Laut dem kürzlich von der Weltbank veröffentlichten Bericht „Women, Business and the Law 2021“ gibt es weltweit nur zehn Länder, die Frauen umfassende rechtliche Gleichstellung bieten: Belgien, Frankreich, Dänemark, Lettland, Luxemburg, Schweden, Kanada, Island, Portugal und Irland.
Der Bericht erfasst Reformen, die zwischen September 2019 und Oktober 2020 durchgeführt wurden. Die Reihung erfolgt anhand der Beantwortung von 35 Fragen zu den acht Themenbereichen: Bewegungsfreiheit und Mobilität, Arbeitsplatz und Erwerbstätigkeit, Einkommen, Hochzeit, Elternschaft, Unternehmertum, Vermögen(swerte) und Pension.
Die Fragen werden mit Augenmerk auf die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in diesen Bereichen mit Ja oder Nein beantwortet und demnach die Zahl 1 (Ja) oder 0 (Nein) vergeben. Daraus ergibt sich pro Bereich eine Prozentzahl. Diese werden im Anschluss addiert und ein Durchschnitt berechnet, wobei 100 die höchstmögliche Punktzahl darstellt.
Im Jahr 2020 lag der durchschnittliche globale Wert bei 76,1% (2019: 75,5%). 94 der 194 untersuchten Länder lagen bei 80% oder mehr. Von den 39 Staaten mit einem Wert über 90% sind 28 Länder Mitglieder der OECD, sieben weitere befinden sich in Europa und Zentralasien. Die restlichen vier entfallen auf Lateinamerika und die Karibik, Ostasien sowie auf Afrika (südlich der Sahara).
Österreich erreichte insgesamt 96,9%. Bis auf den Bereich der Pensionen (75%) konnten überall 100% erzielt werden. Kein Land im Nahen Osten und in Nordafrika oder Südasien erreichte 90 oder mehr Punkte. Staaten im Nahen Osten und in Nordafrika weisen mit 51,5% den niedrigsten Durchschnittswert auf. Der letzte Platz in der Rangliste ging an Jemen (26,9%) vor Kuwait (28,8%) und Sudan (29,4%).
Von rechtlicher Gleichstellung profitiert Wirtschaft
Die Ergebnisse zeigen, dass Staaten mit einem höheren wirtschaftlichen Entwicklungsniveau im Allgemeinen ein höheres Maß an Gleichstellung der Geschlechter vorweisen. Denn, wenn Frauen die gleichen Chancen wie Männer erhalten, treten sie vermehrt in das Erwerbsleben ein und bleiben auch im Berufsleben, was positive Effekte auf die Wirtschaft und Unternehmen hat. Zudem wird die Einkommensungleichheit verringert und die Vielfalt und wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit gestärkt. Aber nicht nur eine insgesamt höhere Frauenbeschäftigung ist in diesen Ländern zu verzeichnen, sondern auch weniger Arbeitnehmerinnen in prekären Beschäftigungsverhältnissen oder unbezahlten Tätigkeiten. Damit einhergehend sind positive soziale Effekte verbunden, wie z. B. die Verringerung der Armutsgefährdung im Pensionsalter von Frauen.
Eine Studie der Boston Consulting Group verdeutlicht, dass Unternehmen von einer höheren Frauenquote profitieren: Wenn Unternehmen auf Frauen in Führungskräften verzichten, verzichten sie auf eine Entwicklungschance. Denn Unternehmen mit Frauen im Topmanagement sind im Schnitt erfolgreicher als solche mit einer rein männlicher Führungsebene. Ein Grund: Frauen fördern eine positive Unternehmenskultur.
Gesetzesänderungen und kulturelle Werte
Ein häufig auftretendes Problem bei Gesetzesreformen sind die teils geschlechtsspezifischen sozialen Normen, die tief in einer Gesellschaft verwurzelt sind. Im Idealfall spiegeln Gesetze die Werte einer Gesellschaft wider, aber sowohl Gesetze als auch soziale Normen müssen sich im Laufe der Zeit ändern, um sich an verändernde Umstände und Kontexte anzupassen. In einigen Fällen ändert sich das soziale Verhalten zuerst, während sich Gesetze langsamer anpassen. Andere Untersuchungen legen nahe, dass Rechtsreformen eine magnetische Wirkung haben können, indem soziale Normen in dieselbe positive Richtung gezogen werden. Allgemein sollte die Bedeutung informeller Regeln und Normen in gesellschaftlichen Strukturen also nicht unterschätzt und von zu radikalen Gesetzesänderungen abgesehen werden.
Politische Vertretung
Ein weiterer wichtiger Punkt bei der rechtlichen Gleichstellung von Frauen ist die politische Vertretung durch Frauen. Studien zeigen, dass Staaten mit einer höheren Frauenquote in Regierungen und Gremien, eher Gesetze gegen sexuelle Belästigung, Vergewaltigung, häusliche Gewalt verabschieden und sich für gleiche Rechte in Ehen und bei Scheidungen (z.B.: verpflichtender Gehorsam der Frau in der Ehe, beidseitige Einreichung der Scheidung, Gleichstellung von geschiedenen Frauen) einsetzen. Nach Angaben der Interparlamentarischen Union (IPU) sind durchschnittlich 25% der Sitze in nationalen Gesetzgebungsgremien von Frauen besetzt. In nur vier Ländern ist mindestens die Hälfte der Sitze an Frauen vergeben: Ruanda (61%), Kuba (53%), Bolivien (53%) und die Vereinigten Arabischen Emirate (50%). Selbst in Ländern, die hohe Prozentwerte erzielt haben, beträgt der durchschnittliche Anteil der von Frauen besetzten Regierungssitze nur etwa ein Drittel.
Quellen
Women, Business and the Law 2021. (Wordbank)
Katharina Buchholz: Only Ten Countries Have Full Equal Rights for Women. 2021. (Statista)
Sabine Stock, Lukas Haider, Karin Schetelig, Alenka Triplat und Karina Zillner: Boarding Call. Wie Unternehmen mit Vielfalt den Sprung nach oben schaffen. BCG Gender Diversity Index Austria 2019. 2020. (Boston Consulting Group)
Vielen Dank für die tolle Information!
Sie ist hilfreich in der Gleichstellungsdebatte!
Vielen Dank für Zahlen, Daten und Fakten, die uns Frauen im Handeln stärken, um unser gegenseitiges Vertrauen in das Potential von Frauen in Führungsrollen noch klarer zu sehen und noch aktiver dabei zu werden, Kolleginnen, Freundinnen und Mentees zu begleiten und zu unterstützen.