Vor Österreich landeten Finnland, wo über ein Viertel der Arbeiter*innen von zu Hause aus arbeiteten sowie die Länder Luxemburg (23,1%) und Irland (21,5). Der EU-Durchschnitt beläuft sich auf 12,3%. In Teilen Osteuropas sind die Homeoffice-Raten weitaus niedriger und in Bulgarien und Rumänien mit nur 1,2 bzw. 2,5 Prozent praktisch nicht vorhanden.
Auffällig ist hierbei, dass das Homeoffice Potential im Osten Europas am größten ist. Es herrscht dort eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem möglichen und tatsächlichen Homeoffice. In jenen Staaten, in denen viele Erwerbstätige von Zuhause aus arbeiten, ist hingegen das Potential nicht überdurchschnittlich hoch.
Homeoffice – gekommen um zu bleiben?
Geht es nach den Erwerbstätigen, dann hört man hier ein klares „Ja”. 70% der Österreicher*innen wollen gerne nach der Corona-Krise öfter zu Hause arbeiten. In Deutschland hält die Euphorie ebenfalls an, wie eine Umfrage der Bertelsmann-Stiftung und IPOS zeigt.
Im Halbjahresvergleich erkennt man, dass es kaum eine Veränderung hinsichtlich der Bewertung des Homeoffice der Arbeitnehmer*innen gibt. Im Mai 2020 bewerteten 83% das Homeoffice als positiv. Im Dezember blieb dies mit 81% praktisch gleich. Vor allem die Annehmlichkeiten wie keinen Arbeitsweg zu haben, produktiver zu sein und auch Kosten zu sparen sind für viele ausschlaggebende Argumente. Durchschnittlich benötigt ein*e Österreicher*in täglich 60 Minuten für den Arbeitsweg. Diese Zeit gewinnt man natürlich wieder im Homeoffice und spart gesamt nicht nur Zeit, sondern auch Geld.
Positive Stimmung herrscht auch bei den Arbeitgeber*innen. McKinseys Untersuchungen ergaben, dass 67% der Unternehmen mit dem Homeoffice einen Anstieg der Produktivität, Kundenzufriedenheit und des Engagements der Mitarbeiter*innen verzeichneten. Eines der größten Missverständnisse ist, dass die am Schreibtisch verbrachte Zeit mit Erfolg gleichzusetzen ist und dass Mitarbeiter*innen weniger effektiv sind, wenn sie nicht im Büro arbeiten. Leistung und Erfolg sind nicht mehr in Form von Arbeitsstunden im Büro messbar.
Eine weitere Erkenntnis ist, dass Mitarbeiter*innen, die mit sozialen Anschlussmöglichkeiten zufrieden sind, auch produktiver sind. Deshalb sind Investitionen in die digitale Infrastruktur in Zukunft enorm wichtig. Zudem spielen körperliche und psychische Gesundheit eine wesentliche Rolle, weshalb der Übergang von Office zu Homeoffice reibungslos und unproblematisch erfolgen und offene Kommunikation gefördert werden müssen. Denn die Zukunft der Arbeit wird dynamisch sein und dafür braucht es hybride Arbeitsmodelle.
Homeoffice ist nicht gleich HOMEoffice
Dass Homeoffice nicht gleich bedeuten muss, nur von zu Hause aus die Arbeit zu leisten, zeigen neue Formen von Telearbeit und hybriden Arbeitsmodellen. Aufgrund der Pandemie konnten die Arbeitnehmer*innen und ‑geber*innen davon allerdings noch nicht profitieren. Der wahre Vorteil, von überall aus den Beruf ausüben zu können (anderes Land, Cafés, Co-Working-Space), kann so noch nicht wahrgenommen werden. Wenn das wieder möglich ist, könnte auch die Abgrenzung zwischen Beruflichem und Privatem einfacher werden. Auch Isolation und Einsamkeit im Homeoffice sind Folgen der Pandemie und nicht primär bedingt durch die Telearbeit, denn diese bedeutet nicht automatisch, alleine zu arbeiten.
