Was können Führungskräfte in Sachen Resilienz aus COVID19 lernen, um ihre Organisation krisenfester zu machen?
Die COVID-19 Pandemie hat unsere Gesundheitssysteme auf eine harte Bestandsprobe gestellt. Vor allem Führungskräften und Mitarbeitenden in Krankenhäusern kommt eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung der COVID-19 Krise zu.(1) Dabei sind sie enormen Belastungen ausgesetzt. Es gibt unterschiedliche Wege, um mit diesen Belastungen umzugehen. Im Rahmen des von der Business School der Johannes Kepler Universität Linz geförderten Forschungsprojektes „Organisationale Resilienz in der COVID19-Krise“ werden zentrale Bausteine von organisationaler Resilienz in Krankenhäusern identifiziert. Mit dem Ziel, zu einem besseren Krisenmanagement beizutragen (Weitere Informationen zum Forschungsprojekt finden sich hier). Dieser Gastbeitrag von Charlotte Förster, Nina Füreder und Georg Reischauer stützt sich auf Aktivitäten und Daten des vom Land OÖ und der JKU geförderen Projekts „Resilienz von Organisationen des Gesundheitssektors in der COVID19 Krise“.
Resilienz und die Rolle der Führungskraft
Resilienz beschreibt die Fähigkeit einer Organisation, Trends und Bedrohungen zu antizipieren, unerwartete Ereignisse effektiv zu bewältigen und daraus zu lernen. Dabei werden drei Phasen durchlaufen. Die erste Phase der Antizipation betrifft den Zeitraum vor einer Krise und fokussiert die Fähigkeit einer Organisation, ihre Umgebung zu scannen, kritische Entwicklungen zu identifizieren und sich auf potenzielle Krisen proaktiv vorzubereiten. In der zweiten Phase der Bewältigung entfaltet sich die Krise und es wird – oftmals auf Sicht – reagiert. Die dritte Phase der Anpassung beschreibt die Zeit nach der Krise. Hier sollte eine Krise reflektiert und die gewonnen Erkenntnisse in Veränderungen umgesetzt werden, um auf diese Weise auf künftige Krisen besser vorbereitet zu sein.(2)
Beachtet man die Rolle der Führungskraft in einer Krise(3) sowie den Einfluss der Führungskraft auf die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Produktivität ihrer Mitarbeitenden,(4) so stellt sich die Frage, welchen Beitrag die Führungskraft zur Resilienz von Organisationen leisten kann. Da Führungskräfte nicht nur Strukturen und Prozesse gestalten, sondern auch ein Umfeld schaffen, in dem Mitarbeitende und Teams resilientes Verhalten entwickeln,(5) ist es wichtig zu untersuchen, wie Führungskräfte im Gesundheitswesen ihre Teams und Organisationen erfolgreich durch die COVID-19-Krise navigieren können. Darüber hinaus müssen Führungskräfte aber natürlich auch auf ihre eigene Resilienz achten.
Handlungsempfehlungen für Führungskräfte
Wie beeinflussen Führungskräfte organisationale Resilienz? Die laufenden Untersuchungen zeigen folgende Handlungsfelder auf:(6)
Handlungsfeld 1:
Antizipation und ein offenes Mindset: Führungskräfte sollen auf Krisen jedweder Art vorbereitet sein. Um sich auf potenzielle, wenn auch zum jeweiligen Zeitpunkt als unwahrscheinlich eingestufte Gefahren vorzubereiten, bedarf es einer Balance aus bereits vorangegangenen Erfahrungen und einem offenen Mindset, sodass Unerwartetes bzw. Unbekanntes unvoreingenommen antizipiert werden kann.
Handlungsfeld 2:
Lösung struktureller Probleme: Die COVID-19 Krise wirkt wie ein Brennglas auf bekannte strukturelle Probleme des Gesundheitssystems, etwa Personalmangel, niedriger Digitalisierungsgrad, schlechtes Arbeitsklima oder fehlende Kooperation und Absprachen. Nur wenn diese strukturellen Probleme nachhaltig gelöst werden, können zukünftige Pandemien besser bewältigt werden. Hier sind Führungskräfte gefragt, um in-house Lösungen zu finden.
