In einer Welt, die zunehmend vernetzt ist, wird es immer wichtiger, die Auswirkungen unseres Handelns auf die Gesellschaft zu verstehen. Beim MUTmacherinnen-Talk sprachen Mag. Christine Winkler-Kirchberger, Menschenrechtsexpertin und Leiterin der Kinder- und Jugendanwaltschaft OÖ (KiJA), sowie Dr.h.c. Brunhilde Schram, MAS, MBA, erfahrene Unternehmerin und Nachhaltigkeitscoach, über das Thema soziale Verantwortung in der Gesellschaft und in Unternehmen und darüber, welches gestalterische Potenzial jede und jeder Einzelne im Bezug auf soziale Verantwortung hat.
„Ehrlichkeit, Fairness und das Übernehmen von Verantwortung für andere sind Säulen unserer Gesellschaft. Sie gehen uns alle etwas an“, betonte Daniela Hufnagl, designierte Präsidentin von Frauen im Trend, die Bedeutung des Themas bei ihrer Begrüßung. Dr. Claudia Schwarz, Geschäftsführerin von Academia Superior, verwies auf die Bedeutung von sozialer Verantwortung als Zukunftsfaktor für die Resilienz unserer Gesellschaft und führte durch das Gespräch mit den zwei zum Talk eingeladen MUTmacherinnen.
Soziale Verantwortung entsteht in der Familie
Christine Winkler-Kirchberger ist bereits seit 25 Jahren im Bereich der Kinderrechte in Oberösterreich tätig und hat, sozusagen als Interessenvertretung der oberösterreichischen Kinder gegenüber dem Staat, in dieser Zeit zahlreiche Erfahrungen sammeln können. Kinderrechte sind eine spezielle Form der Menschenrechte und sind dazu da, damit sich Kinder gesund entwickeln und entfalten können und lernen, selbst Verantwortung für sich übernehmen zu können.
„Kinder so zu erziehen, dass sie immer brav und folgsam sind, ist oft nicht so gut, wenn sie auch selbständig und eigenverantwortlich sein sollen.“ — Christine Winkler-Kirchberger
Um das zu erreichen, sollten, wie Winkler-Kirchberger erklärt, Eltern möglichst auf die Bedürfnisse und Gefühle ihrer Kinder eingehen. „Kinder müssen merken, dass ihre Wahrnehmung richtig ist. Das ist die Basis für die Entwicklung von Eigenverantwortung und die wiederum für das Entstehen von sozialer Verantwortung“, führte die Expertin weiter aus. Für das Entstehen von sozialer Verantwortung ist die Bedeutung der Familie essentiell, aber auch den Kindergärten und Schulen kommt hier eine wichtige Rolle zu.
Eine globale und faire Wirtschaft
Brunhilde Schram kennt das Thema aus der unternehmerischen Perspektive. Seit Langem ist sie als Unternehmerin und Beraterin erfolgreich tätig und kennt die Problematiken der sozialen Verantwortung und der Menschenrechte in einer globalisierten Weltwirtschaft. Sie berät Unternehmen bei der Entwicklung einer fairen Unternehmenskultur und beim Umgang mit Mitarbeiter:innen, aber auch bei der Frage der gerechten Lieferketten. Ihr persönliches internationales Engagement mit dem Ziel, Wirtschaftssysteme nachhaltig und menschenwürdig zu gestalten, wurde von der Jharkhand Rai University in Indien mit einem Ehrendoktortitel gewürdigt.
„Unternehmen haben eine wichtige Rolle als Problemlöser.“ – Brunhilde Schram
Werteorientierte Unternehmensführung ist für Brunhilde Schram keine leere Worthülse, sondern die Basis für erfolgreiches Wirtschaften. „Natürlich wollen und müssen Unternehmen Profit erwirtschaften, aber um nachhaltig erfolgreich zu sein, braucht es auch Wertehaltungen wie Respekt, Fairness und Achtsamkeit“, führte Schram aus. Gerade die Achtsamkeit leide derzeit etwas, da sie von der verfügbaren Zeit abhängt. Und Zeit ist überall eine Mangelware. Die Übernahme von sozialer Verantwortung ergibt sich, laut der Expertin, aus diesen Werten und es sei die Pflicht von Unternehmen und Einzelpersonen „etwas für die Gesellschaft zu machen“. Gerade in der globalisierten Wirtschaft stellt sich für heimische Unternehmen massiv die Frage der Menschenrechte entlang der gesamten Lieferkette. Aber der Wille, eine sozial und ökologisch nachhaltige Wirtschaft zu entwickeln, ist an vielen Stellen bereits vorhanden, meinte Schram.
Soziale Kompetenz, Digitalisierung und Migration
Gefragt nach den größten Veränderungen bei Kindern und Jugendlichen in ihrer Berufszeit, zählte Christine Winkler-Kirchberger drei Punkte auf: 1. Jugendliche sind viel aktiver und sozial kompetenter als vor 30 Jahren. 2. Die Digitalisierung brachte viel Positives wie vor allem die bessere Vernetzung junger Menschen untereinander, aber auch Negatives wie die stärkere globale Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen oder das Phänomen des Cyber-Mobbings. 3. Sieht man ein stärkeres Auseinanderklaffen der Chancen von gut gebildeten und weniger gebildeten Jugendlichen, was zumeist mit der Migrations- und Integrationsthematik zusammenhänge.
„In Österreich müsste viel stärker auf den Migrationshintergrund von Kindern und den sich daraus ergebenden Themen eingegangen werden“, meinte Winkler-Kirchberger. So sieht sie vor allem bei Mädchen mit Migrationshintergrund ein veraltetes Frauenbild bei vielen Zuwandererfamilien als ein Kernthema. „Die Frauenrechte sind in Österreich gut ausgebaut, aber viele Mädchen, die selbstbewusst aus alten Rollen ausbrechen wollen, haben damit durch familiäre und kulturelle Hintergründe große Probleme“, betonte sie. Meist brauche es zwei bis drei Generationen und hier ist besonders die Rolle der Schulen sehr wichtig. Brunhilde Schram merkte an, dass auch viele Unternehmen in Bezug auf die Einwanderungsgesellschaft noch stärker umdenken müssen: „Wenn es sich nicht um international agierende Unternehmen handelt, haben wir schon noch ein Thema bei der Aufnahme von Migrant:innen und dem Umgang mit anderen Kulturen der Mitarbeiter:innen bei vielen heimischen Unternehmen.“