Die Zunahme von Homeoffice stellt Unternehmen vor die Frage, ob zukünftig Büroflächen in dem Ausmaß wie bisher notwendig sind. Aus den Überlegungen ist bei Deloitte und KPMG ein neues Bürodesign entstanden: das „Hub-and-Spoke”-Modell. Kleinere Innenstadtbüros bleiben der Stammsitz, dezentrale und regional verstreute Büros schaffen ein rasch erreichbares und neues Arbeitsumfeld als Ergänzung zum Homeoffice. Das senkt insgesamt Mietkosten, verkürzt den Weg zur Arbeit und steigert die Arbeitszufriedenheit.
Auch noch gut für die Umwelt?
Auf diese Frage gibt es bis jetzt keine einheitliche Antwort. Eine Studie von IOPscience hat dazu 39 Studien zu den Klimaauswirkungen der Telearbeit überprüft. 26 dieser Studien deuten darauf hin, dass die Arbeit von zu Hause aus den Energieverbrauch senkt, acht fanden heraus, dass es den Energieverbrauch erhöhen bzw. die gleichen Auswirkungen haben könnte wie herkömmliche Arbeitsmodelle. Diese Ergebnisse variierten je nachdem, welche Faktoren berücksichtigt wurden. Die meisten Studien konzentrierten sich auf einen sehr engen Bereich von Indikatoren, wie z. B. den Pendlerverkehr, die einfach zu messen sind. Faktoren wie das Bürogebäude, das oft über ein nachhaltigeres Energiemanagementsystem als Wohnhäuser verfügt, werden nicht berücksichtigt. Hierzu müssen zukünftig weitere Studien und Berechnungen erfolgen, die inklusiver und vor allem miteinander vergleichbar sind.
Warum es in Zukunft besser und einfacher werden könnte
Die Pandemie hat das weltgrößte Arbeitsplatzexperiment ausgelöst und es scheint erfolgreich zu sein. Viele können sich in Zukunft vorstellen, in hybriden Arbeitsmodellen tätig zu sein. Genau deshalb könnte viel Positives in diese Richtung geschehen:
- Politische Entscheidungsträger*innen haben Anreize, Telearbeit zu unterstützen: mehr Personen arbeiten im Homeoffice, ihre Bedürfnisse werden auch politisch wichtiger sein.
- Mehr Tools und Ressourcen für Telearbeit: auch Firmen reagieren und entwickeln mehr Produkte, um das Homeoffice zu erleichtern.
- Homeoffice fühlt sich normaler an: Der Übergang zwischen Büro und Zuhause wird einfacher und zur Gewohnheit.
- Telearbeit fördert Vielfältigkeit im Unternehmen: Arbeitnehmer*innen können weltweit eingestellt werden, was zu mehr Internationalität und Diversität führt.
- Telearbeiter*innen können mehr Geld verdienen: Bei der Jobsuche ist man nicht mehr geografisch gebunden, was eine breitere Auswahl an Stellenangeboten mit sich bringt und möglicherweise mehr Verdienstmöglichkeiten.
Quellen
Agenda Austria (2020): Wo in Europa im Home Office gearbeitet werden kann.
Andrew Hook, Victor Court, Benjamin K Sovacool and Steve Sorrell (2020): A systematic review of the energy and climate impacts of teleworking.
Andrea Alexander, Rich Cracknell, Aaron De Smet, Meredith Langstaff, Mihir Mysore, Dan Ravid (2021): What executives are saying about the future of hybrid work. McKinsey.
Eurostat (2021): How usual is it to work from home?
Hedda Nier (2017): So lang pendeln Menschen weltweit zur Arbeit. Statista.
Ingrid Feinstein, Jörg Habich, Martin Spilker (2021): Home-Office eine Erfolgsstory mit Schattenseiten. Strukturelle Haarrisse in der Unternehmenskultur. Bertelsmann Stiftung.
Jared Lindzon (2020): 7 reasons why 2021 will be even bigger and better for remote workers. Fast Company.
Katharina Buchholz (2021): Workers Want to Stay Put in Home Office. Statista.
Nate Berg (2020): See the unusual new office design that Deloitte and KPMG are exploring. Fast Company.
Yasmine Gagne (2020): From one office to 5,000: How remote work could reshape a company’s sustainability goals. Fast Company.