Handlungsfeld 3:
Vernetzung: Gesundheitsorganisationen, die besonders gut vernetzt sind – nicht nur national, sondern auch international – waren besser auf die COVID-19 Krise vorbereitet. Durch Kontakt mit Kolleg*innen in China und Italien verfügten diese Führungskräfte häufig über bessere Informationen, wodurch diese sich und ihre Patient*innen besser schützen bzw. versorgen konnten. Um zukünftige Pandemien folglich besser bewältigen zu können, sollten Gesundheitsorganisationen stärker darauf achten, sich national sowie international zu vernetzten.
Handlungsfeld 4:
Individuelle Resilienzstrategien: Eine lang andauernde Krise wie eine Pandemie erfordert andere Bewältigungsstrategien als kurzfristige Krisen. Trotz hoher Arbeitsbelastung muss es den Betroffenen möglich sein, kurzfristig abzuschalten und die Akkus wieder aufzuladen. Einerseits müssen hierzu die personalen Ressourcen gegeben sein, damit dies möglich ist. Anderseits müssen aber auch die Betroffenen selbst dafür Sorge tragen, Alternativen zu ihren sonst praktizierten Entspannungspraktiken zu finden. Es hat sich gezeigt, dass diejenigen, die sich vor der Pandemie mit diesen Themen auseinandergesetzt haben, für diese besser gewappnet waren. Weiterhin identifizierten wir in unserer Studie die Bewältigung von Emotionen als ein weiteres wichtiges und wiederkehrendes Thema. Negative Emotionen können die Resilienz der Führungskraft substantiell gefährden, dennoch lassen sie sich in Zeiten wie diesen kaum verhindern. Ein geschulter Umgang kann hier Abhilfe schaffen.
Fazit
Um erfolgreich aus der COVID-19 Krise hervorzugehen, brauchen Führungskräfte, Teams und Organisationen Resilienz. Auf diese Weise können sie langfristig und trotz Unterbrechungen des Alltages – wie durch COVID-19 bedingt – gesund und produktiv bleiben. Denn zusätzlich zu den physischen und psychologischen Folgen können Pandemien in Krankenhäusern die Leistungen der allgemeinen Gesundheitsversorgung beeinträchtigen, was zu einer Bedrohung der öffentlichen Gesundheit führen kann. Beachtet man die ausgeprägte Mobilität und Internationalität unserer Gesellschaft und Wirtschaft, so gilt es für die Zukunft vorbereitet zu sein, um für mögliche künftige Pandemien bestmöglich gewappnet zu sein.
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(1) Academia Superior (2021): Unser Gesundheits- und Sozialwesen im Spannungsfeld von Corona. https://www.academia-superior.at/unser-gesundheits-und-sozialwesen-im-spannungsfeld-von-corona/.
(2) Duchek, S. (2020): Organizational resilience: a capability-based conceptualization. Business Research, 13(1): 215–246.
(3) Pearson, C. M., & Clair, J. A. (1998): Reframing crisis management. Academy of Management Review, 23(1): 59–76.
(4) Avey, J. B., Avolio, B. J., & Luthans, F. (2011): Experimentally analyzing the impact of leader positivity on follower positivity and performance. Leadership Quarterly, 22(2): 282–294.
(5) Soucek, R., Pauls, N. & Schlett, C. (2018): Resiliente Führung. Zeitschrift für Führung und Organisation, 1: 9–13.
(6) Die folgenden Ausführungen stützen sich auf Förster, C. & Füreder, N. (im Erscheinen): Wie können Führungskräfte zur Resilienz von (Gesundheits)Organisationen beitragen? Lehren aus der aktuellen COVID-19 Krise. Austrian Management Review.
Infos zu den AutorInnen
Charlotte Förster ist Juniorprofessorin für Europäisches Management an der Technischen Universität Chemnitz. Aufbauend auf ihren Forschungsaktivitäten an der Johannes Kepler Universität Linz beschäftigt sie sich aktuell mit Pandemiemanagement. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich Führung, Resilienz von Führungskräften sowie organisationale Resilienz.
Nina Füreder ist Doktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Personalführung und Veränderungsmanagement und der Business School der Johannes Kepler Universität Linz. Ihr besonderes Interesse und ihre Forschungsschwerpunkte liegen bei der Weiterentwicklung der Patientensicherheit und Sicherheitskultur im Krankenhaus, der Implementierung von innovativen technischen Lösungen sowie Resilienzmanagement im Gesundheitswesen.
Georg Reischauer forscht und lehrt an der Johannes Kepler Universität Linz und der Wirtschaftsuniversität Wien zu den Themen digitale Strategie, digitale Organisation und digitale Nachhaltigkeit. Er promovierte an der Technischen Universität Wien.