlicher Leiter von ACADEMIA SUPERIOR, mit dem ehemaligen Staatsoperndirektor Ioan Holender gestern Abend über die Frage „Die Oper — Spiegel der Gesellschaft?”. Der Obmann von ACADEMIA SUPERIOR, LAbg. Mag. Michael Strugl, hatte zuvor einleitend betont, der Think Tank sei bereits seit rund einem Jahr in Oberösterreich aktiv, nun sei es höchste Zeit geworden, auch in der Bundeshauptstadt Präsenz zu zeigen. Das Veranstaltungsformat „Dialog” biete die Möglichkeit, interessante gesellschaftspolitische Themen auch abseits der üblichen Wege zu beleuchten.
Ioan Holender — ein Lebensweg der gescheiterten Ziele?
Stellte Markus Hengstschläger den Dialoggast Ioan Holender gleich zu Beginn als Paradebeispiel für das gelungene Leben, geprägt von Karriere und Erfolg, etwa als der am längsten bestellte Staatsoperndirektor seit Bestehen des Hauses, dar, so kam der Widerspruch Holenders prompt: Holender sieht seinen Lebensweg als einen der gescheiterten Ziele, als „eine ordentlich erfolglose Karriere”. „Ich bin nie das geworden, was ich wollte. In der Not bin ich etwas anderes geworden.” So berichtet er von seiner Begeisterung für Dampfmaschinen und dem verhinderten Maschinenbau-Studium in Timisoara, da er aufgrund seiner politischen Aktivität für das Studium an sämtlichen Hochschulen des kommunistischen Rumäniens gesperrt wurde. Auch mit seinem späteren Ziel, Sänger zu werden, war es nach kurzer Zeit vorbei. So sieht Holender seinen Lebensweg als einen, in dem immer eher andere bzw. die Umstände für ihn entschieden haben. Was er jedoch gelernt und gelebt hat und jungen Leuten auch mitgeben möchte ist: „Das Wichtigste ist, dass man tut, was man gerne tut.”
„Kunst und Kultur als Qualität des Menschseins”
Diskutiert wurde aber auch die Notwendigkeit von Kunst und Kultur. „Kunst und Kultur sind Bereicherungen für das Leben”, weiß der langjährige Staatsoperndirektor, der in der Ausübung von in dieser Hinsicht „unnotwendigen”, also nicht unmittelbar für das Überleben notwendigen Dingen die Qualität des Menschseins sieht. Der wichtigste Faktor in der Staatsoper war für Holender stets das Publikum, also Menschen dazu zu bringen, in die Oper zu kommen, anstatt etwas anderes zu tun — und dafür noch Geld zu bezahlen, „wo doch alles schon aus Steuergeldern bezahlt wurde”.
„Mörbisch und Opernball — jetzt sind wir mittendrin”
Die Unterscheidung zwischen Unterhaltung und Kunst ist für Holender von größter Wichtigkeit und er sieht eine große Gefahr in der „Eventisierung” von Kunst zu Unterhaltung. Kunst soll freilich auch unterhalten, jedoch führt die Eventisierung zur Verkommerzialisierung von Kunst, gefördert durch „vereventisiertes Sponsoring”. Die Entwicklung in Richtung „laut” und „für ein großes Publikum” sieht Holender kritisch, wie auch den Opernball. So ist es für ihn äußerst fragwürdig, ein Theater für zwei Millionen Euro auszubauen, nur um es für einen anderen Zeitvertreib zu nutzen. „Der Opernball hat die Staatsoper niemandem näher gebracht”. Auf den Einwurf von Markus Hengstschläger, dass er noch nie dort war, meinte Holender schlicht: „Das ehrt Sie.”
Willkommen geheißen wurde ACADEMIA SUPERIOR bei ihrer ersten Veranstaltung in Wien von Maria Raberger von der Privatbank der Raiffeisenbank Oberösterreich als „Gastgeberin” im OberÖsterreich.Haus. Mag. Michael Strugl, Obmann der ACADEMIA SUPERIOR, konnte eine Reihe von Ehrengästen begrüßen, unter ihnen: ACADEMIA-SUPERIOR-Beiratsmitglied Univ.-Prof. Erich GORNIK (TU Wien — Institut für Festkörperelektronik), Dr. Gustav DRESSLER (Vorstand der Drei-Banken Generali Investment GmbH), Mag. Georg SCHÖPPL (Vorstand Österreichische Bundesforste AG), Dr. Ludwig STEINBAUER (Vorstand der Strabag AG), DI Friedrich STICKLER (Vorstandsdirektor Österr. Lotterien GmbH), Karl-Martin STUDENER (Geschäftsführer der Iveco Austria GesmbH) und Thomas KÖNIGSTORFER (Kaufmännischer Vorstandsdirektor Landestheater Linz und Brucknerorchester).
Bild von links nach rechts: ACADEMIA-SUPERIOR-Obmann LAbg. Mag. Michael Strugl, Staatsoperndirektor a.D. Ioan Holender und Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger, Wissenschaftlicher Leiter von ACADEMIA SUPERIOR.
Foto: ACADEMIA SUPERIOR